Vortragsveranstaltung des Alexander von Humboldt – Kulturforums Franken in Bad Brückenau
Gemeinsam mit dem Alexander von Humboldt – Kulturforum Franken hatten das Kulturbüro der Stadt Bad Brückenau sowie die Städtischen Volkshochschulen von Bad Kissingen und Hammelburg zu einem Vortrag zum Thema „Alexander von Humboldt in der Rhön“ eingeladen. Der Vortrag fand in der Aula des Franz Miltenberger – Gymnasiums in Bad Brückenau statt.
Michaela Queck, Leiterin des Kulturbüros der Stadt Bad Brückenau, und Studiendirektor Martin Steinel vom Franz Miltenberger – Gymnasium in Bad Brückenau dankten dem Vorsitzenden des Alexander von Humboldt – Kulturforums Franken, Hartmut Koschyk, und dem Referenten Carsten Kissinger für ihr Kommen und die inhaltliche Vorbereitung der Veranstaltung.
Hartmut Koschyk stellte die Tätigkeit des 2008 gegründeten Alexander von Humboldt – Kulturforums Franken vor, das die „fränkischen Jahre“ Alexander von Humboldts in Franken stärker ins allgemeine Bewusstsein rücken will. Aber auch den Humboldt-Bewunderern weltweit soll verdeutlicht werden, dass der große Universalgelehrte durch sein Wirken in Franken nachhaltig geprägt worden ist.
Carsten Kissinger, Diplom-Biochemiker und Historiker, der seit Jahren im Alexander von Humboldt – Kulturforum Franken als Buchautor engagiert ist, verwies eingangs auf die Tätigkeit Humboldts im Bergbau des östlichen Oberfrankens. Hier habe er Spuren hinterlassen, die bis heute nachwirken. Hier kümmerte er sich als Oberbergmeister um den Bergbau in dem zu Preußen gekommenen ehemaligen Markgraftum Bayreuth, hier entwickelte er seine Erfindungen, die der Sicherheit der Bergleute zugutekommen sollten, etwa eine Atemmaske und eine Grubenlampe, die auch in sauerstoffarmer Luft noch brennen konnte. Und hier gründete und finanzierte er aus eigener Tasche eine der ersten Berufsschulen Deutschlands, die Bergschule in Bad Steben.
Humboldts Wirken im heutigen Mittelfranken ist schon wesentlich weniger im Fokus der Öffentlichkeit. Aber auch dort, im ehemaligen Markgraftum Ansbach, war er im Auftrage der preußischen Verwaltung tätig, erinnert sei an sein Engagement bei der Rettung der beinahe bankrotten Porzellanmanufaktur Bruckberg, die auch dank seiner betriebswirtschaftlichen Reformvorschläge zu einer erneuten Blüte geführt werden konnte.
Kissinger machte in seinem Vortrag deutlich, dass das heutige Unterfranken der Teil Frankens ist, den der junge Alexander zuerst betreten hat. Lange bevor er nach Bayreuth kam, durchreiste er die Rhön und machte geologische Beobachtungen, die ihm so wichtig erschienen, dass er sie den Geistesgrößen jener Zeit brieflich mitteilte.
Der junge Alexander studierte zunächst auf Geheiß seiner Mutter gemeinsam mit seinem älteren Bruder Wilhelm Kameralistik in Frankfurt an der Oder. Nach nur einem Jahr beendete Alexander dieses aus seiner Sicht unnütze und trockene Studium. Er wandte sich nach Göttingen, wo er endlich etwas studieren konnte, das seinen Neigungen entsprach: Naturwissenschaften und Sprachen. Der große Physiker – und spitzzüngige Aphoristiker – Lichtenberg gehörte hier zu seinen Lehrern.
Von Göttingen aus begann er auch seine ersten größeren wissenschaftlichen Exkursionen. Im Jahr 1790 unternahm er mit dem berühmten Weltreisenden Georg Forster eine ausgedehnte Exkursionstour über die Niederlande bis nach England. Auf der Rückreise durquerte er Nordfrankreich und hielt sich im Juli 1790 auch in der Hauptstadt Paris auf. Die Eindrücke, die er hier gewann, sollten prägend für Alexanders weiteres Leben werden. Er sog förmlich die Energie des – zu diesem Zeitpunkt noch friedlichen – revolutionären Frankreich auf. Er begeisterte sich für die Ideale der Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Voller Elan half er in den Julitagen sogar, Sand für die Errichtung eines Freiheitstempels in Paris zu karren.
