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Koschyk: CDU/CSU macht in Erklärung zur Abstimmung wichtige Grundsätze im Zusammenhang mit Lissabonvertrag deutlich
8. September 2009
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Zu den EU-Begleitgesetzen, die heute im Bundestag abschließend beraten und verabschiedet werden, geben zahlreiche Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag nachfolgende Erklärung zur Abstimmung ab.

Zu den Unterzeichnern dieser Erklärung gehören die beiden Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder und Dr. Peter Ramsauer, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sowie die Parlamentarischen Geschäftsführer Dr. Norbert Röttgen und Hartmut Koschyk.

Die Erklärung im Wortlaut:

Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zu den Gesetzentwürfen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
Bündnis 90/Die Grünen

– Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union (BT-Drs. 16/13923)
– Gesetz zur Umsetzung der Grundgesetzänderungen für die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon (BT-Drs. 16/13924)
– Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (BT-Drs. 16/13925)
– Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BT-Drs. 16/13926)

1. Wir begrüßen mit Nachdruck die Ankündigung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, auf der nächsten Tagung des Europäischen Rats den anderen Mitgliedern des Europäischen Rates sowie dem Präsidenten der Europäischen Kommission mitzuteilen, dass der Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 für Deutschland nur nach Maßgabe der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009 (2 BvE 2/08 u.a.) dargelegten Gründe gültig ist. Damit ist sichergestellt, dass elementare Interessen Deutschlands bei seiner weiteren Beteiligung an der europäischen Integration gewahrt bleiben. Wir sprechen der Bundeskanzlerin für diese für die Rolle Deutschlands in Europa außerordentlich wichtige Initiative unseren ausdrücklichen Dank aus.

2. Das deutsche Grundgesetz hat sich mit dem Leitbild eines vereinten Europas für die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an der europäischen Integration entschieden. Gemäß diesem Auftrag beteiligt sich Deutschland aktiv an der Fortentwicklung der Europäischen Union als Staatenverbund in einer europäischen Friedensordnung. Hierfür ermächtigt das Grundgesetz den Gesetzgeber zur Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union. Diese vollzieht sich nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung und unter der Bedingung, dass der unantastbare Kerngehalt der Verfassungsidentität der Mitgliedstaaten – für die Bundesrepublik Deutschland also derjenige des Grundgesetzes, insbesondere seiner Art. 23 Abs. 1 S. 3 und 79 Abs. 3 GG – gewahrt bleibt. Den Mitgliedstaaten müssen im Zuge der europäischen Vereinigung politische Gestaltungsrechte von substantiellem Gewicht im Hinblick auf die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse verbleiben. Es wird weder ein europäischer Bundesstaat geschaffen, der mit dem geltenden Grundgesetz nicht vereinbar wäre, noch erfolgt die Übertragung der Kompetenz-Kompetenz auf die Europäische Union.

3. Die Bundesrepublik Deutschland kommt ihrer Verantwortung für die europäische Integration auch durch die Zustimmung zum Vertrag von Lissabon nach. Diese kann gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts „nur nach Maßgabe der Gründe“ dieses Urteils erfolgen. Die deutschen Staatsorgane sind in der Interpretation und dem künftigen Vollzug des Vertrags von Lissabon an die Anforderungen des Grundgesetzes gebunden, wie sie vom Bundesverfassungsgericht in den Gründen seines Urteils dargelegt wurden.

4. Das Bundesverfassungsgericht prüft nach dem Grundsatz der Europarechtsfreundlichkeit, ob sich Rechtsakte der Europäischen Union unter Wahrung des gemeinschafts- und unionsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips in den Grenzen der im Wege der begrenzten Einzelermächtigung übertragenen Hoheitsrechte halten und der unantastbare Kerngehalt der Verfassungsidentität des Grundgesetzes gewahrt bleibt. Die Schaffung eines eigenen Verfahrens hierfür erachtet das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für „denkbar“. Wir bringen unseren erklärten Willen zum Ausdruck, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode im Deutschen Bundestag zu prüfen, ob dieses Anliegen aufgegriffen und ein verfassungsgerichtliches Verfahren zur Kompetenzklage gesetzlich verankert wird.

5. Neben der Bundesregierung kommt den gesetzgebenden Körperschaften Bundestag und Bundesrat in Deutschland eine besondere Verantwortung bei der Mitwirkung an der europäischen Integration zu, da deren demokratische Legitimation nach wie vor in erster Linie über die nationalen Parlamente gewährleistet wird. Wir begrüßen es sehr, dass dieser Tatsache mit den heute beratenen Gesetzentwürfen und den darin enthaltenen innerstaatlichen Beteiligungsrechten von Bundestag und Bundesrat Rechnung getragen wird. Durch diese erlangen die parlamentarischen Mitwirkungsrechte in EU-Angelegenheiten eine neue Qualität. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Deutsche Bundestag der damit verbundenen Verantwortung für die europäische Integration in vollem Umfang gerecht werden wird.

Volker Kauder
Dr. Peter Ramsauer
und weitere Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion

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