Bayreuth. Mit einem bundesweiten Modellprojekt möchte die Handwerkskammer für Oberfranken die Azubi-Lücke schließen. Dabei sollen wesentlich stärker als bisher Gymnasiasten angesprochen und für eine Ausbildung im Handwerk begeistert werden. „Die Zahlen der Mittelschulabsolventen gehen dramatisch nach unten, deshalb müssen wir schnellstens neue Potentiale erschließen“, sagte HWK-Präsident Thomas Zimmer bei einem Besuch der CSU-Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (Lichtenfels), Hans-Peter Friedrich (Hof) und Hartmut Koschyk (Bayreuth).
Der Anfang ist gemacht: Präsident Zimmer war bereits bei den Schulleitern einiger Gymnasien in Bayreuth und Kulmbach sowie in der Gesamtschule Hollfeld und hat dabei durchaus positive Resonanz erhalten. „Uns geht es darum, die berufliche Bildung mehr in den Focus zu rücken“, sagte Zimmer. Handwerksmeister seien auch in der Industrie sehr gefragt, so HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller, denn gerade bei Meistern könne praktisches Denken fest vorausgesetzt werden. Wichtig sei es deshalb auch, den jungen Leuten zu vermitteln, dass der Abschluss des Bachelors und der des Meisters auf dem gleichen Qualitätslevel angesiedelt sind.
Alle drei Abgeordneten sagten dem beabsichtigten Modellprojekt zur Gewinnung von Gymnasiasten als künftige Azubis ihre Unterstützung zu. Bundesweit hätten in den zurückliegenden Jahren dramatische Fehlentwicklungen stattgefunden, sagte MdB Hans-Peter Friedrich. Es sei falsch gewesen, alle Schüler auf das Gymnasium zu schicken. Zum einen würden in manchen Bundesländern nur mehr 50 bis 60 Prozent übrig bleiben, die auch wirklich das Abitur ablegen, zum anderen würden viele praktische Begabungen völlig verloren gehen. Es sollte vor allem darum gehen, die Durchlässigkeit des Bildungssystems herauszustellen, so Hartmut Koschyk. Handwerksausbildung und Studium parallel, das sei eine Riesenchance für viele junge Leute, zumal sich damit auch vielversprechende Wege in die Selbstständigkeit eröffneten. Koschyk: „Wir müssen in Zukunft mehr für eine Kultur der Selbstständigkeit werben.“
Die verstärkte Ansprache von Gymnasiasten sei freilich nur ein Weg, um Fachkräfte und vor allem Auszubildende für das Handwerk zu begeistern. Die Kammer hatte dazu bereits ein Programm umgesetzt, das auf eigene Berufsmessen, auf den Einsatz eines Teams zur Nachwuchsförderung, auf Angebote für an- und ungelernte Mitarbeiter, auf ein jugendgerechtes Kommunikationskonzept sowie auf Handwerkspaten setzt.
Vor allem die Handwerkspaten seien einmalig in Deutschland, sagte Hauptgeschäftsführer Koller. Dabei handle es sich um Praktiker, die an Schulen gehen und dort als glaubhafte Botschafter die Werbetrommel für das Handwerk rühren. Das Besondere daran ist, dass oberfrankenweit flächendeckend bereits fast 400 solcher Botschafter ehrenamtliche im Einsatz sind.
HWK-Präsident Zimmer, Hauptgeschäftsführer Koller und die beiden Geschäftsführer Bernd Sauer und Rainer Beck gaben den Politkern auch einen Katalog an Erwartungen mit, der vor allem die Themen Breitband, Energie, Mindestlohn und Steuern betraf. Was den Mindestlohn angeht, fordert die HWK Ausnahmen für Azubis und Praktikanten. Jugendliche dürften mit einer Aussicht auf Entlohnung nach Mindestlohn nicht verleitet werden, auf eine Berufsausbildung zu verzichten, so Koller. Beim Breitband fordert das Handwerk eine flächendeckende Versorgung von mindestens 50 Megabit pro Sekunde und bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sollten der Anstieg der EEG-Umlage gestoppt, Überförderungen abgebaut und Einspeisevergütungen marktwirtschaftlich ausgestaltet werden.
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Sehr guter Ansatz für die Werbung neuer Auszubildenden, die
Im Handwerk dringend gebraucht werden!