Allgemein Für Deutschland
Finanzstaatssekretär Koschyk: Solidarität kann es nur bei Solidität geben
1. Juli 2012
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In einer Nachtsitzung haben die europäischen Staats- und Regierungschefs am vergangenenFreitagmorgen die Bedingungen für die Rettung Italiens und Spaniens vereinbart. Am Freitagabend verabschiedete der Bundestag den Rettungsschirm ESM sowie den Fiskalpakt. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminster der Ffinanzen und Bayreuther Bundesstagsabgeordnete, Hartmut Koschyk, sprach mit der Zeitungsgruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung über die Folgen dieser Vereinbarungen.

Herr Staatssekretär, die Krisenstaaten erhalten Hilfe, weitgehend ohne Auflagen. Beobachter werten dies als Niederlage für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sehen Sie das auch so und was bedeutet das für die deutschen Steuerzahler?

Die Bundeskanzlerin hat vor dem Deutschen Bundestag deutlich gemacht, dass es auch in Zukunft bei der strikten Konditionalität für Hilfen bleibt. Das heißt – so wie es auch in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates steht –, dass es keine Erweiterung des Instrumentariums der Rettungsschirme EFSF und ESM geben wird. Und wie bisher ist die Nutzung der Hilfsinstrumente an Auflagen geknüpft. Diese Auflagen werden länderspezifische Vorgaben enthalten, die sich aus der laufenden europäischen Überwachung der Länder gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt und dem sogenannten „Ungleichgewichteverfahren“ ergeben. Es bleibt bei Leistung und Gegenleistung, Konditionalität und Kontrolle.

Sind mit den Gipfelbeschlüssen ausreichend Anreize verbunden, um die Länder zu sanieren und die Verschuldungsspirale zu durchbrechen?

Deutschland hat großen Wert darauf gelegt, dass es Solidarität nur bei Solidität geben kann. Das heißt, der Fiskalpakt und der ESM-Vertrag gehören unabdingbar zusammen. Hilfe aus dem ESM kann es nur bei Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Fiskalpakt geben.

Reichen die beschlossenen Instrumente zur Bankenaufsicht aus, um die von der Pleite bedrohten Kreditinstitute Europas wieder auf Kurs zu bringen und die überbordende Spekulation der Vergangenheit künftig zu verhindern?

Man hat jetzt beschlossen, dass bei systemrelevanten, grenzüberschreitend tätigen Banken ein gemeinsamer Rechtsrahmen, eine direkte europäische Aufsicht und eine gemeinsame Restrukturierungsbehörde geschaffen wird – genau in dieser Schrittfolge, darauf legen wir Wert. Dazu sollen bis Ende 2012 Vorschläge vom Europäischen Rat geprüft werden. Die Europäische Kommission wird solche Vorschläge machen. Wir drücken hier also aufs Gas, es wird aber nichts überhastet geschehen. Deutschland ist hier gut und sehr überlegt vorangegangen. Wir haben ein Restrukturierungsgesetz und einen Restrukturierungsfonds, gespeist aus der Bankenabgabe. Es geht hier ausdrücklich um grenzüberschreitende, systemrelevante Banken – also nicht um die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Wir werden bei den Vorschlägen auf strikte Proportionalität achten, das heißt, dass was wir in Deutschland und auf europäischer Ebene beispielsweise durch die Umsetzung von Basel III schaffen , ist genug Regulierung für den Sparkassen- und Genossenschaftsbereich.

Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker soll auf Weiteres Euro-Gruppenchef bleiben. Finanzminister Wolfgang Schäuble ist damit aus dem Rennen. Ist Deutschland damit zusätzlich geschwächt?

Wolfgang Schäuble hat sich nie aufgedrängt, sondern er hat sich zur Verfügung gestellt für den Fall, dass Jean-Claude Juncker seine Aufgabe nicht mehr wahrgenommen hätte. Juncker bleibt im Amt und Deutschland kann mit einem Euro-Gruppenchef Juncker auch weiter sehr gut leben.

Mit dem Rettungsschirm ESM gibt der Bundestag nun weitere Kompetenzen nach Brüssel ab. Wie beurteilen Sie das – auch angesichts zahlreicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die die Rechte des Parlaments immer wieder betont haben?

Wir verbinden diese Ratifizierung des ESM mit einem weiteren Ausbau und einer Konkretisierung der Beteiligungsrechte des Bundestags. Alles was der ESM in Zukunft tun wird, wird strengstens vom deutschen Parlament kontrolliert. Sicher wird auch das Bundesverfassungsgericht, das den ESM-Vertrag auf seine Verfassungsgemäßheit prüfen wird, gerade diesen Aspekt sehr sorgfältig untersuchen. Die Bundesregierung ist überzeugt, dass sowohl Fiskalpakt, als auch ESM-Vertrag den Vorgaben unserer Verfassung entsprechen.

Interview: Dr. Gerald Schneider

Zum Auszug des Interviews auf der Internetseite des Straubinger Tageblattes/Landshuter Zeitung gelangen Sie hier.

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