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Koschyk: Die E-Bilanz – Finanzverwaltung geht zukunftsorientiert und maßvoll vor
1. Juni 2012
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Unter dem Motto „Elektronik statt Papier“ hat sich der Gesetzgeber schon im Jahr 2008 durch das Steuerbürokratieabbaugesetz das Ziel gesetzt, bürokratische Lasten abzubauen sowie Ver-fahrenserleichterungen bei der Steuererhebung zu schaffen. Bisher papierbasierte Verfahrensabläufe werden zeitgemäß durch die elektronische Kommunikation zwischen Unternehmen und Finanzverwaltung ersetzt; Steuererklärungen einschließlich der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sollen ohne Brüche der verwendeten Medien elektronisch übermittelt werden können. In diesem Konzept ist die E-Bilanz als ein grundlegender Baustein zu sehen, der die einzelnen Stufen des steuerlichen Erklärungs- und Besteuerungsprozesses organisationsübergreifend und automationsgestützt miteinander verbindet. Diese Verbindung hilft, das Verwaltungshandeln evolutionär, moderner, leistungsfähiger und effizienter zu gestalten. Durch die Standardisierung der Arbeitsabläufe der steuerlichen Gewinnermittlung bei gleichzeitig umfassender IT-Unterstützung wird eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Rechtsanwendung sichergestellt. Damit ist die E-Bilanz auch unverzichtbare Voraussetzung für das Institut der zeitnahen Betriebsprüfung.

Im Verfahren zur erstmaligen Anwendung der E-Bilanz hat die Finanzverwaltung größten Wert auf Transparenz und Mitwirkung aller Beteiligten gesetzt. Auf Anregung der Unternehmen ist im ersten Halbjahr 2011 eine Pilotphase durchgeführt worden, an der Unternehmen aller Rechtsformen und aller Größenklassen teilgenommen haben. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die elektronische Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen in der vorgesehenen Weise gut möglich ist. Die praktischen Erkenntnisse aus der Pilotphase sind in die im Herbst 2011 veröffentlichte Datensatzbeschreibung, der sogenannten „Taxonomie“ eingeflossen. Dies wird dem Standardisierungsbedürfnis und den qualitativen Anforderungen der Verwaltung gerecht und belässt den Unternehmen gleichzeitig die notwendige Flexibilität in der betriebsindividuellen Anwendung.

Die Mehrzahl der informierten Unternehmen und der Berater ist von dem Konzept der E-Bilanz inzwischen überzeugt. Trotzdem wurde noch Kritik laut, mit der wir uns konstruktiv auseinandergesetzt haben. Der Gesetzgeber hat das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder den Mindestumfang der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zu bestimmen. Darauf hin hat das Bundesministerium der Finanzen am 28. September 2011 ein Anwendungsschreiben herausgegeben. Der Mindestumfang der elektronischen Übermittlung von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird dabei durch sog. Mussfelder bestimmt. Die Datensatzbeschreibung, (Taxonomie) gilt für Unternehmen aller Rechtsformen und aller Branchen und nimmt auf deren Rechnungslegung Rück¬sicht.

Das einzelne Unternehmen muss keineswegs sämtliche Datenfelder ausfüllen, sondern nur diejenigen, die tatsächlich seine betriebsindividuellen Sachverhalte abbilden. Eine börsennotierte Kapitalgesellschaft wird andere Bilanzposten ausweisen als ein mittelständischer Handwerksbetrieb oder eine Familienpersonengesellschaft. Für diese unterschiedlichen Anforderungen an Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung trifft die Taxonomie Vorsorge. In der praktischen Anwendung sind vom einzelnen Unternehmen nur diejenigen Mussfelder ausgefüllt zu übermitteln, die tatsächlich realisierte steuererhebliche Sachverhalte betreffen. Alle anderen Datenfelder übermittelt die eingesetzte Software automatisch „Ohne Wert“ (= NIL-Wert). Damit werden nicht mehr Angaben verlangt als zuvor schon in Papierform.

Um im Einzelfall Eingriffe in das Buchungsverhalten der Unternehmen zu vermeiden, hat die Finanzverwaltung sog. Auffangpositionen zugelassen. Diese Auffangpositionen werden auch zukünftig zur Verfügung stehen und beispielsweise dann benötigt werden, wenn Rechtsänderungen umzusetzen sind. Damit bleibt den Unternehmen Zeit, sich auf diese Änderungen einzustellen und wenn nötig Anpassung in ihrem Rechnungswesen vorzunehmen.

Die E-Bilanz zeigt einen ausgewogenen Mittelweg zwischen Finanzverwaltung und Wirtschaft auf und stellt zugleich einen Beitrag zur Beseitigung bürokratischen Aufwands sowohl für die Verwaltung als auch für die Unternehmen dar.

Die Konzeption, wie sie jetzt entstanden ist, und die Regelungen für ihre Umsetzung sind nach einem bisher einmaligen Abstimmungsprozess zwischen den Beteiligten entstanden und veröffentlicht worden. Gleichzeitig ist zugelassen worden, dass die Bilanz für das Wirtschaftsjahr 2012 oder 2012/2013 noch in einer Papierfassung vorgelegt werden kann. Eine weitere Verschiebung der erstmaligen Anwendung der E-Bilanz wird es aber nicht geben. Die meisten Beteiligten – die Unternehmen und ihre Berater sowie die Softwarehersteller – haben sich zwischenzeitlich auf diese zeitliche Anwendung eingestellt und im Vertrauen auf die Rechtsverbindlichkeit der veröffentlichten Taxonomie bereits finanzielle und organisatorische Dispositionen getroffen. Im Ausnahmefall kann beim örtlich zuständigen Finanzamt ein Härtefallantrag nach § 5b Absatz 2 EStG gestellt werden. Ein Härtefallantrag ist regelmäßig begründet, wenn die Einhaltung der elektronischen Übermittlungsverpflichtung aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist. Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden.

Ich bin zuversichtlich, Unternehmen, die sich auf die E-Bilanz einlassen, werden schon bald die Vorteile der neuartigen und medienbruchfreien Übermittlung der Steuererklärungsdaten erkennen und schätzen.

Mit der E-Bilanz gehen wir in Deutschland einen großen Schritt hin zu modernen Verfahren in der praktischen Anwendung unseres Steuersystems, und das für Unternehmen und Verwaltung gleichermaßen.

Zur Pressemitteilung zur E-Bilanz gelangen Sie hier.

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