Der Titel der diesjährigen Komosvorlesung versprach nicht zu viel: Peter Korneffel, freier Auslandskorrespondent und ZEIT-Reisender auf Humboldts Spuren in Lateinamerika, begab sich mit dem Publikum, darunter einige Mitglieder des Briefmarkensammlervereins Bayreuth auf eine wahrlich unglaubliche Reise in die Welt der Philatelie.
Der Vorsitzende des Alexander von Humboldt-Kulturforums begrüßte die Gäste in der „schönsten Stube Oberfrankens“, dem Landratssaal der Regierung von Oberfranken, den die anwesende Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz ein weiteres Mal für die traditionelle Kosmosvorlesung zur Verfügung gestellt hatte. Diese wiederum zollte dem Kulturforum Lob, dass es gelungen sei, in diesen düsteren Zeiten einen Lichtblick mit dieser Veranstaltung zu aufscheinen zu lassen.
Peter Korneffel, selbst soeben erst von einer längeren Lateinamerikareise zurückgekehrt und schon wieder auf dem Sprung zur nächsten Reise, zog von Beginn an die Teilnehmer mit seinen spannenden Ausführungen in den Bann.
Was gibt es für viele Dinge, die nach und nach aus unserem täglichen Leben verschwinden: den Tauchsieder, die Postkutschen, das Telefax, aber bedauerlicherweise auch Tier- und Pflanzenarten. Und auch die Briefmarke hat in einer Welt der elektronischen Post an Bedeutung verloren. Für einen Vielschreiber wie Alexander von Humboldt wäre das eine Katastrophe gewesen, hat er doch mehr als 60.000 Briefe auf den Weg gebracht. Zunächst geschah das u. a. tatsächlich schwimmend, mit Postkutsche oder per Schiff, bevor im Jahr 1840 der Engländer Rowland Hill die Briefmarke erfand, die ab 1850 auch Deutschland eroberte – mit König Friedrich Wilhelm IV als Motiv – und so einen geregelten Postaustausch ermöglichte.
Schon ein Jahr nach Humboldts Tod, 1860, wurde der Name „Humboldt“ erstmals auf eine Briefmarke gedruckt. Der Postkutschenbetreiber Samuel Langton aus dem US-Bundesstaat Nevada bot seine Dienste zur Postbeförderung an und gab dazu 1860 eine Briefmarke von 25 Cent als Aufschlag für die unwegsame Strecke von Carson City zu den Silberminen im Humboldt Canyon, betitelt mit dem Namen „Humboldt-Express“, heraus.
Die erste Briefmarke, die den großen Universalgelehrten auch selbst abbildete, erschien aber erst im Jahr 1950 in der damaligen DDR anlässlich des 250. Gründungstages der deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin (in welche Humboldt im Jahr 1800 mit 30 Jahren neben zahlreichen renommierten Gelehrten) als Chemiker aufgenommen worden war.
Seit dieser Zeit wurde Humboldt zum Motiv zahlreicher Briefmarken, aber auch viele seiner entdeckten Pflanzen oder Tiere finden sich auf Postwertzeichen der ganzen Welt wieder.
Peter Korneffel ist es in erstaunlicher Weise gelungen, alle Humboldt-Briefmarken aus 25 Ländern (über 100!) – soweit bekannt – vollständig als ungestempelte, originale Exemplare zu erwerben. Er hat dies in einem bemerkenswerten kleinen Büchlein aufgelistet und mit akribisch genau recherchiertem Detailwissen in spannende Hintergrundgeschichten verpackt.
Und damit beginnt die „Weltreise“ mit Alexander von Humboldt, die viele Höhepunkte aufzuweisen hat: so zierte die letzte Briefmarke des noch zu Frankreich gehörenden Saarlands das Konterfei Humboldts auf einer 15-Franc-Marke zum 100. Todestag und eine ecuadorianische Marke zeichnet Humboldt komplett nur aus Lettern nach.
Mehr als bemerkenswert ist die Tatsache, dass jede zweite Briefmarke mit Alexander von Humboldt als Motiv aus einem südamerikanischen Land stammt. Selbst südamerikanische Länder wie Chile und Bolivien (neben anderen europäischen, afrikanischen oder asiatischen Ländern), die Humboldt nie bereist hat, haben Marken mit dem Universalgelehrten herausgebracht, um ihre tiefe Verehrung für den Wissenschaftler zum Ausdruck zu bringen.
Neben der Vielfalt und der Schönheit, die den Humboldt-Briefmarken innewohnt, stellt sich dem Betrachter die Frage, warum, ja warum nur diesem Genie in Deutschland, wo er geboren wurde, wo er wirkte und von wo aus er die globale Wissenschaft entscheidend geprägt hat, nur ein Bruchteil der Wertschätzung, die ihm im Rest der Welt zuteil wird, wiederfährt. In nahezu allen südamerikanischen Ländern nämlich ist Alexander von Humboldt, so Peter Korneffel, der bekannteste und am meisten geschätzte Deutsche überhaupt!
Am Schluss des Vortrags hatte das Publikum die Möglichkeit, dem versierten Referenten Fragen zu stellen, wovon auch rege Gebrauch gemacht wurde.
Hartmut Koschyk bedankte sich bei Peter Korneffel mit der jüngst veröffentlichten Handreichung für alle oberfränkischen Grund- und Förderschulen zu einer Projektwoche an diesen Schulen, einer derzeit noch immer blühenden Humboldt-Rose, einer Flasche Humboldtgeist sowie einem Humboldt-Püppchen. Diese anmutige Kreation ist ein von einer Frauen-Kooperative in Bolivien handgefertigtes Humboldt-Püppchen in dankbarer Erinnerung an Alexander von Humboldts Eintreten für die Unabhängigkeit der Staaten Lateinamerikas.
Dieses Püppchen sowie das von Dorothee von Humboldt und Michael Grimm verfasste Kinderbuch „Der kleine Alexander“ erhielt Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz für ihre Unterstützung des Kulturforums.
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