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Koschyk: Beihilfe zum Suizid darf nicht zu einem Dienstleistungsangebot der gesundheitlichen Versorgung werden
3. Juli 2015
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Der Deutsche Bundestag hat in dieser Woche über vier Gruppenentwürfe zum Thema Sterbebegleitung beraten, die aus den Reihen der Abgeordneten erarbeitet worden sind.
In Deutschland werden die Begrifflichkeiten oftmals ungenau verwendet und verwechselt. Passive Sterbehilfe ist das Sterbenlassen durch Unterlassen oder Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. Die passive Sterbehilfe ist laut eines Urteils des Bundesgerichtshofs von 2010 in Deutschland erlaubt, wenn sie dem erklärten oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht. Der Patient kann sie in der Situation einfordern. Sie kann aber für den Fall der Nichteinwilligungsfähigkeit auch im Voraus schriftlich in einer Patientenverfügung verlangt werden. Liegt keine oder keine hinreichend konkrete Patientenverfügung vor, muss der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden.

Indirekte Sterbehilfe bedeutet hingegen die Inkaufnahme eines verfrühten Todes aufgrund einer schmerzlindernden Behandlung im Einverständnis mit dem Betroffenen. Die indirekte Sterbehilfe ist in Deutschland zulässig. Der Bundesgerichtshof hat dies 1996 in einem Urteil festgehalten.

Aktive Sterbehilfe ist das Töten eines anderen Menschen auf sein ausdrückliches Verlangen hin beispielsweise mithilfe einer tödlichen Substanz. Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland als Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB strafbar und wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet.

In Deutschland ist die Tötung auf Verlangen verboten, der Suizid ist aber ebenso straffrei wie die Beihilfe dazu. Nachdem Einzelne, aber auch Vereine, dies für sich zu einem Angebot oder gar Geschäftsmodell ausgebaut haben, ist dringend eine gesetzliche Regelung durch den Deutschen Bundestag geboten.

Assistierter Suizid (Beihilfe zum Suizid) ist die Hilfe bei der Selbsttötung, beispielsweise durch das Bereitstellen eines Giftes, das der/die Suizident/-in selbst zu sich nimmt. Suizid ist nicht verboten, dementsprechend ist Beihilfe zum Suizid nicht strafbar.

Das christliche Menschenbild ist für mich die entscheidende Grundlage auch im Ringen im Bereich der Selbstbestimmung und des Lebensschutzes. Daher lehne ich jegliche organisierte, sowie gewerbsmäßige Suizidbeihilfe in Deutschland ab und habe den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag zur „Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ mitgezeichnet. Die Beihilfe zum Suizid darf nicht zu einem Dienstleistungsangebot der gesundheitlichen Versorgung werden. Gleichzeitig halte ich es für richtig, dass der Gruppenantrag das enge Näheverhältnis in Familien berücksichtigt und Angehörige und nahestehende Personen, die als Teilnehmer selbst nicht geschäftsmäßig handeln, von der Strafbarkeit ausgenommen werden sollen.

Das deutsche Rechtssystem verzichtet darauf, die eigenverantwortliche Selbsttötung unter Strafe zu stellen, da sie sich nicht gegen einen anderen Menschen richtet und der freiheitliche Rechtsstaat keine allgemeine, erzwingbare Rechtspflicht zum Leben kennt. Dementsprechend sind auch der Suizidversuch oder die Teilnahme an einem Suizid(versuch) straffrei.
Dieses Regelungskonzept hat sich grundsätzlich bewährt. Die prinzipielle Straflosigkeit des Suizids und der Teilnahme daran sollte deshalb nicht infrage gestellt werden. Eine Korrektur ist aber dort erforderlich, wo geschäftsmäßige Angebote die Suizidhilfe als normale Behandlungsoption erscheinen lassen und Menschen dazu verleiten können, sich das Leben zu nehmen.

Ziel des von mir mitgezeichneten Gesetzentwurfes ist es, die Entwicklung der Beihilfe zum Suizid (assistierter Suizid) zu einem Dienstleistungsangebot der gesundheitlichen Versorgung zu verhindern. In Deutschland nehmen Fälle zu, in denen Vereine oder auch einschlägig bekannte Einzelpersonen die Beihilfe zum Suizid regelmäßig anbieten, beispielsweise durch die Gewährung, Verschaffung oder Vermittlung eines tödlichen Medikamentes. Dadurch droht eine gesellschaftliche „Normalisierung“, ein „Gewöhnungseffekt“ an solche organisierten Formen des assistierten Suizids einzutreten. Insbesondere alte und/oder kranke Menschen können sich dadurch zu einem assistierten Suizid verleiten lassen oder gar direkt oder indirekt gedrängt fühlen, die ohne die Verfügbarkeit solcher Angebote eine solche Entscheidung nicht erwägen, geschweige denn treffen würden. Solchen nicht notwendig kommerziell orientierten, aber geschäftsmäßigen, also auf Wiederholung angelegten Handlungen, ist deshalb zum Schutz der Selbstbestimmung und des Grundrechtes auf Leben auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzuwirken.

Der Gruppenantrag beinhaltet, im Gegensatz zu den Entwürfen anderer Gruppen, weder weitreichende neue Strafbarkeiten wie ein Totalverbot noch lässt er eine Öffnungsklausel für eine Ausweitung des ärztlich assistierten Suizids zu. Ich stimme mit dem Präsidenten des Zentralkomitees Deutscher Katholiken Alois Glück überein, dass dieser Antrag beim Thema Sterben in Würde unausweichlichen Spannungen zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem grundgesetzlichen Gebot des Lebensschutzes mit Umsicht und Augenmaß gerecht wird.

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