Für Deutschland
Grußwort zum 50jährigen Bestehen des Nordfriisk Instituut in Bredstedt
5. Dezember 2015
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Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB gemeinsam mit dem Direktor des Nordfriisk Instituut in Bredstedt, Prof. Dr. Thomas Steensen

Die zentrale wissenschaftliche Einrichtung für die Nordfriesen, die ein Teil der Friesischen Volksgruppe sind, das Nordfriisk Instituut im schleswig-holsteinischen Bredtstedt (friesisch: Bräist) begeht am 5. Dezember 2015 sein 50jähriges Jubiläum. Im Rahmen der Feierlichkeit wird dem Institut ein Anbau übergeben, dessen Bau mit Mitteln aus dem Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit 420.000 Euro gefördert wurde.

Schriftliches Grußwort

des Beauftragten der Bundesregierung

für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten

Hartmut Koschyk MdB

Zum 50jährigen Bestehen des Nordfriisk Instituut im schleswigschen Bredstedt gratuliere ich im Namen der Bundesregierung, aber auch persönlich ganz herzlich.

Fünfzig Jahre sind eine stolze Zeit, für die eine würdige, feierliche Veranstaltung gerechtfertigt ist. Bereits im 19. Jahrhundert wurde das sprachliche und kulturelle Eigenbewusstsein breiter Schichten in den von Friesen besiedelten Gebieten geweckt. Wichtige Träger für die Arbeit der friesischen Bewegung in Nordfriesland sind die friesischen Vereine.

Der 1902 gegründete Nordfriesische Verein und die 1923 als Friesisch-Schleswigscher Verein gegründete Friisk Foriining wirken für ganz Nordfriesland. 1948 wurde der Verein Nordfriisk Instituut gegründet, dessen unermüdliche Arbeit sich schließlich 1964 mit der Einrichtung des Nordfriisk Insituut manifestierte. Ich freue mich, dass der heute zu übergebene Erweiterungsbau auch mit einer Bundesförderung in Höhe 420.000 Euro ermöglicht werden konnte.

Heute sprechen noch rund 10.000 Menschen in Nordfriesland die schöne alte friesische Sprache, rund 50.000 fühlen sich der Friesischen Volksgruppe zugehörig. Das ist mit Blick auf die letzten zwei Jahrhunderte eine dramatische Abnahme von aktiven Sprechern. Das darf uns allerdings nicht resignieren lassen, muss uns vielmehr zu noch größeren Anstrengungen antreiben.

Mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die traditionell auf ihrem Gebiet gesprochenen Sprachen als bedrohten Aspekt des europäischen Kulturerbes zu schützen und zu fördern. Mit der Charta sollen traditionell in einem Vertragsstaat gesprochene Sprachen als bedrohter Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt werden. Regionalsprache im Sinne der Charta ist in Deutschland das Niederdeutsche. Als Minderheitensprachen werden die Sprachen der nationalen Minderheiten der Dänen, Sorben (Nieder- und Obersorbisch), Friesen (Nord- und Saterfriesisch) und der deut-schen Sinti und Roma (Romanes) geschützt. Für diese Gruppen ist die Benutzung ihrer Sprachen identitätsstiftend.

Damit diese Sprachencharta in Zukunft mit noch mehr Leben erfüllt wird, haben im November letzten Jahres die im Minderheitenrat zusammengeschlossenen nationalen, autochthonen Minderheiten in Deutschland auf einer ausgesprochen gelungenen Veranstaltung, für die der Bundestagspräsident die Schirmherrschaft übernommen hat, das Grundsatzpapier „ChartaSprachen in Deutschland – Gemeinsame Verantwortung“ vorgestellt und übergeben. Ich bin derzeit gemeinsam mit weiteren Kollegen im Deutschen Bundestag und unterstützt vom Minderheitenrat und Minderheitensekretariat dabei, auf eigene Debatten über die Empfehlungen der Sprachenkonferenz vom November letzten Jahres in beiden legislativen Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland, im Bundestag wie im Bundesrat, hinzuwirken.

Das Nordfriisk Instituut ist für die Pflege und den Erhalt der in Nordfriesland und auf der Insel Helgoland gesprochenen Sprachvarietäten des Friesischen unverzichtbar, weil professionelle Spracharbeit immer auch einer soliden wissenschaftlichen Fundamentierung bedarf. Gerade durch die Beschäftigung mit sogenannten „kleinen Sprachen“ gelingt es, eine besondere Sensibilität für die Eigenart und den Eigen-wert nationaler Minderheiten zu entwickeln und diese gewinnbringend in die Diskussion über in einem größeren Zusammenhang stehenden Fragen einzubringen.

Dieses ist dem Nordfriisk Instituut in Zusammenarbeit mit der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft, dem Friesenrat, der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft sowie Alpen-Adria-Universität Klagenfurt mit dem erst vor wenigen Wochen „9. Internationalen Ferdinand-Tönnies-Symposium 2015“ unter dem Titel „Nationale Minderheiten in Europa“ wieder einmal eindrucksvoll gelungen.

Politik wie Wissenschaft können beim Erhalt und der Pflege der Sprache und Kultur von Minderheitensprachen nur begleiten und unterstützen. Entscheidend ist darüber hinaus, dass die Menschen sich zu Ih-rer Tradition und ihrer Sprache bekennen, sie aktiv gebrauchen und auch an die nächste Generation weitergeben. Wenn dieses gelingt, so ist das immer auch ein Gewinn für die sogenannte Mehrheitsbevölke-rung. So hat etwa junge, eindrucksvolle Sängerin Norma Schulz am 12. November 2015 im Bundesministerium des Innern den Bundesminister des Innern und die Besucher der Veranstaltung „Heimat – Identität – Glaube“ ebenso begeistert wie schon im vorherigen Jahr beim dortigen Tag der Offenen Tür.

Ich wünsche den Besuchern des heutigen Festaktes schöne, erlebnisreiche Stunden und dem Nordfriisk Instituut weiterhin eine erfolgreiche Arbeit. Es wird auch in Zukunft gebraucht, nicht nur von den Friesen!

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