Die Bauarbeiten schreiten rasant voran, noch im kommenden Jahr werden Forschung und Wissenschaft in dem kleinen Fränkische-Schweiz-Städtchen Waischenfeld (Landkreis Bayreuth) Einzug halten. Am Donnerstag ist der Grundstein für den rund 7,6 Millionen Euro teuren Fraunhofer-Forschungscampus Waischenfeld gelegt worden.
Grundsteinlegung für den neuen Fraunhofer-Forschungscampus in Waischenfeld (von links): Albert Heuberger, Leiter der Fraunhofer IIS, Landtagsvizepräsident Peter Meyer, der Bayreuther Landrat Hermann Hübner, Staatssekretär Hartmut Koschyk, Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil, Initiator Heinz Gerhäuser und Fraunhofer-Vorstandsmitglied Alfred Gossner.
Fraunhofer in Waischenfeld: zu verdanken ist dies in erster Linie Heinz Gerhäuser, dem ehemaligem Leiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen. Der frühere Inhaber des Lehrstuhls für Informationstechnik an der Universität Erlangen/Nürnberg wohnt in Waischenfeld und hatte den Forschungscampus initiiert. Gerhäuser gilt als einer der wichtigsten Vordenker für die Entwicklung und Verbreitung des MP3-Formats.
In der Umgebung der Fränkischen Schweiz wird ein Zentrum mit 2000 Quadratmetern Büro- und Tagungsräumen sowie Forschungslabors entstehen. Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS schafft hier eine Arbeitsumgebung, in der bis zu 50 Wissenschaftler fernab von störenden Einflüssen in einer konzentrierten und zugleich kommunikativen Klausuratmosphäre forschen, testen, kooperieren und tagen können. „Das soll vor allem die hohe Kreativität fördern“, sagte Gerhäuser, wobei die landschaftliche Umgebung dabei einen natürlichen Ausgleich zu der intensiven wissenschaftlichen Arbeit bieten wird. Der Standort sei zugleich optimal verkehrstechnisch erschlossen und bietet damit nicht nur den Mitarbeitern und Gästen des Fraunhofer IIS und seiner eng kooperierenden Einrichtungen in Dresden und Ilmenau beste Bedingungen: Auch andere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft sollen die Möglichkeit erhalten, die Anlage zu nutzen.
Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil nannte die Grundsteinlegung „einen kleinen Stein für den Campus, aber zugleich auch einen Meilenstein für Waischenfeld“. Die Stadt werde damit zur Top-Adresse in Sachen Forschung in ganz Deutschland. Schon jetzt gebe es eine ganze Reihe von Interessenten, so dass der Forschungscampus Waischenfeld lange vor seiner Fertigstellung als Erfolgsgeschichte gewertet werden kann. Von der Fraunhofer-Ansiedlung werde nicht nur Waischenfeld, sondern die gesamte Region profitieren, sagte der Parlamentarische Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk. Dabei gehe es nicht nur um neue Arbeitsplätze, sondern auch um Aufträge für das örtliche Handwerk sowie um mehr Umsatz für Gastronomie und Einzelhandel. Koschyk: „Gerade weil viele Menschen das Leben auf dem Land als Nachteil empfinden, ist dieser Campusbau ein Signal, die eigene Heimat wieder mehr zu schätzen.“
Beim gesamten Konzept steht für das Fraunhofer IIS der „Campus“-Gedanke im Vordergrund. Dieser Begriff wird in Anlehnung an „Campus-Hochschulen“ verwendet, bei denen Forschungsräume, Labore, Wohnraum und Infrastruktur auf engem Raum zusammengefasst sind. Das IIS will dies in Waischenfeld auch auf den außeruniversitären Forschungsbereich übertragen. Hier sollen etwa schwierige Forschungs- und Entwicklungsprojekte bearbeitet werden, zu denen die Mitarbeiter für eine gewisse Zeit unter einem Dach zusammenarbeiten müssen. Auch Ergebnisvorstellungen, Kundenpräsentationen, Strategiegespräche oder Tagungen von Gremien sind angedacht. Der Entwurf der Architekten Barkow Leibinger sieht eine kleinteilige, an die Formation einer fränkischen Kleinstadt angelehnte Struktur vor, die sich die Topographie der Landschaft zunutze macht. Beim Bau legt man vor allem auf die Nachhaltigkeit der Materialien Wert und setzt regenerative Energieträger ein. So bleiben die Betriebskosten niedrig und sind an den tatsächlichen Bedarf anpassbar.
Das 1985 gegründete Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS mit Hauptsitz in Erlangen und weiteren Standorten in Nürnberg, Fürth, Würzburg, Ilmenau und Dresden ist heute das größte Fraunhofer-Institut in der Fraunhofer-Gesellschaft. Mit der maßgeblichen Beteiligung an der Entwicklung der Audiocodierverfahren mp3 und MPEG AAC ist das Fraunhofer IIS weltweit bekannt geworden. In enger Kooperation mit den Auftraggebern aus der Industrie forschen und entwickeln die Wissenschaftler auf folgenden Gebieten: Digitaler Rundfunk, Audio- und Multimediatechnik, digitale Kinotechnik, Entwurfsautomatisierung, integrierte Schaltungen und Sensorsysteme, drahtgebundene, drahtlose und optische Netzwerke, Lokalisierung und Navigation, Hochgeschwindigkeitskameras, Ultrafeinfokus-Röntgentechnologie, Bildverarbeitung und Medizintechnik. Mehr als 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in der Vertragsforschung für die Industrie, für Dienstleistungsunternehmen und öffentliche Einrichtungen. Das Budget von über 92 Millionen Euro wird bis auf eine Grundfinanzierung in Höhe von weniger als 25 Prozent aus der Auftragsforschung finanziert.
Zur Berichterstattung im Nordbayerischen Kurier gelangen Sie hier
There are 0 comments