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Symposium „Integration von religiösen und ethnischen Minderheiten im Osten Europas“ / Besuch der Deutschen Kulturzentren in Munkatsch/Mukatschewo und Tschynadijowo
15. September 2016
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Die Teilnehmer des Symposiums der Konrad-Adenauer-Stiftung mit den Jugend-Ensembles vor dem Deutschen Kulturzentrum in Munkatschewo

Der 2. Tag des Symposiums „Integration von religiösen und ethnischen Minderheiten im Osten Europas“, das von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Rat der Deutschen in der Ukraine durchgeführt wurde, diente dem Besuch von Projekten und örtlichen Einrichtungen der Deutschen Minderheit in der Region Transkarpatien in der Ukraine.

Bis zum Jahre 1918 war Transkarpatien ein Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Nach dem Ersten Weltkrieg kam die „Karpaten-Ukraine“ zur Tschechoslowakei, nach dem zweiten Weltkrieg zur Sowjetukraine und seit 1991 ist die „Oblast Transkarpatien“ eine Verwaltungseinheit der unabhängigen Ukraine. Sie hat rund 1,26 Millionen Einwohner (2014). Hauptstadt ist Ungwar (Uschhorod), eine weitere wichtige Stadt ist Munkatsch/Mukatschewo. Im Westen grenzt die Oblast an die Slowakei und Ungarn, im Süden an Rumänien.

In Munkatsch/Mukatschewo besuchte Bundesbeauftragter Koschyk gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Rates der Deutschen in der Ukraine, Wolodymyr Leysle, der Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kiew/Ukraine, Gabriele Baumann, und weiteren Teilnehmern an dem Symposium zunächst das Deutsche Kulturzentrum „Palanok“.

HP Ensembles des Deutschen Kulturzentrums in Munkatschewo

Die Ensembles des Deutschen Kulturzentrums in Munkatschewo

Bundesbeauftragter Koschyk und die weiteren Teilnehmer des Symposiums zeigten sich beeindruckt von den vor Ort geleisteten Bemühungen, die deutsche Muttersprache und kulturelle Identität zu bewahren. So gibt es beispielsweise mehrere Gesangs- und Tanzgruppen, denen über 100 Kinder und Jugendliche angehören, von deren hohen Niveau man sich bei einer Darbietung im Deutschen Kulturzentrum selbst überzeugen konnte. Von Seiten des Deutschen Kulturzentrums werden auch deutsche Sprachkurse und generationsübergreifende Veranstaltungen angeboten.

HP Gespräch mit dem der Deutschen Minderheit angehörenden Abgeordneten des Gebietsparlaments von Transkarpatien, Ernest Nusser

Bundesbeauftragter Koschyk gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Rates der Deutschen in der Ukraine, Wolodymyr Leysle, der Leiterin des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kiew/Ukraine, Gabriele Baumann, und dem der Deutschen Minderheit angehörenden Abgeordneten des Gebietsparlaments von Transkarpatien, Ernest Nuser

Im Rathaus von Munkatsch/Mukatschewo führte Bundesbeauftragter Koschyk Gespräche mit dem der Deutschen Minderheit angehörenden Abgeordneten des Parlaments der Oblast Transkarpatien, Ernest Nuser, und dem Bürgermeister von Munkatsch/Mukatschewo Andrij Baloha, um Anliegen der Deutschen Minderheit zu erörtern. Dabei wurden auch Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung für die dringend benötigte Sanierung des Deutschen Kulturzentrums besprochen.

Empfang im Rathaus von Munkatschewo durch Bürgermeister Andriy Baloha

Empfang im Rathaus von Munkatschewo durch Bürgermeister Andriy Baloha

Bürgermeister Andrij Baloha sagte zu, dass die Stadt die baulichen Kosten für die Sanierung des Gebäudes übernehmen würde, wofür Bundesbeauftragter Koschyk ihm herzlich dankte.

HP Bäcker Josef Kaloj aus Barthaus bei Munkatschewo präsentiert seine Brotsorten

Bäcker Josef Kaloj aus Barthaus bei Munkatschewo präsentiert seine Brotsorten

Wenngleich in der ukrainischen Oblast Transkarpatien nur noch ca. 4000 Angehörige der Deutschen Minderheit angehören, so ist deren Präsenz doch vielerorts erlebbar, wie beispielsweise an Hand der Bäckerei des der Deutschen Minderheit angehörenden Josef Kaloj aus Bardhaus/Barbowo, der Bundesbeauftragtem Koschyk und den weiteren Teilnehmern an dem Symposium seine Brotsorten präsentierte. Seit Jahren betreibt Josef Kaloj mittlerweile mit zwölf Angestellten seine Bäckerei und bietet seine beliebten Backwaren mit Erfolg seinen stets zufriedenen Kunden an.

