Lankendorf. Mit einem ungewöhnlichen Auftritt von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat die CSU in Bayreuth am Samstagabend die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs eröffnet. Schauplatz war eine leer geräumte landwirtschaftliche Maschinenhalle in dem 62 Einwohner umfassenden Weiler Lankendorf. Politisch gehört der kleine Ort unmittelbar an der nordöstlichen Bayreuther Stadtgrenze zum Markt Weidenberg, kirchlich zu Bayreuther Stadtteil St. Johannis. Die Kundgebung mit dem laut Umfragen beliebtesten deutschen Politiker aus dem Nachbarwahlkreis Kulmbach lockte rund zehn Mal so viele Anhänger und Neugierige an, wie Lankendorf Einwohner hat.
Rund 80 Minuten lang sprach Guttenberg ohne Manuskript über Krisen, Kreditbürgschaften und Kriterien für staatliche Hilfen und setzte dabei vor allem darauf, trotz aller Herausforderungen Optimismus zu verbreiten. „Was Zuversicht anbelangt, werde ich mir den Mund nicht verbieten lassen“, sagte der Wirtschaftsminister. In diesem Land schlummerten unglaubliche Kräfte und ein riesiges Innovationspotenzial. Gleichwohl würden die Auswirkungen der Krise noch lange zu spüren sein. Dennoch gelte es wachsam zu sein und sich vor Pauschalurteilen zu hüten. Es gebe schließlich auch viele, die im Mittelstand, im Handwerk oder in der Landwirtschaft Verantwortung tragen, ihr Handeln langfristig und strategisch ausrichten und in Generationen denken. Sie alle seien das Herzstück der deutschen Volkswirtschaft und sie gelte es zu stärken.
Guttenberg verteidigte seine Politik, bei der nicht demjenigen geholfen wird, der am lautesten schreit, sondern demjenigen, der Geschäftsmodelle und Konzepte vorliegt. „Daran fehlt es insbesondere im Automobilbereich“, kritisierte der Minister. Kein gutes Haar ließ er auch am Arcandor-Konzern, dem er dramatisches unternehmerisches Fehlverhalten vorwarf. Wenn nicht einmal die Eigentümer bereit seien, ins Risiko zu gehen, warum sollten es dann die Steuerzahler, sagte Guttenberg.
Am meisten Beifall bekam der Spitzenpolitiker jedoch immer dann, wenn er etwa flapsig vom „Affenzirkus“ in Berlin sprach, seine Verspätung als Seitenhieb auf Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt mit dem nicht Auffinden seins Dienstwagens entschuldigte oder dem politischen Gegner mangelnden Respekt in Stil und Umgang vorwarf. Er bekomme tagtäglich genug Phrasen gedroschen, deshalb lasse er in seiner Heimat gerne auch mal sein Herz sprechen, entschuldigte sich der 37-Jährige.
Zuvor hatte der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und parlamentarische CSU-Landesgruppengeschäftsführer Hartmut Koschyk für die kommende Woche ein Gespräch mit dem Betriebsrat des insolventen Bad Bernecker Schalter- und Leuchtenherstellers Popp angekündigt. Bereits am Vortag hatten in Warmensteinach bei einem Besuch der bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer Beschäftigte des ehemaligen Bad Bernecker Traditionsunternehmens auf sich aufmerksam gemacht. Seehofer stellte dabei staatliche Hilfen in Aussicht und erklärte, die Popp-Insolvenz zur Chefsache zu machen. Eine Insolvenz sei keine Chance für die Mitarbeiter, denn Insolvenzverwalter sehen nur die Euros, nicht die Arbeitsplätze, hieß es von Seiten der Beschäftigten. „Wir fordern, dass der Insolvenzverwalter möglichst schnell Lösungen präsentiert“, sagte dagegen Koschyk. Am Beispiel des Porzellanherstellers Rosenthal machte er deutlich, dass die Politik sehr wohl Engagement zeige und dadurch eine gute Lösung gefunden habe.
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