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Brückenfunktion zwischen Bayern, Böhmen und Franken / Geschichtsprofessor Dieter Weiß zum 700. Geburtstag Kaiser Karl IV.
2. Dezember 2016
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Von links: Manfred Kees, Vorstandssprecher der Sudentendeutschen Landsmannschaft Bayreuth, Bärbel Zöller vom Historischen Verein, Professor Dieter Weiß und MdB Hartmut Koschyk.

Wer kennt es nicht, das berühmte Männleinlaufen im Turm der Frauenkirche auf dem Nürnberger Hauptmarkt? Sieben Kurfürsten umrunden den Kaiser. Der ist in diesem Fall mit Karl IV. eine Persönlichkeit, die viele Menschen bis heute fasziniert, die für kulturellen Austausch genauso wie für den Ausbau des Handels steht. Über Karls Beziehung zu Franken referierte Professor Dieter Weiß, Ordinarius für bayerische Geschichte an der Ludwig-Maximilian-Universität München, in einer gemeinsamen Veranstaltung des Alexander-von-Humboldt-Kulturforums Schloss Goldkronach und des Historischen Vereins für Oberfranken am Freitagabend im Iwalewa-Haus. Anlass war die erste gemeinsame Landesausstellung Bayern-Böhmen zum 700 Geburtstag des Herrschers.

Der böhmische und römisch-deutsche König Karl IV. (1316–1378), 1355 in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gekrönt, gehört zu den bedeutendsten und facettenreichsten Herrschern der böhmischen und deutschen Geschichte. Professor Weiß skizzierte deshalb gleich mehrere Phasen der Herrschaft Karls IV., in der Franken eine herausragende Rolle spielte.

AvH-Vortrag Kaiser Karl IV (25)

Professor Dieter Weiss

Schon 1347 habe er sich für die Handels- und Zollfreiheit der Nürnberger Händler in Böhmen eingesetzt. Überhaupt sei Nürnberg die Stadt gewesen, in der sich Karl abgesehen von Prag, am meisten aufhielt. Nach dem Empfang der Kaiserkrone in Rom 1355 habe Nürnberg von vielen Privilegien profitiert. Karl IV. galt als Bauherr der Frauenkirche, in der er 1361 seinen Sohn Wenzel taufen ließ, genauso wie als Bauherr der Wenzelsburg in Lauf, wo er sich einen repräsentativen Sitz schuf.

Um eine sichere Reise von Prag nach Nürnberg zu garantieren, habe Karl eine kleinteilige Territorialpolitik betrieben. Viele Orte entlang der Route hätten damals eine wahre Blütezeit erlebt, erst viel später sei die Strecke als „Goldene Straße“ bekannt geworden. Später habe sich Karl auch in Unterfranken festgesetzt. Orte wie Iphofen, Heidingsfeld oder Wertheim habe er gekauft, aus Prichsendorf wurde Prichsenstadt und auch nach Schweinfurt oder ins mittelfränkische Windsheim streckte Karl seine Fühler aus. Grund sei in vielen Fällen die verkehrsmäßige Bedeutung der Orte gewesen, um sicher zur Königswahl oder zu den Reichstagen nach Frankfurt zu gelangen.

Erst gegen Ende der 60er Jahre des 14. Jahrhunderts habe sein Interesse an diesem Landstrich nachgelassen. „Nach zwei Jahrzehnten ging die Herrschaft Böhmens über Neu-Böhmen wieder zu Ende“, sagte Weiß. Grund für die Abtretung an die Wittelsbacher sei vor allem gewesen, die Wahl seines Sohnes Wenzel zum König zu sichern.

AvH-Vortrag Kaiser Karl IV (8)

Karl IV nehme eine wichtige Brückenfunktion zwischen Bayern, Böhmen und Franken und damit zwischen Deutschland und Tschechien ein, sagte der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, Gründungsmitglied des Humboldt-Kulturforums. Damit sei Karl IV. aktueller denn je und damit sei auch das große Interesse an dieser historischen Persönlichkeit zu erklären. Nachdem Professor Dieter Weiss bereits vor Jahren bei einem Symposium über Franken zur Zeit Alexander von Humboldts referiert habe, sei er jetzt mit seinem Vortrag über Karl IV an seine langjährige Wirkungsstätte zurückgekehrt. Weiss war zehn Jahre lang als Professor für bayerische Landesgeschichte an der Universität Bayreuth tätig.

Den 700. Geburtstag Kaiser Karls IV. haben der Freistaat Bayern und die Tschechische Republik zum Anlass genommen, eine gemeinsame Landesausstellung mit internationalem Rahmenprogramm zu veranstalten. Die Ausstellung wurde in den zurückliegenden Monaten in Prag in der Wallenstein-Reithalle präsentiert und ist seit Oktober bis zum 5. März 2017 im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen.

Die Ausstellung bietet eine spannungsreiche Präsentation seiner Lebens- und Regierungszeit im Spiegel des wechselvollen 14. Jahrhunderts. Die Schau versucht auch eine kritische Würdigung der Herrscherpersönlichkeit, seines Herrschaftskonzepts, seiner Bedeutung für die Residenzstädte Prag und Nürnberg sowie seiner künstlerischen Repräsentation. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Rezeption Karls IV. auf tschechischer und deutscher Seite bis in die Gegenwart, die eine jeweils sehr unterschiedliche Sicht zeigt.

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