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Minderheitspolitik ist Friedenspolitik / Rechtsstaat nicht durch neues völkisches Denken in Frage stellen – Kulturgespräch zum Thema „Kulturelle Vielfalt in Deutschland – 20 Jahre Anerkennung der nationalen Minderheiten“
23. Oktober 2017
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Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk mit dem Minderheitenrat der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen im Schloss Fantaisie in Eckersdorf

Auf Einladung des Minderheitenrates der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands fand am 20. Oktober 2017 ein Kulturgespräch zum Thema „Kulturelle Vielfalt in Deutschland – 20 Jahre Anerkennung der nationalen Minderheiten“ im Schloss Fantaisie in Eckersdorf statt. Neben der Vorstellung der jeweiligen Minderheiten wurden ebenso auf kulturell-politische Fragestellungen, wie die zukünftigen Herausforderungen und die Europapolitik der Volksgruppen, eingegangen.

Toleranz sei ihm zu wenig, sagte Koschyk. Er zitierte den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der Minderheitspolitik als Friedenpolitik bezeichnet hatte. Scharf verurteilte er, dass junge Sorben in Sachsen gewalttätig angegriffen und die NPD mit dumpfen Parolen Stimmung gegen Sinti und Roma macht. Dennoch sei in Deutschland in Sachen Minderheitenpolitik in den zurückliegenden 20 Jahren vieles Positive erreicht worden. Um die Sprachen der Minderheiten in die junge Generation zu tragen, forderte Koschyk, auf Bilingualität zu setzen. Das bedeutet, nicht nur in den Schulen, auch schon in der frühkindlichen Erziehung sollten Kinder mit den Sprachen der Minderheiten konfrontiert werden.

Die nationalen Minderheiten und Volksgruppen Deutschlands stünden für die Vielfalt in unserem Land, sagte der Minderheitenratsvorsitzende Statnik. Die Sprache und eine vielschichtige Kultur machten dabei stets eine eigene Identität aus, so Bernhard Ziesch vom Bund Lausitzer Sorben. Rund 60000 Sorben gibt es seinen Worten zufolge, etwa zwei Drittel davon lebten in Sachsen, ein Drittel in Brandenburg.

„Wir sind zu 100 Prozent integriert und leben in keiner Parallelgesellschaft“, stellte Jens A. Christiansen, Generalsekretär der Dänen in Südschleswig, klar. Die explizit in der Verfassung von Schleswig Holstein erwähnte Minderheit habe dort unter anderem 45 Schulen, davon zwei Gymnasien, eine eigene Zeitung und eine eigene Bibliothek. Heiko Gauert vom Bundesrat für Niederdeutsch erläuterte die große Verwandtschaft des Niederdeutschen mit der englischen Sprache. Ein Drittel der dänischen, schwedischen und norwegischen Sprache stamme aus dem Plattdeutschen, das in Deutschland von zwei Millionen Menschen in acht Bundesländern gesprochen werde.

Über die Deutschen Sinti und Roma seien am meisten Klischees und Stigmata verbreitet, so dass viele ihre Zugehörigkeit oft gar nicht zugeben, sagte der Zentralratsvorsitzende Romani Rose. Dabei hätten sich gerade die deutschen Sinti und Roma immer besonders stark mit ihrer Heimat identifiziert, viele seien sogar Teilnehmer am 1. Weltkrieg gewesen. Erst mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 habe sich alles verändert.

Kulturelle und nationale Identität dürften staatlicherseits nicht zu Gegensätzen gemacht werden, sagte Rose. Alles andere bedeute Ausgrenzung und zwinge gerade Sinti und Roma in die Anonymität. Vor dem Hintergrund des Wahlerfolges der AfD warnte Rose davor, den Rechtsstaat durch neues völkisches Denken in Frage zu stellen. Neuer Nationalismus spalte die Gesellschaft. Ihn stimme aber durchaus optimistisch, dass sich die 87 Prozent, die nicht AfD gewählt hätten, bewusst gegen diese Spaltung und für die Demokratie entschieden hätten.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde zudem die Möglichkeit ergriffen, sich vom Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk, zu verabschieden, der am 31. Oktober 2017 aus dem Amt ausscheiden wird. Koschyk habe sich weit über das normale Maß hinaus für die Lausitzer Sorben, die Dänen in Südschleswig, die Deutschen Sinti und Roma, für die Friesen sowie für die den Minderheiten gleichgestellten Vertretern der Regionalsprache Niederdeutsch (Plattdeutsch) eingesetzt, sagte der Vorsitzende des Minderheitsrates David Statnik.

Mit dem Nachbau einer historischen Geige aus der Baden-Württembergischen Werkstatt Weiß bedankte sich der Zentralratsvorsitzende der Deutschen Sinti und Roma Romani Rose (links) beim bisherigen Bundesbeauftragten für nationale Minderheiten Hartmut Koschyk für seinen außergewöhnlichen Einsatz für die Volksgruppe. Mit im Bild ist Koschyks Ehefrau Gudrun.

Koschyk habe entscheidend dazu beigetragen, die nationalen Minderheiten auf das schwierige Parkett der Parlamentsdebatten zu bringen. Seine Prämisse sei stets gewesen: „Minderheiten müssen akzeptiert, nicht toleriert werden“, so Statnik. Die Vertreter der Minderheiten nannten Koschyk einen großen Fürsprecher und Lobbyisten für ihre Sache. Das Amt des Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten hatte Koschyk seit Januar 2014 ausgeübt.

Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgten die in ihrer Heimat sehr bekannte junge friesische Musikerin Norma Schulz, die in ihren Liedern in deutscher und friesischer Sprache ihre Liebe zur Heimat eindrucksvoll zum Ausdruck bringt, und die junge Sintezza Scarlett Rani-Adler, Sopranistin und Jugend-musiziert-Bundespreisträgerin aus Bayreuth. Auch der in Bayreuth ansässige Zamirchor, unter der Leitung von Barbara Baier, hatte durch die Darbietung einiger Lieder dazu beigetragen.

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