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Koschyk informiert sich über Arbeit der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland
27. Februar 2017
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Pfarrer Markus Schoch beim Sonntagsgottesdienst in deutscher Sprache im Kapitelsaal des Rigaer Domes

Im Rahmen seiner Reservedienstleistung im Militärattachéstab an der Deutschen Botschaft in Riga hat der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, im Kapitelsaal des Doms zu Riga den in deutscher Sprache gehaltenen Sonntagsgottesdienst der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland besucht und mit Pastor Markus Schoch einen ausführlichen Gedankenaustausch geführt. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland ist als eigenständige Kirche anerkannt und nicht Teil der Evangelischen Kirche Lettlands, arbeitet aber mit dieser eng zusammen.

Das Pfarramt ist eine offizielle „Auslandspfarrstelle“ der Evangelischen Kirche Deutschlands und wird jeweils für die Dauer von sechs Jahren besetzt. Zur Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland gehören neben der Gemeinde in Riga, vier weitere Gemeinden in Daugavpils/Dünaburg, Valmiera/Wolmar, Dobele/Doblen und in Liepaja/Libau.

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Der Dom zu Riga

Von 2003 bis 2012 war Dr. Martin Grahl aus Schwerin Pfarrer der Kirche, seit September 2012 nimmt Pastor Schoch dieses Amt wahr. Pastor Schoch stammt aus der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Württemberg und war zuvor für die deutschsprachige Seelsorge in Russland tätig. Pastor Schoch wurde zum künftigen Bischof der Evang.-Luth. Kirche Georgiens gewählt und wird ab Oktober sein Amt dort antreten.

Da der Pfarrer der Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland ist im Rahmen seiner Ordinationsrechte der Lehre der Gliedkirchen der Evangelische Kirche in Deutschland verpflichtet. Er bemüht sich um ein gutes Verhältnis in den Beziehung zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Lettischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (LELK).

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Im Baltikum hatte die deutsche Sprache und Kultur über Jahrhunderte hinweg einen großen Einfluss. In Kurland, Livland und Estland war die Oberschicht weitgehend deutschsprachig, was sich auch auf die Kirche auswirkte: Fast alle Pfarrer waren Deutsch-Balten. Auch wenn sie seit der Reformation Gottesdienste für die lettische (Land-)Bevölkerung in Lettisch hielten, so war das für sie nicht ihre Muttersprache. Selbst als mit dem aufkommenden lettischen Nationalbewusstsein im 19. Jahrhundert vermehrt auch Letten in den Pfarrdienst eingetreten sind, behielt die deutsche Sprache ihre bedeutende Rolle innerhalb der Kirche. In der Zeit der Unabhängigkeit Lettlands nach dem Ersten Weltkrieg leiteten zwei Bischöfe die Lutherische Kirche in Lettland: Zum Sitz des deutschen Bischofs wurde die Petrikirche und zum Gotteshaus des lettischen Bischofs der Dom zu Riga. Dieses Neben- und Miteinander deutscher und lettischer Gemeinden in einer Kirche endete mit der Aussiedlung der Deutschen im Jahr 1939. Übrig blieb nur die Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche, die auch in den Zeihen der russischen Besetzung, als Lettland Teil der Sowjetunion war, trotz vielfältiger Einschränkungen nie ganz verboten wurde.

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Die deutschsprachige Arbeit entstand erst in den 1960er Jahren wieder. In der Jesuskirche in Riga gab es mit Harald Kalnins einen Gemeindepfarrer, der aus einer deutsch-lettischen Ehe stammte. Zu ihm kamen Gemeindeglieder, bei denen es sich überwiegend um Russlanddeutsche handelte, die sich, aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten vertrieben, im Baltikum neu angesiedelt hatten und baten um deutschsprachige Seelsorge.