HP Burg Palanok - dem Wahrzeichen von Munkatschewo - ist das Deutsche Kulturzentrum in der Stadt benannt

Burg Palanok – das Wahrzeichen von Munkatschewo – nach dem das Deutsche Kulturzentrum benannt wurde

Gemeinsam besuchte man auch das Wahrzeichen von Munkatsch/Mukatschewo, die Burg Palanok, nach der das Deutsche Kulturzentrum in Munkatsch/Mukatschewo benannt ist. Bis ins 20. Jahrhundert war die Burg Palanok im Besitz der Grafen von Schönborn.

HP im Deutschen Kulturzentrum in Tschynadijowo

Im Deutschen Kulturzentrum in Tschynadijowo

HP Lehrtafel für den Deutschunterricht im Deutschen Kulturzentrum in Tschynadijowo

Lehrtafel für den Deutschunterricht im Deutschen Kulturzentrum in Tschynadijowo

Neben dem Deutschen Kulturzentrum „Palanok“ in Munkatsch/Mukatschewo besuchten Bundesbeauftragter Koschyk und die weiteren Teilnehmer des Symposiums der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Rats der Deutschen in der Ukraine auch das renovierte Deutsche Kulturzentrum in Tschynadijowo, das in einer Schule untergebracht ist, in der auch Deutsch unterrichtet wird.

HP Deutsche Kulturzentrum in Tschynadijowo

Das Deutsche Kulturzentrum ist jetzt mit Computern ausgestattet, die nicht nur der Deutschen Minderheit u.a. zur Vorbereitung von Veranstaltungen zugutekommen, sondern mit deren Hilfe auch die Grundschüler an den Umgang mit Computern herangeführt werden.

HP Treffen mit der Deutschen Minderheit  in der Ukraine angehörenden Künstlern in der Burg Tschynadijowo

Treffen mit der Deutschen Minderheit in der Ukraine angehörenden Künstlern in der Burg Tschynadijowo

Zum Abschluss des Besuches besichtigte man gemeinsam die mittelalterliche Burg in Tschynadijowo, wo zurzeit eine Ausstellung mit Werken von Künstlern zu sehen ist, die der Deutschen Minderheit in der Ukraine angehören. Dabei erklärten die anwesenden Künstler Bundesbeauftragten Koschyk und den weiteren Gästen die Symbolik ihre Kunstwerke.

HP In der mittelalterlichen Burg in Tschynadijowo

Die mittelalterliche Burg in Tschynadijowo

Alle Informationen zum Symposium auf der Internetseite des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung Ukraine finden Sie hier 

Zum Internetportal der Deutschen in der Ukraine gelangen Sie hier

Informationen zum Besuch von Bundesbeauftragten Koschyk auf der facebook-Seite des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung Ukraine finden Sie hier.

HINTERGRUND:

Die Schönborn-Franken in Transkarpatien

Lothar Franz von Schönborn erhielt für seine Verdienste am Hofe Kaiser Karl VI. in Wien ein von Türkenkriegen und Ungarnaufständen verwüstetes Land im damaligen Oberungarn, das es zu besiedeln galt.

Der Kaiser, der den Aufstand des Magyarenfürsten Franz Rakoczy II im Jahr 1711 niederschlug, beschlagnahmte dessen Ländereien rund um die Festung „Palanka“ mit der Stadt Munkatsch (Mukatcheve) und schenkte sie Lothar Franz von Schönborn. Dieser hatte das Regiment Schönborn aus Mainz und das Regiment Wolfskehl aus Würzburg an die ungarische Front beordert und beide Regimenter trugen entscheidend dazu bei, Fürst Franz Rakoczy II zu besiegen, was dem „treuen Gefolgsmann“ Lothar Franz von Schönborn fürstlich durch den Kaiser entlohnt wurde.
1727 erbte Friedrich Karl von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg und Reichsvizekanzler von seinem Onkel, dem Mainzer Kurfürst-Erzbischof Lothar Franz, dessen ungarische Besitzungen. Dieser wollte das vom Krieg zerstörte Land wieder kultivieren und warb mit verlockenden Angeboten um Siedler aus dem Frankenland.

Burg Palanok

Burg Palanok – das Wahrzeichen von Munkatschewo – nach dem das Deutsche Kulturzentrum benannt wurde

Auf Geheiß des Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn brach im Jahre 1731 der erste Zug von rund 50 oberfränkischen Bauern- und Handwerkerfamilien aus dem Hochstift Bamberg in das heutige Transkarpatien auf, um dort das von Kriegen verwüstete Land des Fürstbischofs aufzubauen.

Ab 1731 zogen dann meist junge Leute aus Franken über Regensburg, Passau, Wien und Budapest in die „Schönbornländereien“. Sie gründeten dort Dörfer mit deutschen Namen wie: Pausching, Schönborn, Plankendorf, Mädchendorf und Sophiendorf. Alte Aufzeichnungen dokumentieren, dass die Menschen friedliche und wohlhabende Leute waren und aus Staffelstein, Lauf, Scheßlitz, Burgwindheim, Schlüsselfeld, Thüngfeld, Forchheim und Weilersbach stammten. Noch heute leben die Nachkommen dieser sog. „Schönborn-Franken“ in Transkarpatien und pflegen die deutsche Sprache und Traditionen ihrer Vorfahren.

