Für Deutschland International
Ausstellungseröffnung „IN ZWEI WELTEN – 25 Deutsche Geschichten, Deutsche Minderheiten stellen sich vor“
6. September 2017
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Bundesbeauftragter Koschyk mit Staatssekretär Attilla Fülöp

Im Beisein des für die Angelegenheiten nationaler Minderheiten zuständigen stellvertretenden Staatssekretärs im ungarischen Ministerium für Humanressourcen, Atilla Fülöp, des Präsidenten der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), Loránt Vincze, des Sprechers der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten in Europa (AGDM), Bernard Gaida, und des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, wurde in Berlin die eindrucksvolle und ansprechende AGDM-Ausstellung „In zwei Welten – 25 Geschichten“ eröffnet, die ein breites Bild über die heute noch bestehenden deutschen und deutschsprachigen Minderheiten in Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion vermittelt. Sie knüpft an die Broschüre „Deutsche Minderheiten stellen sich vor“, die 2016 vom Bundesministerium des Innern erstmals veröffentlicht wurde und deren aktualisierte Neuauflage ebenfalls am Abend der Ausstellungseröffnung vorgestellt wurde (zum Download der Broschüre gelangen Sie hier). An der Eröffnungsveranstaltung nahmen auch der Botschafter der Republik Estland, Dr. Mart Laanemäe, sowie weitere Vertreter des Diplomatischen Corps teil.

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Botschafter Dr. Péter Györkös

In seinem Grußwort nahm der Gastgeber, der ungarische Botschafter Dr. Péter Györkös, Bezug auf die Zahl 25, indem er auf die Verabschiedung des ungarischen Wiedergutmachungsgesetzes vor 25 Jahren hinwies, mit dem auch die deutsche Minderheit in Ungarn rehabilitiert wurde. Diese habe die sich aus dem Gesetz ergebenen Entwicklungsmöglichkeiten sehr gut genutzt, das deutschsprachige Schulwesen sei stark ausgebaut worden und die Zahl der ungarischen Bürger, die sich als Angehörige der deutschen Minderheiten bekennen, habe seitdem stetig immer weiter zugenommen. Der Botschafter betonte, dass aus europäischer Perspektive betrachtet alle Europäer Teil einer Minderheit seien.

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Staatssekretär Attilla Fülöp

Staatssekretär Fülöp unterstrich, Ungarn käme seinen Verpflichtungen gegenüber den autochthonen nationalen Minderheiten im eigenen Land ebenso nach wie denen gegenüber den ungarischen Minderheiten, die in anderen europäischen Ländern lebten. Die Leistungen des ungarischen Staates für nationale Minderheiten im eigenen Land hätten sich seit 2010 verdreifacht und beliefen sich jetzt auf umgerechnet 34 Millionen Euro im Jahr. Mit dieser Minderheitenpolitik wolle Ungarn nicht zuletzt zu einer Stärkung Europas beitragen.

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FUEN-Präsident Loránt Vincze

FUEN-Präsident Vincze nahm in seinem Grußwort Bezug auf die vielen Multimediastationen in der Ausstellung, die sich in der Gestaltung an den wuchtigen Reisekisten des 18. und 19. Jahrhunderts orientierten – die Vorfahren der meisten Angehörigen deutscher Minderheiten haben sich damals aus Deutschland mit solchen Transportbehältnissen auf den Weg in ihre neue Heimat gemacht. In der Ausstellung würden hiermit auch viele Zeugnisse präsentiert, die für die Angehörigen von Minderheiten von besonderer Bedeutung sind, z.B. Bibeln und religiöse Literatur sowie Familienfotos. Vincze sprach den Wunsch aus, dass die Ausstellung für möglichst viele der Aufbruch zu einer Reise werde, zu einer Reise in der Welt der deutschen Minderheiten.

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AGDM-Sprecher und VdG-Vorsitzender Bernard Gaida

AGDM-Sprecher Gaida, der auch Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) ist, nahm eine Rückschau auf die Entwicklung der deutschen Minderheiten in Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion seit dem Epochenwechsel 1989/91. Für die Menschen im früheren Ostblock habe sich die Aufhebung der Teilung Europas in untrennbarer Verbindung mit der Demokratisierung der vorher kommunistischen Diktaturen vollzogen. Die deutschen Minderheiten in diesen Ländern, deren Existenz oftmals verleugnet worden sei, hätten endlich ihre offizielle Anerkennung erleben dürfen, auch die Wiederbelebung der deutschen Sprache sei jetzt möglich gewesen. Gaida betonte, dass diese Ausstellung der AGDM keine rein historische sei, vielmehr ginge es um Gegenwart und Zukunft. Gerade weil der Erhalt des materiellen deutschen Kulturerbes sehr schwierig sei, müssten die deutschen Minderheiten der eigenen Sprache und Kultur in ihren „Herzen und Köpfen“ Schutz gewähren.

