Kunst hat die Kraft, Gesellschaft und Religion wieder näher zusammenzubringen. Warum sich die Kirche dennoch so schwer tut, Kunst und Künstler der Gegenwart zu akzeptieren, dieser Frage ist die Kultur- und Medienausschussvorsitzende im Bundestag, Professor Monika Grütters aus Berlin, beim 8. Bayreuther Kulturgespräch des Parlamentarischen Finanzstaatssekretärs Hartmut Koschyk nachgegangen.
von links: Pfarrer Friedrich Jehnes, Gudrun Brendel-Fischer MdL, Prof. Dr. Monika Grütters (Vorsitzendes des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag) und Hartmut Koschyk (Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen)
Die Bayreuther Ordenskirche als Veranstaltungsort des Kulturgesprächs war dabei mit Bedacht ausgewählt worden. Zum einen feiert die Kirche in diesem Jahr den 300. Jahrestag ihres Bestehens, zum anderen gilt die Kirche laut Pfarrer Friedrich Jehnes als einer der bedeutendsten Kirchenbauten des protestantischen Hochbarocks im deutschen Kulturraum. Allein das Deckengewölbe enthalte 38 bildliche Darstellungen von Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, Kunst die als Auftragsarbeit geschaffen wurde und in erster Linie dem Evangelium dienen soll. Anders als damals soll Kunst heute herausfordern, sagte Pfarrer Jehnes. Kunst will und muss provozieren und es sei gut und heilsam wenn sich der Betrachter heute provozieren lässt.
Die Kirche ist nach wie vor ein Teil der Kunst, aber die Kunst sei nicht unbedingt mehr ein Teil der Kirchenwirklichkeit, sagte die Kulturausschussvorsitzende Monika Grütters. Kunst, die heute aus dem Dienst an der Religion entsteht, habe sich von Glaubensinhalten christlicher Überlieferung entfernt oder zumindest emanzipiert. Schuld daran seien aber nach Auffassung der Abgeordneten die Kirchen. „Es sind eher die Kirchen, denen es schwerfällt, neue Kunst und Künstler der Gegenwart zu akzeptieren“, sagte sie. Dabei sei die Kunst als wohl einziges Ausdrucksmittel bestens dazu geeignet, das Phänomen des Unaussprechlichen in Form der Abstraktion zu vermitteln.
Musiklaisch umrahmt wurde das 8. Bayreuther Kulturgespräch von Christine Mühlenkamp (Mitte) und Joachim Greiner (rechts).
„In der Wahrnehmung von Kunstwerken treffen wir oft auf das Unerwartete, das Unvorhersehbare“, sagte Monika Grütters. Kunst könne keine verbindlichen Antworten geben auf die gegenwärtigen Fragen, die auch immer wieder durch Bilder und Motive in den Medien hervorgerufen würden. Die Kraft der Kunst liege dagegen in der Ästhetik der Unsicherheit, des Fragens und der Irritation. Doch egal, ob Kunst fasziniert, verstört oder verzaubert, sie bleibe immer endlich und von dieser Welt. Der Glaube ruhe dagegen im Nicht-Sichtbaren, im Unendlichen und damit in einer Wirklichkeit, die über diese Welt hinausgeht.
Monika Grütters, die unter anderem Kunstgeschichte und Germanistik studiert hatte und die seit 2005 Mitglied des Bundestages ist, erinnerte in ihrem Vortrag auch daran, dass die Kultur des Abendlandes ohne die künstlerische Inspirationskraft der christlichen Theologie ärmer „an Geist und Sinnlichkeit“ wäre. Kirche schaffe kulturelle Identität weit über den Kreis ihrer Mitgliedschaft hinaus. „Die Kirche schafft das seit 2000 Jahren mit einer Prägekraft, wie sie keine zweite Institution je entwickelt hat“, so Monika Grütters.
Im anschließenden Empfang nutzten die Kulturausschussvorsitzende Prof. Dr. Monika Grütters und Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk um sich mit Frater Lukas Prosch aus dem Kloster Speinshart und dem Ehrenvorsitzenden des Vereins für Christliche Kunst, Pfarrer Prof. Dr. Peter Poscharsky, über die Thematik „Kunst und Glaube“ intensiver auszutauschen.
Dennoch, so Pfarrer Friedrich Jehnes von der Ordenskirche, sei auch seine Gemeinde mit einer zurückgehenden Zahl an Mitgliedern konfrontiert. Die Gründe dafür sah er zum einen in der Überalterung, zum anderen aber auch in der Zahl der Kirchenaustritte. Den beiden Abgeordneten Monika Grütters und Hartmut Koschyk gab der Pfarrer seine Sorge vor der „Macht der Märkte“ mit auf den Weg. Es sei ein Riesenproblem für die Gesellschaft, dass Märkte anonym agieren und nicht demokratisch legitimiert seien. Der Druck, der davon auf die Zivilgesellschaft ausgeht, dürfe nicht noch weiter zunehmen.
Hartmut Koschyk MdB mit dem Kulturpreisträger der Stadt Bayreuth, dem Bayreuther Künstler Hermann Rongstock.
There are 2 comments
Lieber Hartmut,
das ist wirklich klasse, Du hast ein sehr gut funktionierendes Büro!
Sehr gut gemacht, auch dieses Echo auf Deiner homepage!
Auch wir werden einen ähnlichen Text auf meine Seite stellen – und dafür sehr gerne diese Deine Bilder verwenden, okay?
Es war ein schönes Erlebnis, für mich kam dann am Samstag morgen ja noch Jean Paul hinzu…
Dir sehr herzliche Grüsse – Du bist ja gerade in Assisi, nicht wahr?
Deine Monika
Liebe Monika,
danke Dir für Deine lieben Zeilen auf meiner Internetseite http://www.koschyk.de.
Dein Vortrag anlässlich meines 8. Bayreuther Kulturgespräches war großartig und hat meiner Frau und mir, aber auch allen Besucherinnen und Besuchern sehr gut gefallen.
Selbstverständlich kannst du die Bilder auf deiner Internetpräsenz verwenden. Mein Büro wird Dir die Bilder in einer größeren Version zu kommen lassen.
Mein Kurzurlaub in Assisi war wunderbar. Der St.-Thomas-Chor aus Trockau hat dort Gastauftritte gesungen, die einfach zauberhaft waren.
Ich freue mich schon heute auf ein Wiedersehen in Berlin und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dein
Hartmut Koschyk MdB