Am 1. Mai 2004 traten insgesamt zehn Länder der Europäischen Union bei: Polen, die Tschechische Republik, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Lettland, Estland, Litauen, Zypern und Malta. Ihr Beitritt bildete das wesentliche Fundament der europäischen Einigung.
25 Mitgliedstaaten, mehr als 70 Millionen neue EU-Bürgerinnen und Bürger und neun weitere Amtssprachen – das war 2004 die Bilanz der bisher umfassendsten EU-Erweiterungsrunde. Sie war eine große politische und wirtschaftliche Herausforderung – und auch eine historische Chance. Nach Jahrzehnten der Teilung fand Europa – Ost und West – wieder zusammen.
Auch heute, zehn Jahre danach, weiß Europa um die Leistung der Osterweiterung. Zuletzt trat Kroatien am 1. Januar 2013 als 28. Mitglied der EU bei. Mit der europäischen Einigung hat Europa die Lehren aus seiner leidvollen Geschichte gezogen. Sie ist und bleibt auch im 21. Jahrhundert das große Versprechen von Frieden, Freiheit und von Wohlstand.
Neuen wie alten Mitgliedstaaten brachte die EU-Erweiterung wirtschaftliche und politische Vorteile. In den neuen Mitgliedstaaten wurde die Wirtschaft modernisiert, die Zugehörigkeit zum europäischen Binnenmarkt ließ die Wirtschaft wachsen. Der Lebensstandard stieg spürbar. Für die bisherigen Mitgliedstaaten eröffneten sich nach der Erweiterung neue Investitions- und Exportmärkte. Zunehmender Handel stärkte den europäischen Binnenmarkt und förderte die Wettbewerbsfähigkeit der EU.
Davon konnte auch Deutschland profitieren. Die wirtschaftliche Stabilität und der gestiegene Handel mit den neuen Länder erhöhte unter anderem die Nachfrage nach deutschen Waren. Positiv wirkte sich dies besonders auf den Arbeitsmarkt aus – nach Schätzungen des Deutschen Industrie und Handelskammertages entstanden so bundesweit rund eine Millionen neue Stellen. Eine Senkung des Lohnniveaus oder eine erhöhte Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte aus den östlichen Ländern traten dagegen nicht ein.
Unterstützung bekamen die neuen Mitgliedsländer auch bei der Reform des politischen Systems: Stabilität, Demokratie und Grundrechte wurden geschaffen, die Lebensqualität vieler Menschen verbesserte sich. Die Erweiterungspolitik der EU macht Europa sicherer und stabiler. Sie ermöglicht uns, zu wachsen, unsere Werte voranzubringen und unsere Rolle als Globaler Mitgestalter auf der Weltbühne wahrzunehmen.
Zudem haben sich im Zuge des EU-Beitritts auch die Minderheitenrechte für unsere deutschen Landsleute in Mittel-und Osteuropa nachhaltig positiv entwickelt.
Hierzu haben die durch den EU-Beitritt positiven politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungen in diesen Staaten ebenso beigetragen, wie bilaterale Verträge und Abkommen Deutschlands mit minderheitenfreundlichen Klauseln sowie die Förderung der deutschen Minderheiten in den Heimatstaaten durch die Bundesregierung. Durch deren Mitgliedschaft in der EU hat zudem auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union in den neuen Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa Gültigkeit. Diese verbietet in Art.1 Abs.1 Diskriminierungen auf Grund der Sprache oder der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit. Zudem verpflichtet die Union sich in Art. 22 der Charta zur Achtung der Kulturen, Religionen und Sprachen. Zudem sind das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in neuen EU-Mitgliedsstaaten in Mittel- und Osteuropa in Kraft getreten.
10 Jahre nach der EU-Osterweiterung lässt sich zudem eine neue Aufgeschlossenheit der Heimatstaaten gegenüber ihren Minderheiten feststellen. Diese findet zum Teil ihren Niederschlag in nationalen Schutzgesetzen, etwa dem in der Tschechischen Republik geltenden Gesetz über die Rechte der Angehörigen der nationalen Minderheiten.
Es gilt als Europäische Union dafür Sorge zu tragen, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Dazu gehört auch das uneingeschränkte Selbstbestimmungsrecht der Völker und ein umfassender Schutz der Volksgruppen. Dies gilt auch für all die Staaten, die nicht zur Europäischen Union gehören, wie beispielsweise die Ukraine, wo allein rund 33.000 Angehörige der deutschen Minderheit leben und wo seit der Unabhängigkeit die Frage der Wiederherstellung der Rechte der verfolgten Völker nicht entschieden ist.
In den 2004 beigetretenen osteuropäischen EU-Mitgliedsländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien gelten Demokratie und Rechtsstaat und es herrschen Frieden und Stabilität. Hierzu hat der EU-Beitritt in diesen Ländern einen entscheidenden Beitrag geleistet. Dass 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs und 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs Frieden und Stabilität in Europa keine Selbstverständlichkeit sind, wird am 10. Jahrestag der EU-Osterweiterung besonders deutlich: Die Ereignisse in der Ukraine haben Europa und die Welt in die schwerste Krise seit dem Fall des Eisernen Vorhangs geführt und es zeigt sich, dass die Aufgabe, Europa besser und stärker zu machen, ganz oben auf der politischen Agenda der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bleiben muss. Nur gemeinsam werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen meistern und Frieden und Stabilität in Europa auch für die kommenden Generationen sichern können!
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