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Sollte ein allgemeiner Gemeinschaftsdienst eingeführt werden? Hartmut Koschyk sagt entschieden „Ja“!
11. September 2010
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Die aktuelle Diskussion über eine Beendigung oder Aussetzung der Wehrpflicht führt zurecht auch zu einer intensiven Debatte über die Einführung anderer Dienstpflichten. Laut Grundgesetz darf der Staat seine Bürger nur zu dem besonderen Dienst der Landesverteidigung verpflichten. Eine Ausdehnung auf einen allgemeinen Gemeinschaftsdienst auch im sozialen und kulturellen Bereich oder im Umweltschutz würde daher eine Verfassungsänderung nötig machen. Laut einer Forsa-Umfrage für das Hamburger Magazin Stern und den Sender RTL befürworten 65 Prozent der Deutschen einen sozialen Pflichtdienst für junge Frauen und Männer. Gefragt, wie lange ein solcher Pflichtdienst dauern sollte, schlugen 23 Prozent der Befürworter einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vor. 20 Prozent sprachen sich für neun Monate aus. Die große Mehrheit, 55 Prozent der Befürworter hielt sogar ein Pflichtjahr von zwölf Monaten oder länger für sinnvoll.

Auch das Grundsatzprogramm der CSU befürwortet eine allgemeine Dienstpflicht. Dort steht: „Die Allgemeine Wehrpflicht bleibt von zentraler Bedeutung für unsere nationale Sicherheitsvorsorge. Angesichts der vielfältigen Gefahren für unsere Sicherheit und aus Gründen der Gerechtigkeit gegenüber der jungen Generation strebt die CSU eine Ausdehnung der Allgemeinen Wehrpflicht zu einer sicherheitspolitisch begründeten Dienstpflicht für Männer, die den Dienst auch im Zivil- und Katastrophenschutz ermöglicht, sowie eine bessere Anrechnung von Freiwilligendiensten an“.

Ein allgemeiner Gemeinschaftsdienst könnte einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, dass nachfolgende Generationen lernen, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen. Eine allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen würde auch soziale Kompetenz vermitteln, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land nachhaltig stärken kann.

Als weiteres Argument für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ist die Lastenverteilung zwischen Frauen und Männern zu nennen. Weil nur junge Männer zum Wehrdienst eingezogen werden, stehen auch nur sie vor der Frage, diesen zu verweigern und stattdessen Zivildienst zu leisten. Eine allgemeine Dienstpflicht trägt hingegen der Forderung nach Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann nach Art. 3 Abs. 2 und 3 GG und des entsprechenden Gleichbehandlungsgebotes für Frauen und Männer Rechnung.

Weiterhin ist der Staat bereits heute insbesondere im Pflege- und Sozialbereich und angesichts der zu erwartenden demographischen Entwicklung an seine Leistungsgrenze angelangt. Auch für den Umwelt- und Naturschutz, die Unterstützung von Familien mit Kleinkindern sowie für die Integrationsarbeit könnte eine allgemeine Dienstpflicht einen maßgeblichen Beitrag leisten. Es ist mehr als fraglich, ob ein verstärktes Angebot an Freiwilligendiensten ausreicht, um die Breite unserer gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen.

Ich teile die Auffassung des langjährigen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, dass die Gesellschaft ärmer wird, wenn junge Menschen von jeder Art von Herausforderung, etwas für die Gesellschaft zu tun, verschont bleiben.

Als Argument gegen die Einführung einer Allgemeinen Dienstpflicht für junge Erwachsene werden immer auch verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Natürlich sieht das geltende Verfassungsrecht eine allgemeine Dienstpflicht nicht vor, durch eine formell verfassungsändernde Gesetzgebungsmehrheit könnte das Grundgesetz allerdings geändert werden und ein allgemeiner Gemeinschaftsdienst eingeführt werden.

Einer sich zunehmend entsolidarisierenden Gesellschaft tut es gut, Dienstbereitschaft für die Gemeinschaft auch staatlicherseits zu fördern. Deshalb sage ich entschieden Ja zu einem vertieften Nachdenken über einen allgemeinen Gemeinschaftsdienst.

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aufgenommen am 10.04.2024 in Muenchen.

Foto: Joerg Koch/ Bayerische Staatskanzlei
Fotograf: Joerg Koch
joerg@joergkochfoto.de;
+49-175-1815173;

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There is 1 comment

  • Sehr geehrter Herr Koschyk,

    besser wäre ein deutlicher Ausbau der Freiwilligendienste. Hier werden Bildung mit Engagement von jungen Menschen kombiniert. Schon jetzt kann die Nachfrage von Jugendlichen nach FSJ & FÖJ-Stellen bei weitem nicht gedeckt werden. In der Jugendarbeit machen wir seit vielen Jahren positive Erfahrungen mit dieser Dienstform.

    Mehr dazu: http://www.evangelische-jugend.de/index.php?id=471&tx_ttnews%5Btt_news%5D=399&tx_ttnews%5BbackPid%5D=24&cHash=3a1be8645b

    Viele Grüße

    Manfred Walter, Evangelische Landjugend
    Landessekretär

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