Zurück in Deutschland wollte er seine Studien an der Handelsakademie in Hamburg fortsetzen. Er begab sich von Mainz, dem Wohnort Georg Forsters, über Aschaffenburg durch die Rhön nach Norddeutschland.
Aber Alexander wäre nicht Alexander, wenn er diese Reise einfach auf dem direkten Weg, auf den etablierten Reiserouten in wettergeschützten Postkutschen unternommen hätte.
Stattdessen durchstreifte er Anfang August 1790 ausgiebig die Rhön. Ausgerüstet mit dem Handwerkszeug des Geologen kletterte er auf die Basaltkuppen, nahm Proben und entdeckte auf dem Dreistelz-Berg, unweit des heutigen Staatsbades Brückenau, Gesteinsformationen, die so völlig dem widersprachen, was in Alexanders Lehrbüchern stand.
So etwas hatten die etablierten Geologen hier zuvor nie entdeckt. Voller Begeisterung schrieb er seinem ehemaligen Professor in Göttingen, dem berühmten Lichtenberg, über seine Funde. Auch anderen Koryphäen auf dem Gebiet der Geologie teilte er seine Funde – und die Schlüsse, die er daraus zog – mit. In seinem jugendlichen Elan sandte er sogar ein Schreiben an den Herausgeber der Chemischen Annalen, der ersten Fachzeitschrift für Naturwissenschaften in Deutschland. Und tatsächlich, dieser Beitrag des damals noch nicht Einundzwanzigjährigen wurde abgedruckt.
Für den jungen Alexander von Humboldt war der Aufenthalt im heutigen Unterfranken also eine sehr entscheidende Erfahrung. Speziell die Rhön – insbesondere die Region um Bad Brückenau – ist der Ort, an dem Alexander bedeutende Impulse für die weitere Ausbildung seines naturwissenschaftlichen und geologischen Weltbildes empfing.
Unterfranken kann also mit vollem Recht stolz darauf sein, die erste Etappe Humboldts in Franken gewesen zu sein. Das Wissen um diesen ersten Aufenthalt des zukünftigen Weltreisenden und Universalgelehrten war bisher völlig verschüttet.
Hier kann angesetzt werden, um die „Humboldt-Vergangenheit“ der Region wieder in das allgemeine Bewusstsein zu bringen.
Alexander sollte in seinem weiteren Leben zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts werden. Er wurde weltweit wegen seiner fachlichen Expertise als der letzte wahre Universalgelehrte angesehen. Geschätzt und geachtet wurde er aber auch – fast noch mehr – wegen seines unermüdlichen Eintretens für die Prinzipien der Humanität, wir würden heute sagen: für die Menschenrechte.
Als Humboldt die Rhön durchstreifte, hatte er mit dem Erlebnis des dynamischen Paris, das er nur wenige Wochen vorher verlassen hatte, gerade den wichtigsten Impuls hierfür erhalten. Er war zeitlebens ein entschiedener Gegner der Unterdrückung der Schwachen, er engagierte sich vehement gegen die Sklaverei und versuchte, wo immer er konnte, Ungerechtigkeit im Kleinen wie im Großen zu bekämpfen. Nicht zu vergessen seine frühe Erkenntnis ökologischer Zusammenhänge, die ihn für uns heute Lebende so ungemein modern wirken lassen.
Unterfranken sollte sich dieses Erbes bewusst werden.
Der Landkreis Bad Kissingen und die Stadt Bad Brückenau können voller Stolz auf den Aufenthalt Alexander von Humboldts im Sommer 1790 zurückblicken.
Der Vortrag Kissingers wurde von dem Publikum mit großem Beifall aufgenommen, darunter Schülerinnen und Schüler der Leistungsklasse Geografie des Franz Miltenberger – Gymnasiums, die sich gerade auf einer Rhön-Exkursion befanden. Norbert Schmäling, Geschäftsführer der R3 RegionalEnergie GmbH in Münnerstadt, überreichte Carsten Kissinger einen Stein des Dreistelz-Berges, den Alexander von Humboldt bestiegen hatte, als Erinnerungsgeschenk.
Kissinger und Koschyk regten an, auf dem Dreistelz-Berg eine Erinnerungstafel an den Besuch Alexander von Humboldts im August 1790 anzubringen. Auch boten sie der Region an, gemeinsam eine Broschüre über den Aufenthalt Alexander von Humboldts in der Rhön herauszugeben.



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