Die künftige Landwirtschaftspolitik sollte vor allem danach ausgerichtet werden, dass sowohl die Dorfentwicklung als auch die Honorierung der Landschaftspflege auch weiterhin eine wichtige Rolle einnehmen. Darin waren sich die beiden Parlamentarischen Staatssekretäre Gerd Müller (Landwirtschaft) und Hartmut Koschyk (Finanzen) bei ihrem Besuch am Dienstag in der Fränkischen Schweiz einig. „Wir wollen, dass unsere Kinder auch in zehn oder 20 Jahren noch in den Dörfern bleiben können und nicht in Ballungszentren abwandern müssen“, sagte Müller. Notwendig dafür sei eine intakte Infrastruktur, zu der neben Kindergärten und Schulen auch flächendeckende Mobilfunknetze und ein schnelles Internet gehört. Ohne entsprechende DSL-Verbindungen könne man heute gar nicht mehr studieren, geschweige denn ein Gewerbegebiet ausweisen.
Wichtig sei es aber auch, dass die Bauern für die Pflege der Landschaft entsprechend honoriert werden. Das gelte insbesondere für eine kleinteilige und vielfältige Landschaft wie sie in der Fränkischen Schweiz mit ihren vielen Streuobstwiesen vorherrscht. Darauf sind nicht nur die 1900 Obstbauern im Landkreis Forchheim angewiesen, sondern als direkte Vermarktungseinrichtung auch das genossenschaftliche Unternehmen „Pretzfelder Fruchtsaftkelterei – Obstgroßmarkt Fränkische Schweiz“. 2,3 Millionen Liter Saft hat die Genossenschaft nach den Worten ihres Vorstandes Georg Fleischmann im Spitzenjahr 2008 ausschließlich mit regionaler Ware erzeugt. Die Kirschen stammen dabei von den rund 800 Mitgliedern und werden über die Genossenschaft erfasst. Das übrige Obst, Zwetschgen, Äpfel und Nischenprodukte wie etwa Johannisbeeren, werden über Obstbauern aus der Region angekauft. Vermarktet wird der Saft nicht nur über zahlreiche Getränkemärkte in der Region, sondern auch über feste Lieferverträge an Großhandelsketten wie Rewe oder Edeka, während die übrige Frischware an Großmärkte in ganz Deutschland geht.
Derzeit investiert die Genossenschaft rund 500000 Euro in neue Tanks, Leitungen und eine Bodensanierung an seinem Standort in der Trattstraße in Pretzfeld. Eine neue Saftpresse wurde anlässlich des Besuches der beiden Staatssekretäre Müller und Koschyk offiziell in Betrieb genommen.
„Wir erzeugen ein regionales Premiumprodukt und arbeiten nicht mit Billigkonzentraten aus Rumänien oder China“, stellte Vorstand Fleischmann klar. Somit leiste das Unternehmen auch einen Beitrag zum Erhalt der zahlreichen Streuobstwiesen und damit zum Erhalt der heimischen Flora und Fauna. Darüber hinaus gibt es weder lange Transportwege, noch Einwegverpackungen. „Pretzfelder Fruchtsäfte kommen frisch und auf kurzem Weg direkt zum Verbraucher“, so der Vorstand.
Landwirtschaftsstaatssekretär Müller regte dabei auch an, dass sich alle Beteiligten, vom Erzeuger bis zum Verarbeiter, stärker in das staatliche Schulobstprogramm einbringen sollten. „Obstbauern müssten doch Interesse daran haben, dass Kinder frühzeitig mit Obst in Berührung kommen“, so Müller. Daneben riet er, stärker in Vermarktung und Imagewerbung zu gehen. Dies könnte entweder ein werbewirksames Obstfest sein oder aber auch der Ausschank vor Ort, wie es beispielsweise Weinbauern mit ihren Buschenschänken vormachen. Ein guter Anfang sei dabei nach den Worten Koschyks die Produktion eines Apfelsektes unter der geschützten Marke „Charlemagne“. Dieser zu Sekt vergorene Apfelmost werde bereits intensiv nachgefragt und habe mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt. Über eine weitere Möglichkeit der Obstverarbeitung informierten sich die beiden Staatssekretäre bei ihrem Besuch in Pretzfeld auch in der Edelbrennerei Haas, die seit mehreren Generationen hier ansässig ist und sortenreine Brände aus alten, besonders aromatischen Obstsorten herstellt.
Zuvor besuchten Müller und Koschyk die Obstbauversuchsstation in Hiltpoldstein und diskutierten vor Ort mit Obstbauern aus der Umgebung über die Bekämpfung der Kirschfruchtfliege. Dieses Thema bewege viele Menschen vor Ort, sagte Koschyk, schließlich gelte der Landkreis Forchheim als eines der größten zusammenhängenden Kirschanbaugebiete in Deutschland und Europa. Während das in Deutschland derzeit verwendete Mittel gegen die Fliege wenig helfe, beklagten sich die Obstbauern darüber, dass hierzulande verbotene Mittel in Nachbarländern wie Österreich oder Tschechien problemlos eingesetzt und die Kirschen anschließend auch nach Deutschland importiert werden dürften. Diesen Zustand werde es ab dem Jahr 2012 nicht mehr geben, sagte Staatssekretär Müller, denn dann gelte die EU-Pflanzenschutzregelung mit gleichen Standards für alle Länder.
There are 0 comments