Für Deutschland International
Fachgespräch über Förderung der deutschen Minderheiten im östlichen Europa / Staatsministerin Böhmer und Bundesbeauftragter luden ins Auswärtige Amt ein
1. Februar 2016
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Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer MdB (Mitte) und – links von ihr – Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB im Kreise der Vertreter der Deutschen Minderheiten und der Mittlerorganisationen

Die Unterstützung der Angehörigen der deutschen Minderheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sowie in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, die in ihrer angestammten verblieben sind, ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, der sich das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern mit einander ergänzenden Maßnahmenprogrammen annehmen.

Bei deren Umsetzung kommt den Mittlerorganisationen, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, dem Goethe-Institut (GI), dem Institut für Auslandsbeziehungen (IfA), der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) sowie dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) eine maßgebliche Bedeutung zu.

Mit dem Ziel eines Erfahrungsaustausches und der Ermittlung weiterer Synergiemöglichkeiten zwischen Mittlerorganisationen, Vertretern der deutschen Minderheiten und Abgeordneten des Deutschen Bundestages hatten Prof. Dr. Maria Böhmer MdB, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und Hartmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zu einem gemeinsamen Fachgespräch ins Auswärtige Amt einladen. An dem Fachgespräch nahm auch der Vorgänger Koschyks im Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Christoph Bergner MdB, sowie der Beauftragte für Auswärtige Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michael Reiffenstuel, teil.

Staatsministerin Professor Böhmer dankte Bundesbeauftragtem Koschyk für seine Initiative zu diesem Gespräch. Die Unterstützung deutscher Minderheiten sei ein fester Bestandteil der Kultur- und Bildungspolitik des Auswärtigen Amtes, das für die rund 1 Mio. Angehörigen der Deutschen Minderheiten, die in 23 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas sowie in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion leben, jährlich rund 5 Mio. Euro an Unterstützung leiste. Die jahrzehntelangen Erfahrungen in der Unterstützung der Deutschen Minderheiten in ihren Heimatländern seien gerade jetzt in den Überlegungen zur Integration der ankommenden Flüchtlinge sehr wichtig. Eine gute Integration in die Gesamtgesellschaft unter Wahrung der sprachlichen und kulturellen Besonderheiten gelinge nur dort, wo eine Mehrheitsgesellschaft offen für den Eigenwert der Minderheiten sei. Staatsministerin Professor Böhmer erinnerte an die Beratung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten mit Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier, die im November 2015 im Auswärtigen Amt stattfand.

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Nahm engagiert an der Diskussion teilt: Dr. Christoph Bergner (rechts), Mitglied im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik im Deutschen Bundestag und Amtsvorgänger Hartmut Koschyks (Mitte). Links: Michael Reiffenstuel, Koordinator für Auswärtige Kulturpolitik im Auswärtigen Amt

Bundesbeauftragter Koschyk dankte Staatsministerin Professor Böhmer für die Ermöglichung der Beratung in den Räumlichkeiten des Auswärtigen Amtes sowie für dessen Unterstützungen für die deutschen Minderheiten. Engagierte Botschafter und Mitarbeiter der deutschen diplomatischen Vertretungen sorgten dafür, dass die Unterstützungen durch die Bundesregierung im Geiste echter Partnerschaft und in völliger Transparenz, auch und gerade gegenüber den Regierungen und Verwaltungen der Heimatstaaten der Deutschen Minderheiten, erfolgen können. Bundesbeauftragter Koschyk hob hervor, dass aus der Tätigkeit der Selbstorganisationen der Deutschen Minderheiten auch ein Mehrwert für die Bundesrepublik Deutschland erwächst. Die jeweiligen Selbstorganisationen seien auch mit Vertretungen anderer Minderheiten in ihren Ländern vernetzt und leisteten dort nach dem Prinzip „Minderheiten helfen Minderheiten“ einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation der Minderheiten insgesamt und damit zur weiteren Stabilisierung von Staat und Gesellschaft.

Der Vorsitzende des Verbands der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, verwies darauf, dass es nicht nur um den Schutz des Deutschen als Minderheitensprache gehe, sondern in vielen Fällen sogar um dessen Revitalisierung. Dieses sei die Folge der jahrzehntelangen Unterdrückung der deutschen Sprache gerade in den Gebieten, wo eine größere deutsche Minderheit lebte. So war bis 1989 Deutsch die meistunterrichtete Fremdsprache in Polen, nur in Oberschlesien und im südlichen Ostpreußen gab es keine Schulen mit dem Unterrichtsfach Deutsch als Fremdsprache. In Polen gehe die Minderheit verstärkt den Weg, bilinguale Schulen in eigener Trägerschaft zu gründen.

Ottó Heinek, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, hob anerkennend hervor, dass sich in der Zusammenarbeit zwischen Selbstorganisation und Goethe-Institut eine begrüßenswerte „Natürlichkeit“ entwickelt habe. Neben Sprachkursen und Stipendien leiste das Goethe-Institut insbesondere bei der Fortbildung von Deutschlehrern sehr wertvolle Dienste. Beim DAAD wünschte sich Heinek eine stärkere Berücksichtigung der ungarndeutschen Minderheit, sowohl bei der Vergabe von Projektförderungen als auch bei der Auswahl von Stipendiaten.