Ausstellung

Bundesbeauftragter Koschyk dankte zunächst dem Deutschen Bundestag dafür, dass er für die Ausstellung die vollständige Finanzierung in Höhe von 240.000 Euro zur Verfügung gestellt habe, und dieses zusätzlich zu der laufenden Minderheitenförderung. Sein Dank gelte insbesondere den beiden zuständigen Haushaltsberichterstattern der Koalitionsfraktionen, Dr. Reinhard Brandl und Martin Gerster, sowie den Abgeordneten Klaus Brähmig und Heinrich Zertik, die auch bei der Ausstellungseröffnung zugegen waren. Die Haushaltsmittel seien sehr gut eingesetzt, denn die gelungene Ausstellung eröffne neue Sichtweisen auf das Schicksal, auf die Lebenswirklichkeiten und auf die Zukunftsvisionen der deutschen Minderheiten in Europa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion. Der Titel „In zwei Welten“ weise auch darauf hin, dass es bei den Lebenswelten der deutschen Minderheiten um eine Beziehung als Minderheit zur Mehrheitsgesellschaft im jeweiligen Heimatland, aber auch als deutsche Minderheit zum Mutterland Deutschland gehe. Es sei leicht, von der „Brückenfunktion“ der Minderheiten nur zu reden, jeder Kenner von konkreter Minderheitenpolitik wisse jedoch, wie schwierig dieses in der Praxis sein kann. Jeder, der die Brückenfunktion in Anspruch nehmen wolle, müsse auch bereit sein, die Brückenpfeiler, d.h. die deutschen Minderheiten, zu ertüchtigen.

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Bundesbeauftragter Koschyk mit Ilze Garda und Aina Balasko, Verband der Deutschen in Lettland

Diesem Ziel diene, so Koschyk, auch die Ausstellung, indem sie künftig in Deutschland und in anderen Ländern über die deutschen Minderheiten informiere und über Kenntnis auch Verständnis erzeuge. Es würde anschaulich gezeigt, wie aus einer zu großen Teilen sehr leidvollen Vergangenheit neue Hoffnungen und Visionen geboren worden seien und wie man sich heute als Minderheit, die auch für die Sprache und Kultur der Mehrheitsgesellschaft offen ist, in gleichberechtigter Teilhabe behaupten kann.

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Oxana Richter am Klavier

Für Bundesbeauftragen Koschyk ist die Ungarische Botschaft in Berlin auch deshalb ein hervorragender und symbolträchtiger Ort zur Erstpräsentation der Ausstellung, weil im Jahre 1991 die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) unter dem Dach der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) in Budapest gegründet wurde. Für die deutschen und anderen autochthonen Minderheiten im östlichen Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion sei es eine glückliche Fügung gewesen, dass es im westlichen Europa 1990 bereits bewährte Erfahrungen im Minderheitenschutz gegeben habe. Koschyk nannte hier insbesondere die Bonn-Kopenhagener-Erklärungen von 1955 betreffend die dänische Minderheit in Südschleswig und die deutsche Minderheit in Nordschleswig, die Beilegung des Streites um Südtirol durch Verhandlungen zwischen Italien und Österreich sowie die Schaffung der Deutschsprachigen Gemeinschaft innerhalb des Königreichs Belgien. In der Fortschreibung dieser konkreten Regelungen im Minderheitenschutz konnten dann ab 1990 sehr rasch auf europäischer Ebene neue Standards im Minderheitenschutz gesetzt werden.

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Bundesbeauftragter Koschyk rief dazu auf, diese Standards weiterzuentwickeln und warb deshalb für eine Unterstützung der Europäischen Bürgerinitiative Minority SafePack (www.minority-safepack.eu). Vor dem Hintergrund einer Klage Rumäniens gegen die Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative durch die Europäische Kommission gab Koschyk seiner Hoffnung Ausdruck, dass Minority Safepack jetzt nicht durch diplomatische Fallstricke zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission gebremst werde.

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Minderheitenpolitik in Europa sei präventive Friedenspolitik, betonte der Bundesbeauftragte. Auch mit Hilfe einer Verständigung und Versöhnung schaffenden sowie traumatische Belastungen der Vergangenheit heilenden Erinnerungspolitik werde Deutschland auch weiterhin seine Politik gegenüber den vier autochthonen Minderheiten im eigenen Land (Dänen, Friesen, Sorben sowie deutsche Sinti und Roma), sowie den deutschen Minderheiten in Europa und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion und bei der Mitwirkung in der Minderheitenpolitik auf europäischer und internationaler Ebene gestalten.

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Kuratorin Dr. Katharina Weißbach

Unter der Gesamtkoordination der AGDM wurde die Ausstellung von Kuratorin Dr. Katharina Weißbach, dem Grafiker-Team DrNice ThemenWelten (www.drnice.de) und der Firma kmt ausstellungen (www.kmt-ausstellungen.de) entwickelt. Für die termingerechte Fertigstellung in kurzer Zeit sorgte die AGDM gemeinsam mit der Architektin Angelique Furtwängel. Als Gestalter und Koordinatoren wirkten Simone Schulz und André Kazenwadel, für die Technik Alexander Stenzel, für die Medien Anja Strehlitz, für Textdesign und Pädagogische Ideen Claudia Rücker mit. Im Content-Team der Ausstellung waren Sara Marie Plekat, Holger Stoecker, Iris Dannenbauer und Ricardo Tarli tätig. Mit fachkundiger Beratung unterstützten der Direktor und die Verwaltungsleiterin des Deutschen Kulturforums Östliches Europa, Dr. Harald Roth und Frauke Kraft, sowie Mitarbeiter des für die deutschen Minderheiten zuständigen Fachreferats AM 3 des Bundesministeriums des Innern.

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Durch den Eröffnungsabend mit klassischen und traditionellen Musikbeiträge von deutschen Minderheiten aus Russland, Polen und Ungarn führte der deutsch-dänische Schauspieler Herr Mathias Harrebye-Brandt.

Die Ausstellung kann noch bis zum 20. Oktober 2017 in der Botschaft der Republik Ungarn, Unter den Linden 76, 10117 Berlin, besichtigt werden.

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