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Augenblicke eines Avantgardisten – Das Klavierduo Edit Klukon und Dezsö Ränki interpretierte Liszts Dante-Symphonie und seine Kreuzweg-Vertonung
1. August 2016
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Bayreuth. 1879 hatte Franz Liszt seine Vertonung des Kreuzwegs Jesu „Via crucis“ vollendet, im Jahr 1929 wurden die 14 Szenen in Budapest uraufgeführt, die vierhändige Version wurde sogar erst 1986 veröffentlicht. Zum Gedenken an seinen 130. Todestag interpretierten die beiden ungarischen Pianisten Edit Klukon und Dezsö Ränki die Klaviertranskription für Klavier zu vier Händen ohne Soli und ohne Chor am Sonntagabend in der Bayreuther Schlosskirche.

Franz Liszt als Avantgardist? Gerade in der Komposition „Via crucis“ deutet einiges daraufhin: die collageartige Zusammenstellung verschiedener Stile beispielsweise. So erklingt mitten im Werk Hans Leo Haßlers Kirchenlied „Mein G’ müt ist mir verwirret …“, das später in Bachs Matthäuspassion unter dem Titel „O Haupt voll Blut und Wunden“ “ wiederauftaucht. Ganz einfach macht es Liszt dem Hörer mit der Vertonung der übrigen Kreuzwegstationen aber nicht, erst recht in der Fassung für Klavier zu vier Händen. Seine Musik steht für Ausweglosigkeit und Schmerz, die karge Melodie befindet sich oft kurz vor dem Verstummen. Die traditionelle Geschichte der Kreuzigung wurde nie zuvor in derart neu klingenden Tönen dargestellt. Kaum ein Komponist ist vor Liszt so an die Grenzen musikalischer Möglichkeiten gegangen.

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Trotzdem ist „Via crucis“ mehr als eine musikalische Meditation über die vierzehn Stationen des Kreuzwegs, mehr als ein faszinierendes Klangerlebnis. „Via Crucis“ ist auch in der Fassung für Klavier zu vier Händen, ein ungeheuer beeindruckendes Werk. Noch dazu wenn es von derart hervorragenden Pianisten wie Edit Klukon und Dezsö Ränki interpretiert wird. Sie haben „ihren“ Liszt verinnerlicht, sie schaffen es immer wieder Spannungsbögen aufzubauen, so dass die Musik nie zum Stillstand kommt.

Wie fantasievoll das symphonische Werk von Franz Liszt auf zwei Klavieren klingen kann, zeigt die Aufführung seiner Dante-Symphonie durch Edit Klukon und Dezsö Ränki. Farbenreich und transparent ersetzt das Pianistenehepaar ein komplettes Orchester. Schon beim spektakulären Beginn mit der Höllenfahrt wird klar, dass die beiden jeden Augenblick des Stückes mit Leben erfüllen und der kompletten Symphonie eine selten gehörte Dichte geben. Liszts Dante-Symphonie erschien bereits 1859 in Druckform und ist Richard Wagner gewidmet.

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Veranstaltet wurde der außergewöhnliche Klavierabend zusammen mit dem ungarischen Ministerium für Kultur. Franz Liszt verbinde jedes Volk und jede Nation, sagte Minister Zoltan Balog. Liszt verbinde auch verschiedene Zeiten und Kulturen. Vor allem aber stehe Liszt für die Aussage, dass nationale und europäische Identität kein Widerspruch sein muss.

Der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk sah in dem Konzert das Gedenken an einen großen Europäer, der bleibendes hinterlassen hat, das für uns heute Erbe und Auftrag ist. Obwohl Franz Liszt eher zufällig beim Besuch seiner Tochter Cosima in Bayreuth verstorben ist, sei seine Grabstätte in Bayreuth eine Verpflichtung, sagte Stadtpfarrer Christian Steger. Er beschrieb Liszt als einen glaubenden Menschen ohne jegliche Ressentiments, der vor allem die Sprache des Christentums gesprochen habe.

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Auf die Initiative der Pianistin Edit Klukon ist auch die rund 50 Zentimeter hohe Bronzestatue der Heiligen Jungfrau Maria zurückzuführen, die 2011 zum 200. Geburtstags von Franz Liszt im Inneren seiner Grabkapelle feierlich enthüllt wurde. Edit Klukon und Dezsö Ränki hatten auch diesmal im Vorfeld des Konzertes der letzten Ruhestätte des Komponisten einen Besuch abgestattet und Kränze niedergelegt. Einen weiteren Kranz legten Minister Balog und der Abgeordnete Koschyk im Vorfeld des Konzertes nieder.

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