Romantische Lieder des Projektchors des Sängerkreises Bayreuth zum Innehalten und Träumen
Seit dem Jahr 2011 veranstaltet das Alexander von Humboldt Kulturforum, das seit September den Zunamen „Franken“ trägt, Erntedankkonzerte mit den verschiedensten Interpreten aus der Region und war nun zum fünften Mal in Folge in der wie alljährlich prächtig mit Erntegaben geschmückten evangelischen Pfarrkirche „Unsere Liebe Frau“ in Nemmersdorf zu Gast.

Dagmar Bauer begrüßte in Vertretung des terminlich verhinderten Vereinsvorsitzenden Hartmut Koschyk die rund 70 Gäste (darunter Goldkronachs erster Bürgermeister Holger Bär sowie Wieland Pietsch als dritter Bürgermeister) und dankte der Pfarrgemeinde, insbesondere Pfarrerin Amelie Luding, sowie den beiden Mesnerinnen Frau Geißler und Frau Keil für deren großartige Unterstützung. Das Erntedankkonzert sei ein fester Bestandteil im Jahresprogramm des Kulturforums und man freue sich, einen neuen Chor für die Veranstaltung gewonnen zu haben, der erst seit Mai 2023 existiert: den Projektchor des Sängerkreises Bayreuth mit seinem Programm „Romantische Lieder – Lieder der Romantik“.

Pfarrerin Amelie Luding bemerkte in ihrem Grußwort, dass „die Musik die Sprache des Herzens“ ist und damit begann das Konzert des mit 20 Sängerinnen und Sängern auftretenden Projektchors unter der musikalischen Gesamtleitung von Kreischorleiter Kai Konrad und mit Aureliano Zattoni zur Begleitung am digitalen Flügel. Konrad führte mit prägnanten Erläuterungen zu den einzelnen Liedern, deren Komponisten, aber auch zum jeweiligen Zeitgeschehen durch das Programm, das er in vier Teile gegliedert hatte.
Teil eins war überschrieben mit den Begriffen „Liebe – Gefühle – Eifersucht“ und begann mit dem Brahmslied „Der Gang zum Liebchen“, entstanden im Jahr 1868, gefolgt von einigen seiner „Zigeunerlieder“, die nur so sprühten vor Lebenslust, Fröhlichkeit und Unbeschwertheit. Dieser heute verpönte und negativ behaftete Ausdruck entstand in einer Zeit von fünf Jahrzehnten vor dem Nationalsozialismus und muss in der Musik als unvoreingenommen betrachtet werden. Schön anzuhören waren sie allemal. Der von Friedrich Silcher vertonte Eichendorff`sche Text „In einem kühlen Grunde“, bekannter auch als „Das zerbrochene Ringlein“ schloss sich an und erzählte von dessen unerfüllter Liebe, einem weiten Thema der Musik in der Romantik. Den Abschluss von Teil eins bildete ein Piano-Solo von Aurelio Zattoni mit einem der 48 „Lieder ohne Worte“ von Mendelssohn-Bartholdy, welches die Virtuosität des Pianisten aufblitzen ließ.

Teil zwei war gegliedert in „Abend und Nacht“, da in der Romantik die Nacht die Zeit des Unerklärlichen und Geheimnisvollen darstellt. Wer kennt es nicht, das Kinderschlaflied „Die Blümelein sie schlafen“, geschaffen von Zuccalmaglio im Jahr 1840, der die Melodie dem geistlichen Lied „Zu Bethlehem geboren“ entnommen hatte. Ein weiteres Schlaflied von John Whitacre folgte, „The Seal Lullaby“, in dem stimmlich zum Ausdruck kam, wie – ähnlich einem Robbenbaby im Rhythmus des wogenden Meeres – das Kind von der Mutter in der Schlaf gewiegt wird. Abgeschlossen wurde der Block vom Brahmslied „In stiller Nacht“.

Mit „Hoffnung – Glaube – Tod“ war der dritte Teil überschrieben und wurde mit einem erneuten Klavier-Solo von Aureliano Zattoni eröffnet. „Le Rossignol“ (Die Nachtigall), eine russische Romanze von Aljabjew in Bearbeitung für Piano von Franz Liszt zeugte wiederum von den außergewöhnlichen Fähigkeiten des Pianisten, der den virtuosen Gesang des Vogels perfekt umsetzte. „Verleih uns Frieden gnädiglich“ von Mendelssohn-Bartholdy durfte im Repertoire natürlich nicht fehlen, ist dieses Lied doch derzeit nicht wegzudenken aus den Gebeten für den irdischen, politisch-sozialen Frieden. Die Lieder des zeitgenössischen norwegischen Komponisten Gjeilo sind in der Musikszene Standard geworden und so ertönte die „Sunrise Mass“ klangvoll aus 20 Sängerkehlen.

Den Abschluss des Konzerts bildete Teil vier, überschrieben mit „Natur und Freiheitsdrang“, einem Hauptanliegen der Romantik. Im Brahmslied „Da unten im Tale“ lässt der Verfasser seinen tiefen Gefühlen für die Schönheit und Integrität der Natur freien Lauf. Unbefangen und unbeschwert kommt das „Zigeunerleben“ von Schumann (Text von Geibel) daher, das eigentlich vor lauter Klischees überbordet, was der „fetzigen“ Musik aber keinen Abbruch tut. Wer kennt nicht den Film „Der Zauberer von Oz“, in dem Judy Garland im Jahr 1939 den Titelsong „Somewhere over the rainbow“ von Arlen gesungen hat? Diesen Evergreen intonierten die Chormitglieder hinreißend, was die Zuhörer mit langem Applaus quittierten und eine Zugabe erzwangen.

Zum Abschluss des annähernd zweistündigen kurzweiligen und sehr unterhaltsamen Konzerts sprach Pfarrerin Amelie Luding ein kurzes Gebet, die Ausführenden wurden noch mit je einer Sonnenblume als Aufmerksamkeit bedacht und das Publikum begab sich beschwingt auf den Heimweg.
Informationen zum Projektchor des Sängerkreises Bayreuth:
Dieser wurde auf Initiative von Kreischorleiter Kai Konrad im Mai 2023 ins Leben gerufen. Hintergrund dieser Neugründung war, dass aufgrund von Corona sich zahlreiche aufgelöst hatten, ca. 60 davon gingen im Kreis Bayreuth/Hof/Wunsiedel/Kulmbach verloren. Übrig waren aber zahlreiche Chorsängerinnen und –sänger, die gerne weitermachen wollten und bereits eine fundierte stimmliche Ausbildung hatten. So wagte der studierte Opernsänger Konrad einen Neuanfang und mittlerweile haben sich schon 40 Mitglieder zum gemeinsamen Musizieren zusammengefunden, die lediglich einmal im Monat proben. Das bedeutet viel Sangesarbeit zuhause , da das Programm doch sehr anspruchsvoll ist. Gesucht werden weiterhin geschulte Sängerinnen und Sänger, vornehmlich in der Tonlage Bass.
In Planung befindet sich das Weihnachtsprogramm, wobei am 11. Dezember in Himmelkron und am 12. Dezember in Grafengehaig Auftritte geplant sind.
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