Während des Gottesdienstes in Kreisau im November 1989 kam es zu einer historischen Versöhnungsszene zwischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowieck und Bundeskanzler Helmut Kohl, als diese den Friedensgruß miteinander austauschten
Zum Tod des ehemaligen polnischen Regierungschef Tadeusz Mazowiecki, erklärt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundeminister der Finanzen und Bayreuther Bundestagsabgeordnete, Hartmut Koschyk MdB:
„Mit großer Trauer habe ich vom Tod des ehemaligen polnische Regierungschef Tadeusz Mazowiecki, erfahren. Tadeusz Mazowiecki war Polens erster demokratisch gewählter Ministerpräsident nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und er hat sich große Verdienste für einen demokratischen Wandel in Polen, eine nachhaltige deutsch-polnische Aussöhnung und um die Deutsche Einheit erworben. Er war eine zentrale Persönlichkeit des polnischen Freiheitskampfes gegen die kommunistische Diktatur.
Von 1961 bis 1971 gehörte Mazowiecki der kleinen katholischen Abgeordnetengruppe „Znak“ im polnischen Parlament an, die sich unter anderem für eine Aussöhnung mit Deutschland einsetzte. Zu Beginn des demokratischen Umbruchs in Mittel- und Osteuropa beteiligte er sich an oppositionellen Bewegungen katholischer Intellektueller, unter anderem im Klub der katholischen Intelligenz in Breslau, gegen das kommunistische Regime der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei.
Während des Streiks auf der Danziger Lenin-Werft im Sommer 1980 gehörte Mazowiecki zu den engsten Beratern des späteren Präsidenten Lech Walesas und wurde Chefredakteur der Gewerkschaftszeitung „Tygodnik Solidarnosc“. Seinen mutigen Einsatz für einen demokratischen Wandel musste Masowiecki nach Verhängung des Kriegsrechts von 1981 bis 1982 mit einer Haftstrafe bezahlen. 1989 nahm er als Berater von Lech Wałęsa an den Gesprächen am Runden Tisch teil, um den friedlichen Übergang vom Kommunismus zur Demokratie zu verhandeln. Am 24. August 1989 wählte ihn der Sejm zum Premierminister. Er war der erste Regierungschef nach dem Zweiten Weltkrieg, der nicht dem kommunistischen Regime angehörte.
Unvergessen ist die vom damaligen Oppelner Bischof Prof. Dr. Alfons Nossol initiierte und zelebrierte Heilige Messe in Kreisau im November 1989 – wenige Tage nach dem Mauerfall in Berlin – gemeinsam mit Ministerpräsident Mazowiecki und Bundeskanzler Kohl als Zeichen für den Anbruch in eine neue Zeit des gemeinsamen Miteinanders im deutsch-polnischen Verhältnis. Während des Gottesdienstes kam es zu einer historischen Versöhnungsszene zwischen den beiden Politikern, als diese den Friedensgruß miteinander austauschten. Bei diesem Gottesdienst traten auch erstmals zahlreiche Angehörige der Deutschen Volksgruppe in Polen öffentlich in Erscheinung und dokumentierten ihre Brückenfunktion in den deutsch-polnischen Beziehungen. Damit wurde eine neue Zeit der Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland eingeleitet.
Auch nach Überwindung der Deutschen Teilung und dem demokratischen Wandel in Polen und den Ländern Mittel- und Osteuropas hat sich Tadeusz Mazowiecki stets für Demokratie und Rechtstaatlichkeit eingesetzt. Von 1992 bis 1995 war Mazowiecki Uno-Sonderbotschafter für den Konflikt im ehemaligen Jugoslawien. Von 2010 bis zu seinem Tod war er Berater des liberalen Staatspräsidenten Bronislaw Komorowski und er beschäftigte sich unter anderem mit Polens Rolle in der EU. Für sein Lebenswerk erhielt Mazowiecki zu Recht viele internationale Auszeichnungen. Die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihm im Jahr 2000 als „Vordenker der friedlichen Revolution in seiner Heimat“ und für seinen Beitrag zur Überwindung der europäischen Teilung das Bundesverdienstkreuz. Tadeusz Mazowiecki wird als Symbol der deutsch-polnischen Aussöhnung und als einer der Gründungsväter des wiedervereinigten Europas unvergessen bleiben.
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