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Arbeitssitzung mit anschließendem Festakt: 50 Jahr Beratender Ausschuss für Fragen der dänischen Minderheit beim Bundesministerium des Innern
3. Juli 2015
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Auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde am 1. Juli 1965 in Bonn der Beratende Ausschuss für Fragen der Dänischen Minderheit beim Bundesministerium des Innern im Beisein des damaligen Bundeskanzlers Ludwig Erhard konstituiert. Dieses Jubiläum nahm der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, dem die Leitung des Gremiums qua Amt obliegt, zum Anlass, die diesjährige Sitzung genau auf den Jubiläumstag zu legen und anschließend zu einem Festakt einzuladen, für den er als Hauptredner Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert gewinnen konnte.

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Während der Arbeitssitzung hob Jon Hardon Hansen als Vorsitzender der Selbstorganisation der dänischen Minderheit, des Sydslesvigsk Forening (SSF), die fortwährende Bedeutung der Bonn-Kopenhagener Erklärungen hervor, deren Unterzeichnung sich im März dieses Jahres zum 60. Mal jährten. Er begrüßte, dass durch einen fraktionsübergreifenden Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landtages die finanzielle Gleichstellung der dänischen Schulen in Schleswig-Holstein mittlerweile in der Landesverfassung festgeschrieben ist. Die Minderheitenbeauftragte des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, Renate Schnack, informierte die Teilnehmer des Beratenden Ausschusses über den kürzlich beschlossenen „Handlungsplan Sprachenpolitik“ der Landesregierung im Kontext von Regional- und Minderheitensprachen.

Der Generalsekretär des SSF, Jens A. Christiansen, berichtete über den Stand beim Vorhaben „Haus der Minderheiten Europas“ in Flensburg. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist die Sanierung des historischen „Packhauses“ in Flensburg, das im Eigentum der Selbstorganisation des SSF steht und unter dessen Dach auch das „Haus der Minderheiten Europas“ eine Bleibe finden soll. Einer der Mieter soll die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) werden. Nachdem das Packhaus vom SSF erworben wurde und Zusicherungen seitens des Königreichs Dänemark und der Stadt Flensburg über eine finanzielle Beteiligung an den Sanierungskosten vorliegen, setzt sich Bundesbeauftragter Koschyk politisch dafür ein, dass sich auch die Landes- und die Bundesregierung an diesem Vorhaben beteiligen. Ebenso wiederholte er die Notwendigkeit, die FUEV in die institutionelle Förderung des Bundes aufzunehmen.

Aufgabe des Beratenden Ausschusses ist es auch, einen kontinuierlichen Austausch zwischen der Dänischen Minderheit und dem Deutschen Bundestag sicherzustellen. Von Seiten des Parlaments nahmen daher an der Sitzung die von ihren jeweiligen Fraktionen benannten Bundestagsabgeordneten Dr. Sabine Sütterlin-Waack und Ingbert Liebing von der CDU/CSU-Fraktion, Franz Thönnes von der SPD-Fraktion sowie Cornelia Möhring von der Fraktion „Die Linke“ teil.

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In seiner Ansprache beim anschließenden Festakt verwies Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert darauf, dass am Anfang der Bismarckschen Einigungskriege der deutsch-dänische Krieg von 1864 gestanden hätte. Durch die Volksabstimmungen gemäß dem Versailler Vertrag wurde die bis heute gültige deutsch-dänische Grenze festgelegt. Der Zweite Weltkrieg mit der Besetzung des neutralen Dänemarks durch das nationalsozialistische Deutschland stellte eine schwere Hypothek für die deutsch-dänischen Beziehungen und insbesondere für die deutsche Minderheit in Nordschleswig und die dänische Minderheit in Südschleswig dar. Wenn sich heute die durch die Bonn-Kopenhagener Erklärungen eingeleitete deutsch-dänische Kooperation in den Minderheitenfragen so unauffällig gestaltet, sei das wohl zuallererst ein Zeichen dafür, dass diese so gut funktioniert. Gerade mit Blick auf die schwelenden Minderheitenkonflikte in Europa und die Kampfhandlungen in der Ostukraine betonte der Bundestagspräsident: „Für eine einvernehmliche Regelung von Konflikten ist kein Aufwand zu groß.“

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Der Botschafter des Königreichs Dänemark hob in seinem Grußwort drei wesentliche Prinzipien der Bonn-Kopenhagener Erklärungen hervor, die bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren hätten. Erstens sei festgeschrieben worden, dass das Bekenntnis zur jeweils deutschen und dänischen Nationalität und Kultur frei ist und von staatlicher Seite nicht bestritten oder überprüft werden darf. Zweitens sei den Minderheiten das Recht zugestanden worden, Schulen in eigener Trägerschaft zu unterhalten und die Schulprüfungen in eigener Zuständigkeit abzunehmen. Drittens würde die politische Partizipation der Minderheiten durch die Befreiung von der 5-Prozent-Hürde bei den Wahlen zum Schleswig-Holsteinischen Landtag und durch ein kommunales Sonderwahlrecht in Nordschleswig gewährleistet.

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Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Klaus Schlie, nannte als wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Bonn-Kopenhagener Erklärungen von 1955 den „Geist des Vertrauens“ zwischen Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung, der auf der Grundlage von 1955 aufbaute und 1965 dann einen sichtbaren und folgerichtigen Erfolg durch den Beratenden Ausschuss im Bundesministerium des Inneren fand. Waren bis vor einigen Jahrzehnten etwa Kontakte zwischen der dänischen und der deutschen Minderheit kaum denkbar gewesen, so seien beide Minderheiten heute enge Partner in einer Minderheitenarbeit, die die nationalen Grenzen schon längst hinter sich gelassen hat. Mittlerweile sehen sich beide Minderheiten als verlässliche Bündnispartner.

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Der Vorsitzende des Südschleswigschen Wählerverbandes und Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Flemming Meyer, zog einen persönlichen Rückblick auf die 50 Jahre seit der Einrichtung des Beratenden Ausschusses im Jahre 1965. Er habe damals als Dreizehnjähriger miterlebt, wie die Reise seines Vaters, des SSW-Landtagsabgeordneten Karl Otto Meyer, zur Konstituierung des Beratenden Ausschusses nach Bonn und seine Begegnung mit dem damaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard als ein ganz besonderes Ereignis angesehen wurde. Er habe als Kind einen unbeschwerten und spielerischen Umgang mit seinen deutschen Altersgenossen gehabt, von denen besonders viele Flüchtlinge und Vertriebene aus Ostpreußen gewesen seien. Heute sei die anfängliche Zurückhaltung, ja teilweise sogar Gegnerschaft der deutschen Mehrheitsbevölkerung gegenüber ihren dänischen Mitbürgern einer Kultur der Offenheit und Akzeptanz gewichen.

Bundesbeauftragter Koschyk wertete es in seinem Schlusswort als ein gutes Zeichen, dass heute auf den Sitzungen des Beratenden Ausschusses für die Fragen der dänischen Minderheit vielmehr über die Zukunft als über die Vergangenheit gesprochen wird. Er warb noch einmal nachdrücklich um politische Unterstützung für das Vorhaben, im von dem Sydslesvigsk Forening erworbenen Packhaus in Flensburg ein „Haus der Minderheiten“ einzurichten.

Zur Rede von Bundesbeauftragten Koschyk gelangen Sie hier

Zur Rede des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Klaus Schlie gelangen Sie hier

Zur Rede von Herrn Botschafter Per Poulsen-Hansen gelangen Sie hier

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