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Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht: Höhere Regulierungsdichte soll verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen
31. März 2011
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Vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise beschäftigt sich die europäische Politik weiterhin mit der Rettung notleidender Staaten, während einzelne Bankensprecher schon wieder zu viel Bürokratie und Auflagen kritisieren. Unter dem Motto „Anlegerschutz und Stabilität der Finanzmärkte“ beschäftigen sich deshalb Vertreter von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik beim 7. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht derzeit zwei Tage lang damit, ob die aktuellen Ordnungsbedingungen zur Stabilität der Finanzmärkte beitragen und wie Anleger besser geschützt werden können.

Forum Wirtschaftsrecht Finanzpolitik 2Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk IHK-Hauptgeschäftsführer Georg Schnelle, Bayreuths Oberbürgermeister Michael Hohl, Professor Stefan Leible von der Forschungsstelle für Wirtschafts- und Medienrecht an der Universität Bayreuth, der oberfränkische Bezirksgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber Franz Brosch und Professor Klaus Schäfer von der Forschungsstelle für Bankrecht und Bankpolitik an der Universität Bayreuth (von links)

Ob es zu viel oder zu wenig Reglementierungen in der Finanzwirtschaft gibt, ist tatsächlich Ansichtssache. Die Banken sagen, es gibt zu viel, die Anleger sagen, es gibt zu wenig. „Ein Mehr an Regulierung ist unvermeidlich.“ Diese Auffassung vertrat der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk in seinem Impulsreferat zum Auftakt der Tagung. Er bezeichnete die Krise als Ergebnis eines weltweiten Wettbewerbs der Deregulierung an den Finanzmärkten. Die lange anhaltende Auffassung, dass Deregulierung „als Schmieröl“ für die Realwirtschaft notwendig sei, habe sich als falsch erwiesen. Aus Sicht der Bundesregierung könne das verloren gegangene Vertrauen nur in einem besseren regulatorischen Rahmen wieder aufgebaut werden. Koschyk verschwieg dabei nicht, dass mit einem besseren Rahmen vor allem ein engerer Rahmen, „sprich eine höhere Regulierungsdichte“ gemeint ist.

Forum Wirtschaftsrecht Finanzpolitik 1„Ein Mehr an Regulierung ist unvermeidlich“: der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk.

Ziel sollte es dabei nicht nur sein, fundamentale Probleme zu beheben, sondern auch die Spielregeln so anzupassen, dass künftige Krisen unwahrscheinlicher werden und Anleger besser geschützt sind. Als Beispiele für derartige Instrumente nannte Koschyk unter anderem die Reform der gesetzlichen Einlagensicherung mit einer Erhöhung des Schutzumfangs von 20000 auf 100000 Euro. Ein weiteres Instrument sei das bereits im vergangenen Sommer in Kraft getretene Gesetz über aufsichtsrechtliche Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen. „Bonuszahlungen müssen sich an der persönlichen Leistung und an der wirtschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Instituts orientieren“, so Koschyk.
Mit dem ganz aktuell verabschiedeten Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes sollen Missstände in der Anlageberatung frühzeitig aufgedeckt werden. Ziel sei es auch hier, das Interesse der Kunden zu stärken und zu verhindern, dass bei Anlageberatungen das Provisionsinteresse im Vordergrund steht. Es könne nicht sein, dass Anlageberater teilweise einem derart starken Vertriebsdruck ausgesetzt sind und Vertriebsvorgaben erfüllen müssten, wenn sie selbst wissen, dass das Produkt nicht dem Interesse der Kunden entspricht. Koschyk verteidigte auch das Vorhaben, Wertpapierdienstleister zu verpflichten, dem Kunden bei der Anlageberatung künftig ein kurzes und verständliches Informationsblatt („Beipackzettel“) zur Verfügung zu stellen. Darauf sollen künftig alle wesentlichen Eigenschaften, Funktionsweisen, Risiken und Kosten der empfohlenen Finanzinstrumente dargestellt werden. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Anleger die Funktionsweise und die Risiken der erworbenen Finanzprodukte auch verstehen.
Zuvor hatte IHK-Hauptgeschäftsführer Georg Schnelle daran erinnert, dass Wirtschaft immer auch mit Ethik zu tun habe. Das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns gelte auch in der Finanzwirtschaft, sagte er. Zum ehrbaren Kaufmann gehöre es, dem Kunden nichts zu verkaufen, was er nicht versteht und sich nicht von Gier leiten zu lassen. Schnelle begrüßte die neuen Anlegerschutzgesetze, da die Verwerfungen der Vergangenheit gezeigt hätten, dass bei der Beratung bei komplexen finanzwirtschaftlichen Produkten immer auch ein hohes Maß an Sachkunde notwendig sei. Punktuelle Eingriffe in das Finanzsystem zeigten allerdings nur eine begrenzte Wirkung, so der oberfränkische Bezirksgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeber Franz Brosch. Er sprach sich dafür aus, für internationale Transparenz auf den Finanzmärkten einzutreten, „auch wenn das nicht alle wollen“.

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