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Das Museum Bayerisches Vogtland in Hof dokumentiert künftig die Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen
27. Januar 2012
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Hof. Im Museum Bayerisches Vogtland in Hof ist am Freitag eine neue Abteilung über die Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen eröffnet worden. Über 400 Exponate zeigen auf drei Etagen einen Ausschnitt der deutschen Geschichte am Beispiel der Stadt Hof. Mit der Einweihung am Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wollten die Kulturverantwortlichen der Stadt bewusst darauf hinweisen, dass Flucht und Vertreibung eine Vorgeschichte haben und nicht über Nacht gekommen sind.Die Festrede zur Eröffnung hielt der Theater- und Literaturkritiker Hellmuth Karasek. Der in Brünn geborene Karasek hat in seiner Autobiografie „Auf der Flucht“ seine eigene Vertreibungsgeschichte beschrieben. Karasek bezeichnete Flucht und Vertreibung als großes Unrecht, das nicht dadurch aufgehoben werde, dass Generationen zuvor Verursacher dieses Elends waren. „Die Aufrechnung von Schuld verbietet sich“, so Karasek, der seine tiefe Hoffnung aussprach, dass auch mit den östlichen Nachbarländern ein so selbstverständlicher Umgang zum Alltag werde, wie er mit Frankreich inzwischen üblich sei.

Hof Flüchtlingsmuseum 3
Die überaus geglückt Integration von vielen Millionen Vertriebener sei bei weitem keine Selbstverständlichkeit gewesen, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und frühere Generalsekretär des Bundes der Vertriebenen Hartmut Koschyk aus Bayreuth.  Flucht und Vertreibung der Deutschen stelle die größte Zwangsmigration der Geschichte mit über 14 Millionen Vertriebenen und rund zwei Millionen Toten dar. „Das Schicksal der Heimatvertriebenen und ihre Leistungen beim Wiederaufbau unseres Landes dürfen nicht vergessen werden“, forderte Koschyk.

Auch die Spitzenstellung Bayerns sei mit das Verdienst der Heimatvertriebenen und Aussiedler. Koschyk zufolge waren nach 1945 allein rund 2,7 Millionen Heimatvertriebene und Aussiedler nach Bayern gekommen. Diese 2,7 Millionen Deutschen hätten viel dazu beigetragen, dass Bayern zu dem geworden ist, was Bayern heute ist: das führende Land in Deutschland und eine der wohlhabendsten Regionen in Europa. Es sei auch für Bayern ein langer Weg gewesen, vom Armenhaus in Deutschland zu einem Land, das heute auf vielen Gebieten gegenüber den anderen Ländern deutliche Vorsprünge aufweist.

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Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch nannte die aufwändige Erweiterung des Museums einen echten Gewinn für den gesamten Freistaat. Hier werde ein historisches Ereignis in zeitgemäßer Form präsentiert. Die neue Abteilung zeige aber auch, so der Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen Albrecht Schläger, „dass wir mit die Aufarbeitung unserer Geschichte in einem bisher vernachlässigtem Bereich begonnen haben.“ Dabei sei es ganz wichtig, dass Täter nicht zu Opfern gemacht werden. Allerdings würden die Verbrechen an Menschenrechten nicht neue verbrechen rechtfertigen.

Wenn das neue Museum in Hof angesiedelt wurde, so hat es seinen Grund darin, dass Hof nach dem Zweiten Weltkrieg zur ersten Anlaufstation für unzählige Menschen wurde, die im Zuge von Flucht, Vertreibung ihre Heimat in den deutschen Ostgebieten verloren hatten. Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge und Vertriebene wurden bis Anfang der 1950er Jahre durch Hof geschleust, wo sie Unterkunft und Verpflegung erhielten. Im Stadtteil Moschendorf befand sich das größte bayerische Flüchtlingslager. Die Hofer Bevölkerung wuchs zudem durch den dauerhaften Zuzug von etwa 15000 Heimatvertriebenen um nahezu ein Viertel. Durch ihre mitgebrachten heimatlichen Traditionen wie auch ihre individuellen Fähigkeiten prägten sie die Entwicklung der Stadt in der Nachkriegszeit entscheidend mit.

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Im öffentlichen Bewusstsein ist dieser für die Stadt Hof so bedeutende Aspekt der Zeitgeschichte inzwischen jedoch nur noch wenig präsent. Das städtische Museum Bayerisches Vogtland widmet sich deshalb dem Thema „Flüchtlinge und Vertriebene in Hof“ im Rahmen einer wissenschaftlich fundierten und zeitgemäß gestalteten neuen Abteilung seiner Dauerausstellung. Auf drei Ebenen eines in den letzten zwei Jahren aufwendig sanierten Museumsanbaus werden mehr als 400 für das Thema einschlägige Exponate von einmaligem historischem Wert präsentiert.

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Die Ausstellung stellt exemplarisch am Beispiel der Hofer Region die Geschichte der Ankunft und Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen in Westdeutschland dar. Sie informiert allgemein verständlich über die Ursachen und Abläufe von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung. Der Stellenwert der Ereignisse innerhalb des kulturellen Gedächtnisses der Bundesrepublik wird aufgezeigt. Die bayernweit einzigartige und weit über die Region hinaus bedeutende Ausstellung zeichnet sich durch eine Herangehensweise aus, die verschiedene Blickwinkel bietet. Auf eine gründliche Ausleuchtung des noch immer kontroversen Themas in seinen unterschiedlichsten Facetten wird besonderer Wert gelegt. An zahlreichen Multimedia-Stationen mit Bild- und Tondokumenten werden die Besucherinnen und Besuchern selbst tätig und können sich aktiv mit den Inhalten der Ausstellung auseinandersetzen.

Zur Berichterstattung auf der Internet-Seite der Frankenpost gelangen Sie hier.

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