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Diese deutschsprachige Gemeindearbeit, die Harald Kalnins zunächst ,,nebenbei“ in Riga und später auch an einigen anderen Orten in Lettland aufgebaut hatte, weitete sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten auch auf andere Gebiete der Sowjetunion aus und führte schließlich zur Wiedererstehung der lutherischen Kirche in Russland. In Riga leitete Harald Kalnins bis zu seinem Tod im Jahr 1997 die eigenständige Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche mit ihren fünf Gemeinden im nun wieder unabhängigen Lettland. Danach wurden diese Gemeinden übergangsweise von verschiedenen Pastoren aus Deutschland betreut, bis sich die Evangelische Kirche in Deutschland im Jahr 2003 entschloss, in Riga eine ,,Auslandspfarrstelle“ zu errichten.

In Riga finden Gottesdienste an allen Sonn- und Feiertagen statt, am ersten Sonntag im Monat in der Jesuskirche, dem ,,Geburtsort“ unserer Kirche, an allen anderen Sonntagen im Kapitelsaal des Rigaer Doms.

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Die fünf Gemeinden der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland sind immer noch stark geprägt von den älteren Gemeindegliedern, die in der Zeit von Harald Kalnins in die Kirche hineingewachsen sind. Das sind in der Regel Nachfahren der Deutsch-Balten oder Russlanddeutsche. In Daugavpils, der zweitgrößte Stadt Lettlands, ist die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung russischsprachig. Auch die meisten unserer Gemeindeglieder dort können kaum Deutsch. So werden die Gottesdienste in Daugavpils immer zweisprachig mit russischer Übersetzung gehalten. In Valmiera, Dobele und Liepäja wird der Gottesdienst nur auf Deutsch gehalten, obwohl es auch dort nur noch wenige muttersprachlich Deutsch sprechende Gemeindeglieder gibt. In diesen Gemeinden ist die Umgangssprache außerhalb der Gottesdienste eher Lettisch. Den Menschen ist aber die Verbindung mit ihren deutschen Wurzeln wichtig, weshalb sie Mitglieder der deutschen Kirche sind. Vor allem in Riga sind in den letzten Jahren jedoch neue Personengruppen zur Gemeinde hinzugekommen.

Bundesbeauftragter Koschyk dankte Pastor Schorch für seinen Einsatz als Pastor der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland, der nicht nur die deutsche Minderheit vor Ort im Blick habe. Die Arbeit der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland verdeutliche deutlich das hohe brückenbauerische Potenzial von ethnischen Minderheiten, auch und gerade im interkulturellen und interreligiösen Austausch. Und dieser Beitrag hat die evangelische deutsche Gemeinschaft in Lettland auch in besonderer Weise geprägt. „Hier zeigt sich die besondere Bedeutung der Grundwerte Heimat, Identität und Glaube, die einen harmonischen Dreiklang bilden“, so Bundesbeauftragter Koschyk.

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Der Dom zu Riga wurde auf Veranlassung des ersten Bischofs von Riga, Albert von Buxthoeven, erbaut. Mehr als 300 Jahre lang war der Dom die Kathedrale des Bistums Riga (ab 1255 Erzbistum). Die Stellung des Erzbischofs in der Stadt wurde entscheidend geschwächt, als sich deren Bürgerschaft der Reformation zuwandte und Wolter von Plettenberg, der Landmeister des Deutschen Ordens in Livland, der Stadt Riga am 21. September 1525 das lutherische Bekenntnis verbriefte. Mit dem Zerfall Alt-Livlands im Livländischen Krieg 1561 ging auch das erste katholische Erzbistum Riga 1563 unter. Fortan diente der Dom der (deutschsprachigen) Evangelisch-lutherischen Gemeinde. 1923 bestätigte der lettische Staat der 1920/1922 konstituierten Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands den Besitz des Domes. Von 1959 bis 1962 diente der Dom als Konzertsaal, der Altar wurde entfernt und die Sitzreihen zur Orgel hin ausgerichtet.

Zur Internetseite der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland mit weiterführenden Informationen gelangen Sie hier.

Zur Internetseite des Doms zu Riga mit weiterführenden Informationen gelangen Sie hier.

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