Für Deutschland International
Podiumsdiskussion “Ich werde ein einziges Volk aus ihnen machen. Deutschland, Korea – geteilt, vereint”
5. Juni 2015
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Diskussionsrunde mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe, Hartmut Koschyk MdB, Prof. Dr. Eun-Jeung Lee (2.v.l.), Leiterin des Instituts für Koreastudien an der Freien Universität Berlin, Dr. Hong-Jung Lee (5.v.l.), Generalsekretär Presbyterianische Kirche Korea, Seoul/Südkorea und Dr. Henning Pietzsch (1.v.r.), Vorsitzender der “Geschichtswerkstatt Jena”. Moderation: Lutz Drescher, Ev. Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart und Kerstin Leitschuh, Dekanatsreferentin kath. Dekanat Biberach

Im Rahmen des 35. Deutschen Evangelischen Kirchentages vom 3. bis 7. Juni 2015 in Stuttgart fand heute die Podiumsdiskussion “Ich werde ein einziges Volk aus ihnen machen. Deutschland, Korea – geteilt, vereint” statt, an der auch der Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe, Hartmut Koschyk MdB, teilnahm. Vor der Podiumsdiskussion referierte Koschyk, der unmittelbar von seiner Reise nach Nord- und Südkorea zurückgekehrt ist, über die aktuelle Lage auf der koreanischen Halbinsel .

Nachfolgender Bericht wurde von der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) verfasst:

„Ich wünsche Ihnen, dass der Tag kommt, an dem Sie gemeinsam mit Ihren Schwestern leben können.“ Mit diesen Worten beschließt Lutz Drescher, EMS-Verbindungsreferent und Korea-Experte, das Interview mit IN Kwang-Sam zu Beginn des Korea-Podiums beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Einige Zuhörerinnen und Zuhörer haben Tränen in den Augen, als die in Deutschland lebende Koreanerin ihre Geschichte erzählt. Ihre Familie wurde durch den Koreakrieg auseinandergerissen. Bis heute leben ihre beiden Schwestern in Nordkorea. Dank ihres deutschen Passes konnte sie die Schwestern inzwischen dreimal besuchen. Ein Glück, das den meisten Südkoreanerinnen und Südkoreanern, die ihr Schicksal teilen, nicht vergönnt ist.

Nach einer weiteren Lebensgeschichte, erzählt von dem ebenfalls in Deutschland lebenden Zeitzeugen Professor SONG Du-Yol, fordern die Moderatoren des Korea-Podiums die rund 400 anwesenden Kirchentagsbesucherinnen und -besucher auf, einen Wunsch für die Menschen auf der koreanischen Halbinsel auf einen Stoffstreifen zu schreiben und an einen Bauzaun anzubringen. Die bunten Bänder am Bauzaun erinnern an die Gebetsbänder am Zaun der innerkoreanischen Grenze in Imjingak. Geduld, Vertrauen, Verständnis sind Stichworte, die in verschiedenen Sprachen auf vielen Bändern zu lesen sind. Auf einem anderen Band steht: „Ich wünsche Korea ein so glückliches Ende wie in Deutschland.“

150604 Kirchentag Korea 3

Lutz Drescher, Ev. Mission in Solidarität (EMS), Stuttgart, Dr. Henning Pietzsch, Vorsitzender der “Geschichtswerkstatt Jena”, Prof. Dr. Du-Yul Song, Zeitzeuge, Berlin, Kwang-Sam In, Zeitzeugin, Bochum, Prof. Dr. Eun-Jeung Lee, Leiterin des Instituts für Koreastudien an der Freien Universität Berlin, Dr. Hong-Jung Lee, Generalsekretär Presbyterianische Kirche Korea, Seoul/Südkorea, Kerstin Leitschuh, Dekanatsreferentin kath. Dekanat Biberach und der Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe, Hartmut Koschyk MdB

Der Vergleich zwischen Deutschland und Korea ist ein bekannter Vergleich. „Deutschland, Korea – geteilt, vereint“, so lautet nicht nur der Untertitel der heutigen Veranstaltung in der Schwabenlandhalle in Fellbach, sondern auch der Titel eines Buches, das der Vorsitzenden der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe, Hartmut Koschyk MdB, herausgegeben hat. „Geteilt, vereint – es gibt viele Parallelen, aber auch viele Unterschiede zwischen Deutschland und Korea“, so der Bundestagsabgeordnete. „Uns ist ein Koreakrieg, ein Bruderkrieg, erspart geblieben. Dieser Krieg hat tiefe Wunden in die Herzen der Menschen diesseits und jenseits der innerkoreanischen Grenze geschlagen.“

Seit 1999 besucht Hartmut Koschyk regelmäßig Südkorea, seit 2002 auch Nordkorea. Obwohl sich die Fronten derzeit zu verhärten scheinen, hat er die Hoffnung nicht aufgegeben und sieht Deutschland und Europa in der Pflicht: „Wenn ein Land wie Nordkorea sich öffnet, um internationalen Verpflichtungen wie der UN-Behindertenkonvention nachzukommen, sollten wir das mit allen Möglichkeiten unterstützen.“ Er selbst habe schon zwei integrative Einrichtungen in Nordkorea besucht. Der Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe plädiert dafür, nicht nur die Nuklear-Frage zum Thema zu machen, sondern auch einen Beitrag von unten zu leisten. Als Beispiele nennt der CSU-Politiker Studentenaustauschprogramme und Treffen von Forstwirtschaftsfachleuten aus Nord- und Südkorea und Deutschland, die über Aufforstungsmaßnahmen in Nordkorea beraten, um Naturkatastrophen zu mindern. „Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist ein Sicherheitsproblem für die ganze Welt, daher müssen die Bemühungen weitergehen“, so Koschyk.

Auf Veränderung hofft auch Dr. LEE Hong-Jung, Generalsekretär der Presbyterianischen Kirche von Korea. „Mit einer vom Kalten Krieg geprägten Mentalität können wir als Kirchen keinen Prozess der Heilung und Versöhnung anstoßen.“ Die bereits 70 Jahre anhaltende Teilung der koreanischen Halbinsel hätte einen großen Bruch verursacht und traumatisiere Menschen bis heute. Diese traumatischen Erlebnisse und daraus resultierenden Vorurteile lassen sich seiner Meinung nach nur durch Beziehungen und Begegnungen zwischen den Menschen in Nord- und Südkorea überwinden. Aber auch die internationale Gemeinschaft müsse ihre Rolle im Prozess der Wiedervereinigung wahrnehmen, so der Theologe. „Um Nordkorea zu ermöglichen, aus der Isolation herauszukommen und eine nukleare Abrüstung in Erwägung zu ziehen, müssen wir international Vertrauen aufbauen und sie in der Öffnung unterstützen.“

Zum Abschluss der Runde lesen alle Podiumsgäste noch ihren Wunsch auf dem Stoffband vor. Dr. LEE Eun-Jeung, die Forschungsprojekte zum Thema „Deutsche Einheit und Wissenstransfer für Korea“ an der Freien Universität Berlin leitet, wünscht sich, dass ein Leben ohne Angst und in Frieden auf der koreanischen Halbinsel möglich wird.

Corinna Waltz

Zum Artikel auf der Internetseite der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)  gelangen Sie hier.

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