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Schon Humboldt kannte den Klimawandel / Auf den Spuren des Universalgelehrten in Russland – Tagung an der Universität folgte dem kulturhistorischen Erbe der Russlanddeutschen
10. Oktober 2018
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Tagung auf den Spuren Alexander von Humboldts in Russland (von links): Hartmut Koschyk, Daria Schmidt, Valentina Smekalina, Swetlana Gaus, Elena Kisselewa, Ludmilla Schamrikowa, Kristina Küntzel-Witt, Tatjana Ilaronowa und Ingo Schwarz.

Das Erbe des großen Universalgelehrten Alexander von Humboldt ist aktueller denn je zuvor. Das ist eines der Ergebnisse einer Deutsch-Russischen Tagung des Internationalen Verbandes der deutschen Kultur an der Universität Bayreuth. Humboldt habe schon damals gemerkt, dass es einen von Menschen gemachten Klimawandel gibt, so die Nachwuchswissenschaftlerin Daria Schmidt aus Rastatt. Leider sei diese Erkenntnis auch heute noch nicht selbstverständlich, sagte Schmidt mit Blick auf die USA, die unter ihrem Präsidenten Donald Trump aus dem Klimaabkommen ausgestiegen sind. Naturkatastrophen seien im Eingang mit dem Klimawandel tatsächlich schon bei Humboldt ein Thema gewesen.

Konkret ging es bei der Tagung unter anderem um Humboldts Russlandreise des Jahres 1829, die ihn unter anderem nach St. Petersburg, Moskau, Nischni Nowgorod, Jekaterinburg bis hin zur chinesischen Grenze und auch in die damalige deutsche Kolonie Sarepta (Wolgograd) führte. Während Humboldt seine berühmte Südamerika-Reise als Privatmann unternahm, sei er in Russland als Gast des Zaren gewesen, so Ingo Schwarz, ehemaliger Leiter der Humboldt-Forschungsstelle an der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg. Deshalb habe sich der Humanist Humboldt auch offene Kritik an der damals geltenden Leibeigenschaft verkneifen müssen. Humboldt habe anders als in Südamerika in Russland keine spektakulären wissenschaftlichen Entdeckungen gemacht, sei aber trotzdem mit Ehrungen überhäuft worden.

Gleichwohl sei es für Humboldt wichtig gewesen, alles mit eigenen Augen zu sehen und zu erleben, so die Osteuropahistorikerin Kristina Küntzel-Witt aus Lübeck. Somit sei Humboldt im weitgespannten Feld der deutschen Gelehrten der klassisch reisende Wissenschaftler gewesen. Ausgangspunkt der Russlandreise Alexander von Humboldts war nach den Worten von Daria Schmidt eine Bitte des russischen Finanzministers Georg Graf von Cancrin, Humboldt möge zur geplanten Einführung einer Platin-Währung in Russland Stellung nehmen. Trotz Humboldts Warnung wurde die Platin-Währung verwirklicht, schon 1845 scheiterte sie allerdings wieder. Cancrin sei aber auch an dem Geologen und Bergbauexperten Humboldt interessiert gewesen, um Aufschlüsse über ausbeutbare Minenvorkommen zu erhalten. Als eine Besonderheit hielt die Referentin fest, dass der spätere russische Finanzminister Graf von Cancrin 1774 im hessischen Hanau als Sohn des Ingenieurs und Baumeisters Franz Ludwig Cancrin geboren wurde.

Weitere Vorträge der Tagung gab es zu Themen wie „Humboldt als Wissenschaftsorganisator“ oder über „Humboldt am Omsker Militärkadettenkorps“. Bei den Referaten handelte es sich teilweise um preisgekrönte Wettbewerbsbeiträge, die der Internationale Verband der deutschen Kultur ausgelobt hatte. Die Bayreuther Tagung war dabei eine Art „Vorkonferenz“ zu einer ähnlich gelagerten Tagung im kommenden Jahr im sibirischen Omsk.

Dass die Russlandreise von Alexander von Humboldt 1829 auf Einladung des Zaren auch fruchtbare Impulse für die heutige Ausgestaltung der deutsch-russischen Beziehungen vermitteln kann, darauf wies der frühere Bundestagabgeordnete Hartmut Koschyk, Vorsitzender des Humboldt-Kulturforums und der Stiftung Verbundenheit hin. Das Forum werde in kommenden Jahr auch an den geplanten Veranstaltungen in Russland mitwirken, sagte Koschyk.

Die Konzeption dafür entwirft Tatjana Ilaronowa, Professorin an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst. Es habe bereits zu Humboldts Zeiten viele Wissenschaftler deutscher Abstammung gegeben, die einen großen Beitrag zur Entwicklung Russlands geleistet hätten. Neben Alexander von Humboldt und seinem Erbe soll die Tagung 2019 in Omsk auch diesen deutschstämmigen Wissenschaftlers in Russland gewidmet sein.

Die Idee zu der jetzigen Tagung wurde unter anderem im zurückliegenden Jahr auf der in Bayreuth stattfindenden Sitzungen der Deutsch-Russischen Regierungskommission für die Angelegenheiten der Russlanddeutschen und einer Deutsch-Russischen Konferenz der Hanns-Seidel-Stiftung in Omsk geboren, erläuterte Koschyk. Daraus seien auch eine Partnerschaft zwischen der Universität Bayreuth und der Universität Oms sowie eine Kooperation der Germanistischen Lehrstühle der Universität Bayreuth und der Germanistischen Abteilung der Universität Omsk sowie dem Internationalen Verband der Deutschen Kultur (IVDK) entstanden.

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Sebastian Machnitzke

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