„Perspektiven und wirtschaftliche Zusammenarbeit im Hinblick auf Energieversorgung und -sicherheit sowie Innovationsfähigkeit“ lautete das zweite Thema, das im Rahmen des X. Deutsch-Koreanischen Forums erörtert wurde. Dr. Lee Tae Yong (Wissenschaftler, Energy Economics Institute) und Herr Holger von Hebel (Vorstandsvorsitzender, Bosch Solar Energy AG) berichteten zum Thema und skizzierten aktuelle Entwicklungen.
Dr. Lee stellte gleich zu Beginn seines Statements fest, dass Energie ein Schlüsselfaktor für die Sicherheit eines Landes sei, ein große Rolle bei diplomatischen Beziehungen spiele und insgesamt einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Erde habe. Bei schrumpfenden Energiereserven und steigendem, weltweitem Energiebedarf sei das Thema Energie auch eine Frage der Sicherheitspolitik. Beispielhaft führte Herr Dr. Lee einen Konflikt zwischen Japan und China an, bei dem es um eine Inselkette gehe, die beide Länder beanspruchten. Zuletzt mündete dieser Konflikt in die Festnahme chinesischer Seeleute durch japanische Sicherheitskräfte, was durch China mit einem Exportstop von sogenannten Seltenen Erden beantwortet wurde. Außerdem führte Herr Dr. Lee die Reisen chinesischer Spitzenpolitiker in Afrika für die Erschließung von Energieressourcen an.
Gemäß den Ausführungen von Dr. Lee versorge sich Korea lediglich in Höhe von 3% seines Energiebedarfes selbst mit Energie. 30% des Handelsvolumens beliefen sich auf die Energieversorgung des Landes. Für Deutschland hielt Dr. Lee fest, dass sich der Anteil an Primärenergieträgern von 75% in der Nachkriegszeit auf 55% im Jahr 1990 reduzierte und weiter sinke. Dies sei auf das in Korea bekannte Energiekonzept der deutschen Bundesregierung zurückzuführen, nachdem Deutschland einerseits die Erneuerbaren Energien auf bis zu 80% im Jahre 2050 ausbauen will und andererseits im Rahmen der Energieeffizienzbemühungen Energie einspart, z.B. mit dem Niedrigenergiehaus. Korea als auch Deutschland hätten ähnliche Voraussetzungen bzgl. der Ausstattung mit Energieressourcen. Beide Länder würden auch sonst viele Parallelen aufweisen. Dr. Lee hielt fest, dass Deutschland Strategien und Technologien habe, die in Verbindung mit koreanischem IT-Know-how zu erfolgreichen Lösungen führen könnte, z.B. im Bereich der Smart-Grids, der intelligenten Netze. Durch gemeinsame Projekte könnten beide Länder zusammen vorangehen. Da Deutschland auch über erhebliches Technologie-Know-how im Steinkohleverstromungs- und –verflüssigungsbereich habe und dem Energieträger Steinkohle für eine längere Übergangszeit künftig wieder eine steigende Attraktivität zugeschrieben werde, hofft Korea auch in diesem Bereich auf eine Zusammenarbeit beider Staaten.
Des weiteren berichtet Herr Dr. Lee, dass Korea nun einen neuen Weg auch und insbesondere technologisch gehe. Korea bewegt sich weg vom Nachahmungsmodell hin zu mehr selbstgetriebener Innovation, insbesondere im IT-Bereich. Jedoch stehe vor diesem Hintergrund auch Korea vor großen (gesellschaftlichen) Herausforderungen, so würden Produkt- und Technologielebenszyklen immer kürzer und Fachkräfte knapp, denn die großen Unternehmen des Landes saugen Experten wie ein trockener Schwamm auf.
Herr von Hebel erörterte in seinem Vortrag die aktuelle energiepolitische Entwicklung in Deutschland und skizzierte zudem die momentane Situation im Bereich der Erneuerbaren Energien.
Gleich zu Beginn konstatiert er, dass eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien sich nicht ausschließe. Im Folgenden stellte er die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien über 30% in 2030 bis auf über 80% in 2050 (Strom knapp 100%). Mittelfristig konkurrierten die Erneuerbaren Energien aber noch mit den herkömmlichen Energien. Nachhaltigkeit und akzeptable Kosten müssen erreicht werden. Die in diesem Zusammenhang wichtige Netzparität bei Haushaltsstrom könne aber in 2013 erreicht werden.
Die Dynamik der Technologieentwicklung im Bereich der Erneuerbaren Energien sei groß. Dies wirke sich gemäß Herrn von Hebel final auch positiv auf die Gestehungskosten aus. Jedoch gäbe es noch einen großen Forschungs- und Entwicklungsbedarf für (stationäre) Energiespeicher. So könnten Netze entlastet und Energie aus Erneuerbaren Energien sinnvoll gespeichert – und damit besser verfügbar gemacht – werden. Energiespeichersysteme könnten Chancen für beide Länder bedeuten. Voraussetzung dafür sei das Internet der Dinge in Verbindung mit intelligenter Sensorik, um so das Internet der Energie schaffen zu können. Zukünftig werde es nach Herrn von Hebel im Energiebereich keine allgemeinen Lösungen sondern eine große Technologievielfalt geben.
Im Fazit stellt Herr von Hebel fest, dass für eine erfolgreiche Umsetzung einer neuen Energiegesellschaft – auf Basis Erneuerbarer Energien – ein gesellschaftlicher Konsenz und ambitionierte politische Vorgaben wesentlich sind.
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