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Interview zur Einbeziehung des Bahnstromnetzes in den Netzausbau / Synergieeffekt im Hinblick auf die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale
28. August 2014
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Der Nordbayerische Kurier führte nachfolgendes Interview mit dem Bayreuther Bundestagsabgeordneten und Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, zur Einbeziehung des Bahnstromnetzes in den Netzausbau.  Im Hinblick auf die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale könnte damit ein Synergieeffekt geschaffen werden, in dem die hierfür benötigte Stromleitung auch für das Stromnetz genützt wird.

Herr Koschyk, wie realistisch sehen Sie die Chancen für Ihren Vorstoß, die Gleichstrompassage mit der Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale zu kombinieren?

Hartmut Koschyk: Die Nutzung des Bahnstromnetzes ist mit einem zusätzlichen technischen und finanziellen Aufwand verbunden. Wenn man aber einerseits die mit über einer Milliarde Euro bezifferten Kosten der Gleichstromtrasse Süd-Ost betrachtet, andererseits aber die aus meiner Sicht nicht mehr mögliche politische Durchsetzung dieser Trasse bedenkt, dann erscheint gerade im Hinblick auf die dringend erforderliche Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale dieser Mehraufwand durchaus vertretbar. Sicher kann das Bahnnetz alleine die Kapazitäten einer reinen Hochspannungs-Gleichstromtrasse nicht leisten, allerdings könnte das Bahnnetz dies gemeinsam mit anderen, bereits bestehenden Stromtrassen gewährleisten.

Sie beziehen sich mit Ihrer Forderung auf die „Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung von Bahn- und Energieleitungsinfrastrukturen“. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erkenntnisse daraus?

Koschyk: Der technische, finanzielle und regulatorische Aufwand, die Bahnstromtrassen in den Netzausbau einzubeziehen, ist nicht gering, aber machbar und volkswirtschaftlich vertretbar. Das rund 7750 Kilometer lange Stromnetz der Bahn wird mit 16,7 Hertz betrieben, so dass der Strom für Haushalte oder Industriebetriebe nicht ohne weiteres durchgeleitet werden kann. Diese historische und protektionistische Festlegung nach dem Ersten Weltkrieg ist aber nicht unabänderlich. Bei modernen und mehrsystemfähigen Lokomotiven wären aufgrund höherer Stückzahlen für die Transporteure langfristig sogar Kostenvorteile zu erwarten. Das Bahnstromnetz ist als ein Verteiler- und Ausgleichsnetz geplant, in dem eine großräumige Stromübertragung möglich, aber heute nicht der Regelfall ist. Eine Parallelführung von Bahn- und Hochspannungsleitungen auf den Bahnstromtrassen ist mit Gleichstromtechnik und ertüchtigten Masten durchaus denkbar. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Nutzung des Bahnstromnetzes für Energieleitungen die historische Chance bietet, die Flächennetze für Verkehr, Kommunikation und letztlich auch Energie räumlich und technisch integriert zu gestalten und so Synergien in Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung zu realisieren.

Hat es die Politik versäumt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine solche Kombi-Lösung zu schaffen, wie sie Ihnen vorschwebt?

Koschyk: Deutschland ist Vorreiter im Hinblick auf eine nachhaltige Energiewende, und es ist zu bedenken, dass es weltweit keine vergleichbaren Studien gibt, an denen sich die politischen Entscheidungsträger in Deutschland orientieren könnten. Kurskorrekturen, zum Beispiel aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, darf man sich daher nicht verschließen.

Sie haben Ihre Idee auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt vorgestellt. Wie hat er reagiert?

Koschyk: Bundesverkehrsminister Dobrindt hat mir versichert, dass er mit der Deutschen Bahn AG in eine intensive Diskussion eintreten wird, um die Frage zu klären, in welchem Umfang ihr Netz für den Ausbau des öffentlichen Stromnetzes genutzt werden kann. Im Hinblick auf den Bau der Gleichstromtrasse Süd-Ost machte er deutlich, dass die Ängste der Bevölkerung hinreichend berücksichtigt werden müssen. Dies umfasst für ihn auch die Frage des Umfanges des Baus von Stromtrassen.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist für den Netzausbau federführend, nachgeordnet die Bundesnetzagentur. Müssten Sie nicht mit Wirtschaftsminister Gabriel über das Thema sprechen?

Koschyk: Ende Mai dieses Jahres haben Bürgerinitiativen aus der Region Unterschriftenlisten gegen die geplante Gleichstromtrasse Süd-Ost an den parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Uwe Beckmeyer, übergeben. Bei der Übergabe waren neben mir unter anderen auch der Landrat des Landkreises Bayreuth, Hermann Hübner, und der Bürgermeister der Stadt Pegnitz, Uwe Raab, anwesend. Bei der Übergabe forderte ich den parlamentarischen Staatssekretär Beckmeyer auf, auch durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie intensiv zu prüfen, das Bahnstromnetz in die Netzplanung einzubeziehen.

Ministerpräsident Horst Seehofer lehnt die Trasse kategorisch ab. Sie verfolgen mit Ihrem Vorschlag einen konstruktiveren Ansatz. Sehen Sie Bedarf für einen Netzausbau?

Koschyk: Ich bin mir meiner Verantwortung für die Energie-Versorgungssicherheit in Deutschland voll bewusst. Zum Erfolg des Energieumstieges in der Bundesrepublik Deutschland gehört auch der Netzausbau. Im Hinblick auf die Gleichstromtrasse haben sich allerdings die Grundvoraussetzungen massiv geändert. So wurde beispielsweise erst in diesem Jahr die Frage aufgeworfen, ob nicht ein Gasturbinenkraftwerk im Umfeld des 2015 zur Abschaltung anstehenden Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld die Gleichstromtrasse Süd-Ost für die Stromversorgung Bayerns überflüssig macht. Es muss grundsätzlich die Frage geklärt werden, ob diese Gleichstromtrasse in der geplanten Dimension überhaupt notwendig ist. Die Grundsatzfrage ist und bleibt, ob der Freistaat künftig nur Transitland für Strom sein wird, oder ob energiepolitische Wertschöpfung im Freistaat selbst sattfindet. Dann stellt sich die Frage des Netzausbaus anders.

Das Gespräch führte Moritz Kircher

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