In dieser Forderung wurde er sowohl vom Bundestagsabgeordneten Dr. Christoph Bergner als auch von Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, unterstützt. Porr lobte insbesondere die Qualität der Schulen, in denen das Deutsche Sprachdiplom erworben werden kann. Davon würden auch Investoren aus Deutschland stark profitieren. Das deutschsprachige Schulwesen in Rumänien mit seiner jahrhundertealten Tradition wird auf maßgebliche Initiative von Dr. Bergner durch das Auswärtige Amt gefördert; in 2016 steht hierfür insgesamt 1 Mio. Euro bereit.

Gerichtet an die Vertreter des Institutes für Auslandsbeziehungen machte der Vorsitzende des Rates der Deutschen in der Ukraine, Wolodymyr Leysle, den Vorschlag, ein besonderes Programm für Projekte aufzulegen, für das sich deutsch-ukrainische Städtepartnerschaften bewerben können. Auch würde er eine Erhöhung der Zahl der Sprachassistentinnen und –assistenten sehr begrüßen.

Die 1. Stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur in Moskau, Olga Martens, bedankte sich beim IfA für die geleistete Unterstützung der zweiwöchentlich erscheinenden Moskauer Deutschen Zeitung. Sie verwies darauf, dass die Deutschen Minderheiten für die meisten Bürger aus der Mehrheitsgesellschaft die ersten Anlaufstellen sind, wenn es um deutsche Sprache und Kultur geht. Sie könnten noch mehr als jetzt zu Projektträgern für die deutsche Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik werden, wodurch Synergieeffekte für beide Seiten entstünden. Für die künftige Zusammenarbeit mit den Mittlerorganisationen wünschte Martens sich mehr Informationen über Planungen, mehr Einbeziehungen und Konsultationen sowie mehr gemeinsame Umsetzungen.

Der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert, der die Minderheitenarbeit als Leiter der GI in Kiew (1997–2002) sowie in Moskau (2007–2012) aus eigener Erfahrung kennt, unterstrich die Bedeutung der Selbstorganisationen der Deutschen Minderheiten als wichtige Partner seines Hauses. Auch in politisch schwierigen Zeiten bleibe das GI an der Seite der Deutschen Minderheiten, so habe es etwa Ende 2014 in Moskau die Deutschlehrertage mit 1.600 Teilnehmern organisiert. Bundesbeauftragter Koschyk regte die Unterstützung für den Austausch zwischen einzelnen deutschen Theaterbühnen an, gerade weil Theaterspielen für die Revitalisierung der deutschen Sprache besonders effektiv ist. Er verwies als Beispiel auf das das Ensemble der „Deutschen Bühne Ungarn“ in Sechshard/Szekszárd, das 2012 im Berliner Admiralspalast ein Stück über das Leben von Raoul Wallenberg aufgeführt hatte.

Der Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen, Ronald Grätz, stellte die Fortbildungsarbeit für Mitarbeiter deutschsprachiger Medien als einen der Schwerpunkte des IfA vor. Es ginge dabei vor allem um Vernetzung, um die Möglichkeiten von Qualitätssteigerungen sowie um Soziale Medien. Gemeinsam mit dem Goethe-Institut führt das IfA grenzüberschreitend für junge Angehörige der Deutschen Minderheiten Sommercamps durch. Darüber hinaus ermöglicht es für Angehörige Deutscher Minderheiten Hospitationen bei einer Deutschen Minderheit in einem anderen Land, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, Ulrich Grothus, stellte das DAAD-Sonderprogramm „Deutsche Minderheiten“ vor. Dessen Schwerpunkt bilden Sprachprogramme für angehende Deutschlehrer. Er betonte, dass darüber hinaus DAAD-Programme und DAAD-Lektoren immer auch für einen Mehrwert für die Deutsche Minderheit in einem Land böten.

Die Leiterin des Fachbereichs Deutsches Sprachdiplom/Deutsch als Fremdsprache der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, Heike Toledo, berichtete von Überlegungen, in den Siedlungsgebieten der Deutschen Minderheiten auch solche Schulen von den Programmen zur Entsendung von Deutschlehrern profitieren zu lassen, die selbst (noch) kein Deutsches Sprachdiplom anbieten. Seit 15 Jahren laufe in Russland und in der Ukraine erfolgreich ein Junglehrermentorenprogramm. Speziell zur Verbesserung des deutschsprachigen Unterrichts von mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern habe die Telekom-Stiftung die Mittel für ein Stipendienprogramm speziell zur Gewinnung von deutschen Lehrkräften dieser Fächer zur Entsendung ins Ausland zur Verfügung gestellt. Der ZfA sei insgesamt an einer Stärkung der deutschsprachigen beruflichen Bildung gelegen, so werde derzeit überlegt, das bewährte Deutsche Sprachdiplom um eine speziell auf die Berufsbildung ausgerichtete Variante „DSD-Pro“ zu ergänzen.

Dr. Christoph Bergner, Mitglied im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, forderte, nicht immer den Fokus zuerst auf die qualitativ hochwertigen, aber auch sehr kostenintensiven Deutschen Auslandsschulen zu richten. Das gesamte deutschsprachige Schulwesen im Ausland bedürfe der Aufmerksamkeit der deutschen Politik. Speziell für bilinguale Schulen für die Deutschen Minderheiten müsse ein niederschwelliger Eintritt in das DSD-Programm geboten werden.

In seinem Schlusswort dankte Bundesbeauftragter Koschyk allen Teilnehmern für die offene und engagierte Diskussion. Er sprach sich für eine Verstetigung dieses Dialogs aus.

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