Weihnachtskrippe im Dom zu Temeswar(Banat/Rumänien). Quelle: Peter-Dietmar Leber
Das Jahr 2015 neigt sich dem Ende zu, bis zum Christfest ist es nur noch eine kurze Zeit. In diesem Jahr wünsche ich mir besonders, dass Weihnachten für diejenigen eine Zeit der Ruhe und Besinnung wird, die im vergehenden Jahr so viel erleben mussten. Ich denke an die vielen Flüchtlinge, die sich vor Krieg und Elend nach Deutschland retteten, und auch an die vielen ehren- und hauptamtlichen Helfer, die diesen Menschen bis an die Grenze ihrer Kräfte beistanden. Letztere verdienen unseren besonderen Dank.
Nicht zufällig sind es heute gerade die Vertreter der Heimatvertriebenen, Aussiedler und der nationalen Minderheiten in Deutschland und der deutschen Minderheiten in Europa, die sich mit einer besonderen Empathie für die Belange der Flüchtlinge einsetzten. Der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius MdB, hat die Mitglieder seines Verbandes kürzlich aufgerufen, „den leidgeprüften Menschen von heute mit noch mehr Empathie zu begegnen, als uns und unseren Müttern und Vätern vor 70 Jahren zuerst entgegengebracht wurde.“ Im Sinne der in Deutschland gelebten Werte sei es nötig, allen Kommenden menschlich zu begegnen. Der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen, Bernard Gaida, fasste es bei seiner Ansprache auf dem 5. Kulturfestival der Deutschen Minderheit im September in Breslau treffend zusammen: „Unsere Werte erlauben es uns nicht zu erfragen, ‚ob man helfen soll‘, sondern fordern von uns, sich die Frage zu stellen, ,wie soll man helfen‘.“ Besonders berührt hat mich beim letztgenannten Ereignis die Predigt des Oppelner Bischofs Dr. Andrzej Czaja beim feierlichen Eröffnungsgottesdienst in der Breslauer Kirche Maria auf dem Sande:
„Angesichts der vielen Militärkonflikte in der Welt und der Ratlosigkeit gegenüber dem Flüchtlingsstrom in Europa, werden in uns Zweifel und Ängste wach bezüglich unserer Zukunft, über das, was morgen kommt. Dies führt zu neuen Mauern, zu gegenseitigen Beschuldigungen; es wird die elementare Solidarität in Europa zersprengt.“
Unser Glaube sagt uns, dass Jesus unser Emmanuel sei, der unter uns lebt; Er ist ein Gott unter uns für gute und schlechte Zeiten. In der Kraft des Heiligen Geistes kommt er zu uns, um uns zu stärken – durch sein Wort, seine Gnade und Liebe. Er spricht zu uns: ‚Habt keine Angst. Ich habe die Welt besiegt‘. Von daher sollten wir nicht in Ängste verfallen und in Panik geraten. Wir sollten eher zu Gott zurückkehren. So, wie zu Beginn seines Wirkens auf Erden, ruft Jesus auch heute uns zu: ‚Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium‘.“
Trotz der vielen Herausforderung durch die zu uns kommenden Flüchtlinge ist es dieses Jahr gelungen, im Bundeshaushalt 2016 wesentliche Verbesserungen für die Heimatvertriebenen, die Aussiedler sowie für die nationalen Minderheiten in Deutschland und die deutschen Minderheiten in Europa und in den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion zu erreichen. Hierfür bin ich insbesonders den Haushaltspolitikern beider Koalitionsfraktionen sehr dankbar, aber auch den vielen anderen Mitstreitern im Deutschen Bundestag.
Am 20. Juni dieses Jahres haben wir erstmalig den vom Bundeskabinett 2014 beschlossenen nationalen „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ begangen. Damit ist ein vielfach geäußerter Wunsch aus Kreisen der Vertriebenen in Erfüllung gegangen. Mit dem Datum knüpft die Bundesregierung an den Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen an und erweitert das Flüchtlingsgedenken um das Schicksal der Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation. Das ist ein bedeutendes Zeichen der Verbundenheit mit den Deutschen, die als Flüchtlinge, Vertriebene und Deportierte ihre Heimat verlassen mussten, und ein weiterer wichtiger Schritt zur gesellschaftlichen Anerkennung ihres Schicksals. Dankbar waren wir für die Anwesenheit und die eindrucksvolle Ansprache unseres Staatsoberhaupts, Bundespräsident Joachim Gauck.
Liebe Aussiedler und Heimatvertriebene, liebe Sorben, Dänen und Friesen, liebe Sinti und Roma, liebe Sprechergruppe der Niederdeutschen, liebe deutsche Landsleute im Ausland! Sie alle vereint, dass Sie eine besondere Gruppe in einer größeren Gemeinschaft sind. Ziel meiner Arbeit als Beauftragter für Sie alle ist und bleibt es, dass Sie Ihre ganz besondere Identität frei und sicher leben und dabei in eine gute Zukunft blicken können.
Die Frage des Dreiklanges „Heimat, Identität, Glaube“ stand im Mittelpunkt einer beeindruckenden Veranstaltung, zu der der Bundesminister des Innern, Herr Dr. Thomas de Maizière, und ich im November dieses Jahres ins Bundesministerium des Innern nach Berlin eingeladen hatte. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich gemeinsam mit dem Bundesinnenminister eine so erfahrungsreiche Veranstaltung durchführen konnte und Vertreter der Vertriebenen und Aussiedler in Deutschland, der nationalen Minderheiten in Deutschland, der deutschen Minderheiten in Europa und den GUS-Staaten so zahlreich begrüßen konnte. Als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen werde ich in meiner Arbeit auch künftig immer einen Schwerpunkt auf den Dreiklang von Heimat – Identität – Glaube legen. Fehlt nämlich einer dieser Laute, geht die ganze Harmonie verloren.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine frohes und gnadenreiches Weihnachtsfest sowie ein gutes Neues Jahr 2016 mit viel Glück, Gesundheit und Zufriedenheit! Möge uns alle Gottes reicher Segen begleiten!
Hartmut Koschyk, MdB
Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten
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