„Mehr Mut zu Jean Paul“, fordert der Bayreuther Buchhändler Rolf J. Geilenkirchen. Er habe vom Dichter selbst den Auftrag bekommen, Bayreuth zu „jean-paulisieren“, so der Chef der Markgrafenbuchhandlung augenzwinkernd. An den kommenden rund 250 Werktagen bis Jahresende werden deshalb er, seine Mitarbeiter und eventuell auch Gäste jeden Tag jeweils zehn Minuten öffentlich aus dem Werk Jean Pauls vorlesen. „Wir rechnen mit einer reinen Lesezeit von insgesamt etwa 42 Stunden“, sagte der Buchhändler, der das Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag des Dichters am Samstag in Eigenregie mit einem hochkarätigen Festakt in seiner Buchhandlung eröffnet hatte.
Schauspieler und Rezitator Hans-Jürgen Schatz, Buchhändler Rolf J. Geilenkirchen und der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk (von links), der Ende April eine großangelegte Veranstaltung für Jean Paul in Berlin organisiert, haben das Jean-Paul-Jubiläumsjahr in der Bayreuther Markgrafenbuchhandlung eröffnet.
Prominentester Gast war der Berliner Schauspieler und bundesweit bekannte Jean-Paul-Rezitator Hans Jürgen Schatz. Der Schauspieler hatte im März 1992 in der Bayreuther Markgrafenbuchhandlung seine allererste Jean-Paul-Lesung gegeben, seitdem zahlreiche CDs mit dem Werk Jean Pauls aufgenommen und sich in herausragender Art und Weise für den Ausbau des Dichterstübchens in der Rollwenzelei stark gemacht. „Wer sich mit Jean Paul beschäftigt, der weiß, der Weg ist das Ziel“, sagte Schatz.
Einen ähnlichen Vergleich wählte auch Buchhändler Geilenkirchen. Bei Jean Paul sei der Gipfel nur über Etappen zu erreichen, sagte er. Umso erhabener sei allerdings dann das Gefühl, wenn man das Dach der Jean-Paulschen-Gedankenwelt erklommen hat. Bis es soweit ist, wird es jeweils von Montag bis Freitag immer um 17 Uhr, Samstag um 11 Uhr zehn Minuten Jean Paul geben. Geilenkirchen hofft damit, den einen oder anderen Zuhörer zum Anhänger Jean Pauls werden zu lassen. Die ganze Aktion sei als Würdigung gedacht, die vielleicht auch notwendig ist.“ Denn nicht nur das Verhältnis der Bayreuther zu Jean Paul sei gespalten, auch andersherum sei das Verhältnis durchaus ambivalent gewesen.
Unter dem Titel „Das Schreibwunder aus der Friedrichstraße“ hatte Geilenkirchen eine Würdigung für Jean Paul verfasst, in der er den Dichter neben Johann Wolfgang von Goethe als umfassendstes Talent seiner Zeit bezeichnete. Jean Paul sei weder der Klassik noch der Romantik zuzuordnen, sei schnell zu einem der meist gelesenen Autoren seiner Zeit aufgestiegen und zeitweise in Vergessenheit geraten. „Vielleicht ist es unserer heutigen Spaßgesellschaft zuwider, schwierige Literatur zu lesen“, sagte Geilenkirchen. Doch das Eintauchen in die Welt Jean Pauls kann eines der beglückendsten und erfüllendsten Erlebnisse sein.
Zwei, die bereits einen beachtlichen Beitrag zum Jean-Paul-Jubiläumsjahr geleistet haben sind die Kulturwissenschaftlerin Karla Fohrbeck und der Kulturpublizist Frank Piontek. Unter den Titeln Jean Paul in Oberfranken“ und „Jean Paul in und um Bayreuth“ haben sie zwei stattliche Bildbände herausgegeben, die den von ihnen entscheidend mit ins Leben gerufenen Jean Paul-Weg von Joditz bis Sanspareil sowie innerhalb Bayreuths von der Eremitage bis Schloss Fantaisie nachzeichnen. Für ihre Idee des Jean-Paul-Wegs haben Fohrbeck und Piontek 22 Gemeinden, vier Landkreise und unzählige Freunde und Förderer gewinnen können. Ihr Ziel sei es von Anfang an gewesen, „Jean Paul in die Köpfe der Menschen zu bekommen.“
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