Für die Region
Großes Welttheater aus Böhmen / Humboldt-Kulturforum in Gößweinstein: Wolfram Ster las aus Otfried Preußlers „Flucht nach Ägypten“
15. Dezember 2018
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Mit einem geographischen Abenteuer beginnt für den Hörer die Geschichte von Maria, Joseph und dem Jesuskind auf der Flucht nach Ägypten. Zumindest bei Otfried Preußler, dem Vater des „Räuber Hotzenplotz“, des „kleinen Gespenstes“ oder der „Kleinen Hexe“. Weil der 2013 verstorbene Kinderbuchautor 1920 im nordböhmischen Reichenberg, dem heutigen Liberec geboren wurde, führt bei ihm die Flucht nach Ägypten ganz zwangsläufig durch Böhmen.

Zu hören war dies am Adventswochenende bei einem literarisch-musikalischen Nachmittag in der Wallfahrtsbasilika Gößweinstein. Der Schauspieler und Rezitator Wolfram Ster aus Bayreuth hat dort Auszüge aus Otfried Preußlers Weihnachtsroman „Die Flucht nach Ägypten“ gelesen, begleitet wurde er von dem Duo Bojaz, das mit Egerländer Bauernmusik ungewöhnliche Klänge in die Basilika zauberte. Die Veranstaltung war zugleich der Abschluss des Kultursommers, den das Alexander-von-Humbolt-Kulturforum Schloss Goldkronach seit vielen Jahren in der Region veranstaltet.

Schauspieler und Rezitator Wolfram Ster erzählte einige Kapitel aus Otfried Preußlers „Flucht nach Ägypten“.

Die Krippe im Stall von Bethlehem gilt heute als das Bild des weihnachtlichen Friedens. Maria, Joseph und das Jesuskind konnten sich daran freilich nur kurz erfreuen, denn der missgünstige König Herodes trachtete dem Kind nach dem Leben. Der Rest ist bekannt: Es erschien ein Engel des Herrn und trug Joseph auf, nach Ägypten zu fliehen. So steht es jedenfalls im Matthäus-Evangelium.

Bei Otfried Preußler steht, dass der Weg der Heiligen Familie mitten durch das tief verschneite Königreich Böhmen geführt hat. Und zwar quer durch den nördlichen Teil des Landes, bei Schluckenau etwa herein in das böhmische Niederland, dann nicht ganz bis zum Jeschken dann weiter im Vorland des Iser- und Riesengebirges und zuletzt auf der Alten Zollstraße hinaus ins Schlesische, „wo es dann nach Ägypten nicht mehr weit gewesen ist“, so Preußler.

Auf einen musikalisch-literarischen Nachmittag stimmte der Vorsitzende des Alexander von Humboldt-Kulturforums, der frühere Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk das Publikum in der Basilika Gößweinstein ein.

Der Pädagoge, Reporter und Geschichtenschreiber Preußler hat seine eigene Sicht der Dinge dazu erfunden. Das biblische Motiv bleibt erhalten, doch bei ihm bekommt König Herodes mit, dass die Heilige Familie sozusagen entkommen ist. Er schreibt dann eine Depesche an Kaiser Franz Josef in Wien, weil das Königreich Böhmen zum österreichisch-ungarischen Imperium gehörte. Von da an entfernt sich der Roman schnell und weit von der biblischen Geschichte hinein in die schier grenzenlose Fantasie Preußlers.

„Die Flucht nach Ägypten“ ist weit mehr als eine Alternative zu Ludwig Thomas „Heilige Nacht“, die wohl an der Spitze der Lesungen in der Vorweihnachtszeit steht. Preußlers Story ist eine ziemlich pfiffige Geschichte, mit viel Witz aber auch mit ernsten Einwürfen. Es gibt viele Anspielungen in alle möglichen Richtungen. Auf ihrer Flucht zieht die Heilige Familie zugleich durch jenes kleine „Große Welttheater“ mit einer prächtigen barocken Fülle, der Freude am Detail der nordböhmischen Alltagswelt und zuweilen auch mit skurrilem Humor. Rezitator Wolfram Ster, bekannt durch die Studiobühne Bayreuth, lässt dies alles, der widrigen Akustik zum Trotz, mit sonorer, sympathischer Stimme absolut textsicher immer wieder aufblitzen. Er baut immer wieder neue Spannungsbögen auf, nimmt seine Zuhörer mit auf die Reise und lässt sie Anteil haben an den witzigen Geschichten.

Das Duo Bojaz aus Stuttgart spielte Egerländer Bauernmusik in der Gößweinsteiner Basilika.

Wolfram Ster wurde begleitet von böhmischer Musik durch das Duo Bojaz. Das sind Gerhard und Andrea Ehrlich, ein Musikerehepaar aus Stuttgart, das sich seit Jahren in eindrucksvoller Weise der Kultur seiner Vorfahren verschrieben hat. Mit zum Teil selbst gebauten typischen Instrumenten, wie einem Böhmischen Dudelsack, musizieren beide Egerländer Volksmusik und weihnachtliche Klänge auf höchstem Niveau.

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Sebastian Machnitzke

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