Der Universalgelehrte Alexander von Humboldt kann durchaus als einer der Wegbereiter der Porzellanindustrie in Oberfranken bezeichnet werden. Darauf haben Dagmar Hülsenberg von der Technischen Universität Ilmenau und Ingo Schwarz von der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg bei einem Symposium des Humboldt-Kulturforums am Wochenende in Goldkronach hingewiesen. Unter anderem wurde die heute noch existierende „Königlich Privilegierte Porzellanfabrik Tettau“ unter Mitwirkung Alexander von Humboldts gegründet.
Auf Basis seiner naturwissenschaftlichen und technischen Grundkenntnisse sowie seines Studiums der Kameralistik und des Bergbaus sei Humboldt in der Lage gewesen, in kürzester Zeit das Wesentliche der Porzellanherstellung zu verstehen, kritisch zu bewerten und Vorschläge zur Veränderung zu unterbreiten, sagte Dagmar Hülsenberg. Humboldt hatte unter anderem die Bergakademie in Freiberg besucht und 1792 sein Patent als Bergassessor erhalten. Zu seinem Auftrag der Inspektion in den Fürstentümern habe auch die nicht mehr existente Porzellanmanufaktur Bruckberg bei Ansbach, heute eine Außenstelle der Diakonie Neuendettelsau, gehört. Deshalb hatte Humboldt zuvor auch eine Art Praktikum in der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin absolviert. „Alexander von Humboldt hatte Kenntnisse zu Porzellanrohstoffen, zum Schlämmen der Rohstoffe und zu den Brennöfen“, sagte Dagmar Hülsenberg.
Humboldts Beitrag zur Gründung der Porzellanmanufaktur in Tettau geht im Wesentlichen auf ein Gutachten zurück, das er über die Errichtung eines solchen Unternehmens „im Amt Lauenstein“ verfasst hatte. Er stand der Manufaktur durchaus positiv gegenüber, vor allem weil sie den Menschen in einer armen Gegend Arbeit gebracht hatte. Allerdings sorgte sich Alexander von Humboldt auch um den Raubbau in den Wäldern wegen des großen Holzbedarfs.
Deshalb gilt Alexander von Humboldt auch als Wegbereiter der Ökologie, sagte Ingo Schwarz von der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg. Humboldt sei in vielen Bereichen Vordenker gewesen, so Schwarz. Humboldt gelte nicht nur als Universalgelehrter, sondern auch als größter Geograph der Neuzeit. Er habe bereits den Begriff der Nachhaltigkeit gekannt, wenn es um die Forstbewirtschaftung ging. So habe er sich um eine gerechte Holzverteilung bemüht und sich besorgt über den Raubbau in Fichtelgebirge und Frankenwald gezeigt, so Schwarz, der als ausgewiesener Humboldt-Kenner gilt.
Zum Symposium „Alexander von Humboldt und das Porzellan“ gehörte auch eine Exkursion nach Tettau, ein Besuch der Porzellanfabrik und ein Rundgang durch das dortige Tropenhaus. Das Tropenhaus wird mit der laufend anfallenden Prozesswärme des benachbarten Glasindustriebetriebes, der Fa. Heinz-Glas beheizt. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts habe Tettau-Porzellan bei Hofe als Ausdruck vollendeter Tischkultur gegolten. Heute ist Tettau die älteste Porzellanfabrik in Bayern und gehört zur Seltmann-Gruppe Weiden. Nach den Worten von Stephan Apel, Meister in der Dekorationsabteilung hatte das Unternehmen nicht nur den Schah von Persien, sondern auch schon den Kreml beliefert. Ein Kaffeeservice für 1400 Personen, alle Teile mit Wappen versehen, lautete der Auftrag. Ganz offensichtlich war man in Moskau mit der Arbeit aus Oberfranken zufrieden, denn erst vor zwei Jahren kam eine Nachbestellung. Das passt zu Humboldt, der 1829 auf Einladung des Zaren in Moskau weilte.
In dem erst 2014 eingeweihten Tropenhaus „Klein Eden“ in Kleintettau, das offiziell kein Tourismus-, sondern ein Forschung- und Wissenschaftsprojekt ist, werden exotische Früchte wie Papayas, Kaffeepflanzen oder mehrere verschiedenen Bananensorten sowie tropische Speisefische in Bio-Qualität gezüchtet. Das 3500 Quadratmeter große Haus mit seinem schwül-warmen Klima gilt als Referenzprojekt für energieeffiziente Abwärmenutzung, sagte Bürgermeister Peter Ebertsch. Noch eine Besonderheit wusste Ebertsch zu berichten. Tettau hat aktuell rund 3000 Arbeitsplätze zu bieten, bei 2200 Einwohnern.
Als Hauptanliegen des Alexander-von-Humboldt-Kulturforums Schloss Goldkronach bezeichnete es der Mitbegründer und Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk das umfangreiche Wirken des Universalgelehrten in Franken noch bekannter zu machen. Dazu gehör zweifellos Alexander von Humboldts Beitrag als Wegbereiter der Porzellanindustrie. „Humboldt und seine fränkischen Jahre sind ein Pfund, mit dem wir leider noch zu wenig wuchern“, so Koschyk.
Ganz im Sinne von Humboldt dürfte auch die Klimapartnerschaft sein, auf die Bürgermeister Wieland Pietsch hingewiesen hatte. Sowohl Goldkronach habe eine solche Klimapartnerschaft mit dem kolumbianischen Falan, als auch Tettau mit dem kolumbianischen Acevedo. Zwischen den Kommunen bestehe ein reger Austausch, zumal auch in den kolumbianischen Gemeinden Bergbau im großen Stil betrieben wurde.
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