Unsere Wege kreuzten sich während unserer gemeinsamen Zeit in der Jungen Union, deren Landesvorsitzender Gerd Müller in den Jahren 1987 bis 1991 war. Gerd Müller war bei der Europawahl 1989 ins Europäische Parlament gewählt worden, ich 1990 in den ersten gesamtdeutschen Bundestag.
Da wir uns beide für Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik interessierten, arbeiteten wir trotz der Zugehörigkeit in unterschiedlichen Parlamenten „über Bande“ zusammen, wobei unser gemeinsamer Freund und damaliger Bundestagskollege Christian Ruck, mein Büro-Nachbar im Bonner Bundestag, ein wichtiges „Scharnier“ zwischen uns bildete.
Gerd Müller verdanke ich auch meinen ersten Besuch im Europäischen Parlament während einer Sitzungswoche in Straßburg, wobei mir neben unseren politischen Gesprächen ein Abendessen im legendären „Maison Kammerzell“ bis heute in bester kulinarischer Erinnerung ist.
In allen Parlaments- und Regierungsfunktionen von Gerd Müller wirkten wir vertrauensvoll zusammen, sei es in seiner Zeit als Sprecher der CSU-Landesgruppe für Außen-, Sicherheits-, Europa- und Entwicklungspolitik, als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Als Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium hat sich Gerd Müller sehr für den Export deutscher Landwirtschaftsprodukte in die Volksrepublik China sowie nach ganz Asien engagiert. Unser gemeinsamer Freund Manfred Nüssel, lange Zeit Präsident des Deutschen Raiffeisen-Verbandes und Aufsichtsratsvorsitzender der BayWa-AG schwärmt bis heute in den höchsten Tönen über die Öffnung der asiatischen Märkte für deutsche Agrarprodukte durch den Einsatz von Gerd Müller.
Einmal trafen wir uns in Peking, als Gerd Müller mit einer großen Delegation von Produzenten deutscher Agrarprodukte und ich als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium zu Gesprächen beim Chinesischen Staatsfond und im Chinesischen Finanzministerium weilte. Im „Paulaner-Gasthof“ im Kempinski-Hotel in Peking entwickelten wir damals Ideen für den Ausbau des politischen Dialogs zwischen der CSU und der VR China, wobei wiederum Christian Ruck eine Vordenker-Rolle zukam. Gerd Müller hat die damaligen Ideen als Entwicklungsminister weitgehend realisiert und wichtige Akzente in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit der VR China gesetzt. Eine Begegnung mit seinem chinesischen Amtskollegen in Peking, der ich bewohnen durfte, ist mir in eindrucksvoller Erinnerung.
Gerd Müller interessierte sich auch sehr für die geteilte koreanische Halbinsel und wollte gerne einmal mit mir nach Nordkorea reisen, das ich neben Südkorea seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Pjöngjang im Jahr 2001 in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe regelmäßig besuchte. Diese gemeinsame Reise steht noch aus!
Auch unsere Frauen verstanden sich auf Anhieb gut, als sie sich bei den alle zwei Jahre stattfindenden Informationsfahrten der CSU-Landesgruppe kennenlernten, die ich in meiner Zeit als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe organisieren durfte. So gab es für uns auch immer Gesprächsstoff jenseits der Politik, beide wußten wir immer den Rückhalt unserer Familien als der entscheidenden Basis unseres politischen Erfolgs zu schätzen.
Einen weiteren Schnittmenge unserer freundschaftlichen Zusammenarbeit im Bundestag und in der Bundesregierung bildet unsere gemeinsame Bewunderung des großen Alexander von Humboldt. Gerd Müller hat das von mir 2008 ins Leben gerufene „Alexander von Humboldt – Kulturforum Schloss Goldkronach e.V.“ immer wieder unterstützt, durch das an die „fränkischen Jahre“ des großen Universalgelehrten und epochalen Vordenkers in den Jahren 1792 bis 1797 erinnert wird.
So ist aus der Arbeit des Kulturforums eine „Klima-Partnerschaft“ zwischen meiner jetzigen Heimatstadt Goldkronach bei Bayreuth und der kolumbianischen Stadt Falan entstanden, die Gerd Müller gefördert und bei einem Besuch in Goldkronach gewürdigt hat. Alexander von Humboldt weilte während seiner großen Lateinamerika-Reise in Falan, einer Goldbergbau-Stadt wie Goldkronach, wobei beide Städte heute mit dem Ziel eines nachhaltigen Natur-Tourismus und eines biologischen Nahrungsmittel-Anbaus im humboldtschen Sinne zusammenarbeiten: „Alles ist mit allem verbunden.“
Einen bis heute andauernden und nachhaltigen Eindruck hinterließ Gerd Müller bei der Feier meines 60. Geburtstages 2019, als er zum Thema „Weltverständnis und Weltverantwortung bei Alexander von Humboldt und heute“ ein eindrucksvolle Rede hielt. In dieser Rede zitierte Gerd Müller Alexander von Humboldt: „Ich hielt es für besser, etwas zu leisten, als nichts zu versuchen, weil man nicht alles leisten kann. …Das Schwierige erscheint mir nie unmöglich.“
Und Gerd Müller fuhr fort:“Und wenn Alexander von Humboldt heute leben würde, wäre er vielleicht Entwicklungsminister!“ Wohl wahr!
Nach 32 Jahren des „Bohrens dicker Bretter“ (Max Weber) in Parlament und Regierung verlässt Gerd Müller jetzt auf eigenen Wunsch die politische Bühne Deutschlands. Wie zuletzt Klaus Töpfer, der vom deutschen Umweltminister in das Amt des Exekutivdirektors des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wechselte, wird Gerd Müller nach seinem Ministeramt in Deutschland jetzt an die Spitze der UN-Organisation für die industrielle Entwicklung in Entwicklungsländern und Reformstaaten (UNIDO) wechseln. Die Reaktion national wie international auf die Wahl Gerd Müllers zum Generaldirektor der UNIDO in Wien ist einhellig: der richtige Mann kommt zum richtigen Amt!
Ich danke Gerd Müller für die jahrzehntelange Freundschaft und vertrauensvolle Zusammenarbeit, politisch und privat. Er hat sich um seine allgäuerische Heimat, um den Freistaat Bayern, um Deutschland und Europa verdient gemacht. Sein politisches Wirken, seine Geradlinigkeit, sein christliches Bekenntnis zur Schöpfung und seine Menschenfreundlichkeit bilden die beste Grundlage für seine künftige Aufgabe von globaler Bedeutung.
Hierzu wünsche ich meinem Freund Gerd Müller alles erdenklich Gute, besten Erfolg und Gottes reichen Segen. Ich bin sicher, dass wir im humboldtschen Sinne noch viele gemeinsame Projekte verwirklichen werden:
„Alles hängt mit allem zusammen: die Natur, die Landschaften, die Menschen ihre Ökonomien!“
Ich darf Dir, lieber Gerd, dabei ein Lebensmotto mit auf den Weg geben, dass ich aus Anlass meines 50. Geburtstages für mich formuliert habe: „In Verantwortung vor Gott und den Menschen: Die Heimat lieben, Deutschland leben, Europa bedenken, die Welt verstehen!“
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Gerd Müller – dem besten Minister im Kabinett Merkel *) – alles Gute für seine neuen Aufgaben: Glück & Segen !!
*) zitiert nach Hartmut Koschyk