Dr. Michael Schwarz (BMI), Prof. Dr. Heribert Hirte MdB, Gruppenvorsitzender Patrick Schnieder MdB, Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, Dr. Daniela De Ridder MdB, Christine Schmatloch (Bundestagsverwaltung)
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, war in der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages zu Gast. Er berichtete hier über seine Reise zur Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien Ende September 2014 sowie sein Gespräch mit Ministerpräsident Oliver Paasch im März 2015. Im Mittelpunkt der Beratungen stand die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien, die heute als eines der erfolgreichsten Modelle eines modernen Minderheitenschutzes in Europa gilt. Die vom Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder geleitete Parlamentariergruppe diskutierte mit Bundesbeauftragtem Koschyk auch die Frage, inwieweit diese guten Erfahrungen in Ostbelgien auch auf andere Gebiete übertragbar sind, in denen nationale Minderheiten nicht einen europäischen Standards genügenden Schutz genössen. Die Abgeordneten waren sich mit dem Bundesbeauftragten darüber einig, dass gerade den Minderheiten in Grenzregionen eine Schlüsselrolle bei den Beziehungen zwischen den jeweiligen Staaten zukomme. Als zahlenmäßig eher kleinere Einheiten würden sie bei praktischen Fragen von Anfang an auch überregionale Lösungsansätze suchen und einbeziehen. Dieses habe bei vielen Minderheiten zu einer Weltoffenheit geführt, von der Europa insgesamt nur profitieren kann. Diese Erfahrungen, so unterstrich die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder, die selbst einen Teil Ihrer Kindheit und Jugend im deutschsprachigen Gebiet Belgiens verbracht hatte, sollten auf ihre Verwendbarkeit in der internationalen Arbeit geprüft werden. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Heribert Hirte hob die Verzahnungsfunktion der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hervor.
Die Vertreter der Parlamentariergruppe und Bundesbeauftragter Koschyk beschlossen, in der zweiten Jahreshälfte die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien und auch die belgische Hauptstadt Brüssel zu besuchen, um das belgische Modell des Minderheitenschutzes besser kennenzulernen und aktuelle minderheitenpolitische Frage mit den dortigen politischen Verantwortlichen zu diskutieren.
Die knapp 77.000 Einwohner zählende Deutschsprachige Gemeinschaft ist ein Teil des Gebiets, das 1920 in der Folge des Versailler Vertrages von Deutschland an Belgien abgetreten wurde, und umfasst heute die neun Gemeinden, in denen vorwiegend Deutsch gesprochen wird. Im Zuge der Umwandlung des belgischen Einheitsstaates in einen Bundesstaat ab den 1970er Jahren konnte auch die heutige Deutschsprachige Gemeinschaft ihre Autonomie ausbauen. Heute besteht sie in Belgien gleichberechtigt als Teilstaat mit Gesetzgebungshoheit neben den anderen im bundesstaatlichen Gefüge (d.h. der Französischen Gemeinschaft, Wallonischen Region, Flandern und der Region Brüssel) und hat zwischenzeitlich im Zuge von insgesamt sechs Staatsreformen bedeutende Selbstverwaltungsrechte erworben. Zu den verfassungsmäßigen Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft zählen neben den kulturellen Angelegenheiten und dem Bildungs- und Ausbildungswesen auch die Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Sozialpolitik.
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