von links: Prof. Dr. Peter Nenniger (Präsident der Humboldt-Gesellschaft), Georg Freiherr von Humboldt-Dachroeden (Geschäftsführer der Humboldt-Gesellschaft), Prof. Dr. Ing. Dr. rer. oec. Dagmar Hülsenberg (Koordinatorin des Akademischen Rates der Humboldt-Gesellschaft), Dr. Eberhard Schulz-Lüppertz (Humboldt-Experte), Dr. Ingo Schwarz (Leiter der Alexander von Humboldt-Forschungsstelle ab der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften) und Hartmut Koschyk MdB.
Das Wirken des Universalgelehrten Alexander von Humboldt hat scheinbar zahllose Facetten. Eines haben alle gemeinsam: „Nahezu alle Themen, die ihm später bewegt haben, hat er in Franken aufgenommen, hier hat er alles angedacht“, sagte der Humboldt-Experte Eberhard Schulz-Lüppertz bei der 101. Tagung der renommierten Humboldt-Gesellschaft in Bayreuth. Einzige Ausnahme: Mit der Meeresforschung hat sich Alexander von Humboldt aus naheliegenden Gründen tatsächlich erst in späteren Jahren beschäftigt.
Eigentlich war er wegen des Bergbaus gekommen. Als damals 22-Jähriger wurde Alexander von Humboldt 1792 in die damals gerade preußisch gewordenen Fürstentümer Ansbach und Bayreuth entsandt, um den Bergbau auf Vordermann zu bringen. Bis 1795 wirkte er unter anderem in Arzberg, Bad Steben und in Goldkronach. In dem Bergbaustädtchen hatte Humboldt seinen Wohnsitz an der Stelle des heute nach ihm benannten Hotels.
Tatsächlich sei es ihm schon in kürzester Zeit gelungen, den Bergbau wieder aufzunehmen, die Gruben zu erneuern und moderne Abbaumethoden einzuführen, so Schulz-Lüppertz. Doch nicht nur das: Alexander von Humboldt habe Bergwerksschulen in Arzberg, Bad Steben und Goldkronach gegründet und sogar eine Hilfskasse für die Familien verunglückter Bergleute. Daneben sei er aber auch ganz anderen, existenziellen Fragen des Lebens nachgegangen. So habe er unter anderem umfassende Versuche zu Muskelaufbau und Nervenfasern durchgeführt, unterirdische Gasarten erforscht, eine Rettungsmaske und eine Grubenlampe konstruiert und er war der Zusammensetzung der Luft unter der Erde nachgegangen.
Einem ziemlich unbeachteten Aspekt im Schaffen Alexander von Humboldts war die Wissenschaftlerin Dagmar Hülsenberg aus Ilmenau nachgegangen, seinem Einfluss auf die Porzellanherstellung. So hatte Alexander von Humboldt unter anderem umfassende Gutachten zur Porzellanmanufaktur Bruckberg bei Ansbach angefertigt und dort einen der ersten Rundöfen zum Brennen von Porzellan einbauen lassen. Alexander von Humboldt habe sofort die Vorteile dieser wesentlich effizienteren Technik erkannt, so Hülsenberg. Auch die Gründung der noch heute existierenden und zur Weidener Seltmann-Gruppe gehörenden Königlich Privilegierten Porzellanfabrik Tettau wäre ohne die Grundlagenarbeit Alexander von Humboldts undenkbar gewesen.
Wenn Alexander von Humboldt den meisten auch als Begründer der Ökologie und als größter Geograph der Neuzeit gilt, so habe er seine Karriere dennoch als Kameralist begonnen. Auch als sei ein Aspekt, der in der Humboldt-Forschung noch immer zu kurz komme, so Ingo Schwarz aus Berlin. So habe Humboldt bereits zu Lebzeiten und bis ins hohe Alter als führender Experte im Münzwesen und in der Edelmetallstatistik gegolten. Wenn er selbst auch ein differenziertes Verhältnis zur Kameralwissenschaft (Staatswirtschaftslehre ) hatte, so habe er als preußischer Bergbeamter dennoch von seinen Kenntnissen profitierten können.
Unter dem Motto „Alexander von Humboldt“ in Franken“ gehörten zur Tagung der Humboldt-Gesellschaft auch eine Besichtigung des markgräflichen Bayreuths. Exkursionen führten nach Bad Steben und Goldkronach, der wichtigsten Wirkungsstätte während seiner Zeit in Franken, gleichzeitig Sitz des Alexander-von-Humboldt-Kulturforums Schloss Goldkronach. Dort besichtigten die Mitglieder der Gesellschaft die Ausstellung über das Wirken Alexander von Humboldts in der Region, das Besucherbergwerk „Mittlerer Name Gottes“ und das Heimatmuseum.
Alexander von Humboldts Tätigkeit habe im heutigen Oberfranken seinen Anfang genommen, sagte der Bayreuther Bundestagsabgeordnete und Mitbegründer des Kulturforums Hartmut Koschyk. Fast fünf Jahre lang sollte das Wirken von Alexander von Humboldt hier dauern und zitiert werde er mit den Worten: „In Goldkronach besonders bin ich glücklicher, als ich je wagen durfte zu glauben“. Im Humboldt-Informationszentrum von Schloss Goldkronach führte Koschyk die Teilnehmer durch die Ausstellung, in den Kellergewölben konnten die Wissenschaftler unter anderem einen Blick auf die „Fränkische Linie“, eine der geologisch bedeutsamsten Bruchzonen der Erdkruste, werfen.
Am Ende der Tagung sollte auch das einstige Wohnhaus Alexander von Humboldts in Bad Steben eine Rolle spielen. Das historische Gebäude steht nicht nur seit Jahren leer, es wird auch zum Verkauf angeboten. „Das größte Problem dürften wohl die anstehenden Investitionen sein“, sagte Eberhard Schultz-Lüppertz. „Die beste Lösung wäre die Einrichtung eines kleinen Humboldt-Museums“, sagte Hartmut Koschyk, zumal dann zu dem überschaubaren Kaufpreis auch eine hohe staatliche Förderung in Aussicht gestellt werden könnte.
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