Nach Bekanntwerden weiterer prominenter Fälle von Steuerhinterziehung erwägt die Bundesregierung eine Verschärfung der Regeln für strafbefreiende Selbstanzeigen. Dies erfolgt im Rahmen einer Staatssekretärsrunde von Bund und Ländern. Deutliche Gesetzesverschärfungen könnten nach anschließenden Entscheidungen der Finanzministerkonferenz rasch beschlossen werden.
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine schwere Straftat. Jeder Steuersünder muss sich nach Recht und Gesetz vor der Justiz verantworten. Eine völlige Abschaffung der Möglichkeit zur Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung von Summen in Millionenhöhe, so wie es der SPD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann MdB, fordert, halte ich allerdings für nicht zielführend. Steuern müssen ordnungsgemäß bezahlt werden. Auch ist eine entsprechende Strafverfolgung bei Steuerhinterziehung unabdingbar. Bund und Länder suchen gemeinsam nach Ansatzpunkten für eine Verschärfungen der bestehenden Regeln. So könnte beispielsweise die Strafbefreiung davon abhängig gemacht werden, dass alle steuerrelevanten Vorgänge der letzten zehn Jahre – derzeit sind es fünf Jahre – lückenlos offengelegt werden. Die Straf-Zahlung von fünf Prozent des hinterzogenen Vermögens bei Hinterziehungen von über 50.000 Euro könnte erhöht oder gestaffelt werden. Möglich wäre auch, die Selbstanzeige nur ein Mal im „Steuerleben“ zuzulassen.
Insgesamt hat sich das Rechtsinstrument der Selbstanzeige aber bewährt und sollte nicht angetastet werden. Ankäufe von Daten-CDs mit Steuerinformationen und einzelne prominente Hinterziehungsfälle haben schließlich im vergangenen Jahr die Zahl der Selbstanzeigen um das Dreifache steigen lassen. Eine Abschaffung des Rechtsinstruments der strafbefreienden Selbstanzeige würde nur dazu führen, dass zahlreiche Steuersünder weiter in der Illegalität verharren.
Die strafbefreiende Selbstanzeige wurde übrigens im Jahr 2009 und 2011 bereits wesentlich verschärft, wofür sich die Union maßgeblich eingesetzt hat. Straffreiheit erlangt schon heute nur noch der, der vollständig alle Teile der Steuerhinterziehung aufdeckt. Zudem muss die Selbstanzeige vor einer Prüfungsanordnung des Finanzamtes stattfinden. Die Straffreiheit tritt nur dann ein, wenn die Steuern innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist auch nachentrichtet wurden. Die vom Steuersünder zu leistende Zahlung beinhaltet auch die Verzinsung und die Wiedergutmachung der Steuerschuld.
Wir müssen weiterhin alles dafür tun, dass Steuerhinterziehung entschieden bekämpft wird. Hierfür sind aber insbesondere weitere Steuerabkommen mit anderen Staaten zwingend erforderlich. Ich bedauere es daher sehr, dass in der letzten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat blockiert wurde. Mit dem Abkommen wäre jeder, der Gelder in die Schweiz verbracht hat, zur Besteuerung herangezogen worden. Nach Einschätzung des Bundesministeriums der Finanzen hätten Bund und Länder rund 10 Mrd. Euro alleine aus der Nachversteuerung eingenommen. Hinzu wäre eine Abgeltungsbesteuerung nach deutschem Vorbild für künftige Erträge hinzugekommen. Ohne das Steuerabkommen verjähren nun die Steueransprüche des deutschen Staates.
Eine Selbstanzeige und damit die Nachversteuerung inklusive Strafzinsen kann für Steuerhinterzieher übrigens oftmals günstiger ausfallen, als beispielsweise die damals vorgesehene Nachversteuerung bei dem gescheiterten Steuerabkommen mit der Schweiz. Das Abkommen hätte für eine Besteuerung des vollständigen ins Ausland gebrachten Vermögens von Hinterziehern gesorgt und zwar auch dann, wenn die Steueransprüche bereits verjährt gewesen wären. Dagegen geht es bei einer Selbstanzeige nur um die noch nicht verjährten Steueransprüche. Die Steuerbelastung durch das Steuerabkommen wäre insgesamt deutlich höher gewesen als bei einer Selbstanzeige. Dies sollte bei der gegenwärtigen Debatte über eine Verschärfung der Regeln für strafbefreiende Selbstanzeigen nicht außer Acht gelassen werden.
Eine Kolumne von Jan Fleischhauer zum Thema bei „Spiegel-online“ finden Sie hier.
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