Karte 2

Nach dem Ersten Weltkrieg kam die „Karpaten-Ukraine“ zur Tschechoslowakei, nach dem zweiten Weltkrieg zur Sowjetunion und seit 1989 ist die „Oblast Transkarpatien“ eine Verwaltungseinheit der Ukraine. Sie hat rund 1,26 Millionen Einwohner (2014) und umfasst die historische Region Karpatenukraine. Hauptstadt ist Ungwar (Uzhgorod), eine weitere wichtige Stadt ist Munkatsch (Mukatcheve). Im Westen grenzt die Oblast an die Slowakei und Ungarn, im Süden an Rumänien. Im gebirgigen Norden grenzen auf einem Stückchen die polnischen Ostkarpaten (Bieszczady) an, daran schließen dann die Oblaste Lwiw und Iwano-Frankiwsk an. Durch die Oblast verlaufen die wichtigsten Verkehrsverbindungen in Gebirgspässen über die Karpaten von der Ukraine nach Südeuropa. Die dichtbesiedelte „Karpaten-Ukraine“ war lange umstritten zwischen der damaligen Tschechoslowakei, zu der sie zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg gehörte, Ungarn und der Ukraine bzw. der Sowjetunion. Der Großteil der Bevölkerung der „Karpaten-Ukraine“ besteht aus Ruthenen.

Die Oblast wurde offiziell durch einen Ukas am 22. Januar 1946 als Teil der Ukrainischen SSR gegründet und war zunächst in 13 Okrugs eingeteilt, diese wurden 1953 in gleichnamige Rajone umgewandelt. Seit 1991 ist die Oblast ein integraler Bestandteil der heutigen Ukraine.

Karte 1

Um die verloren gegangenen Verbindungen zu den Nachkommen der fränkischen Siedler aus dem 18. Jahrhundert wieder zu beleben und zu festigen gründete die Katholische Landvolkbewegung (KLB) in der Erzdiözese Bamberg bereits in den 90er Jahren einen Arbeitskreis Ukraine, der die Beziehungen zwischen Oberfranken und den „Schönbornfranken“ wieder aufleben ließ. Seitdem finden Begegnungsreisen und eine rege Unterstützung für die Menschen vor Ort statt.

Im Frühjahr des Jahres 2000 traten Vertreter der Katholischen Landvolkbewegung in der Erzdiözese Bamberg schließlich an den damaligen Bezirkstagspräsidenten Edgar Sitzmann heran, um ihn über ihre Verbindungen und Projekte in Transkarpatien in der Ukraine, in Kenntnis zu setzen. Verbunden mit dieser Vorstellung war die Bitte, im Bezirkstag von Oberfranken anzuregen, eine Partnerschaft mit dieser Region einzugehen.

Rathaus und Marktplatz

Rathaus und Marktplatz in Munkatsch (Mukatchevo)

Die aus der Vergangenheit stammenden verbindenden Elemente zwischen den beiden Regionen gaben den Ausschlag für den Bezirkstag von Oberfranken, eine Partnerschaft mit dem Gebietsrat von Transkarpatien einzugehen. Im September 2000 unternahm eine Delegation des Bezirkstages von Oberfranken eine erste Reise in die künftige Partnerregion mit dem Ziel, das Land und die verantwortlichen Personen kennen zu lernen. Die Situation, die sich den Mitgliedern der Delegation stellte, war ernüchternd. Trotz der zahlreichen Hilfsprojekte und Organisationen, die in der Ukraine und damit auch in Transkarpatien tätig waren, war weitere Hilfe dringend geboten. Die Krankenhäuser des Bezirks Oberfranken konnten Hilfe leisteten: Krankenbetten, Bettwäsche, Medikamente und andere medizinische Hilfsgüter wurden mit den Transporten der Johanniter-Unfallhilfe nach Transkarpatien gebracht.

Im September 2001 wurde die Partnerschaftsurkunde zwischen dem Gebietsrat von Transkarpatien und dem Bezirkstag von Oberfranken in Ungwar (Uzhgorod ) unterzeichnet. Die Gegenzeichnung wurde einen Monat später im Bezirksklinikum Obermain, Kutzenberg, vorgenommen. Ein weiterer Schritt war die Gründung eines Vereins „Partnerschaft Transkarpatien -Oberfranken“, der unter dem Vorsitz des jeweiligen Bezirkstagspräsidenten steht. Die Gründungsversammlung fand am 27.11.2003 statt.

Chor

Der Chor „Singende Herzen“ aus Munkatsch (Mukatschewo) bei seinem Besuch im Bezirk Oberfranken im Ausgust 2014

Seit Bestehen der Partnerschaft im Jahr 2001 sind auf den verschiedensten Ebenen – im medizinischen, kulturellen, landwirtschaftlichen und kirchengemeindlichen Bereich – aktive Beziehungen entstanden. Durch Hilfslieferungen an Krankenhäuser, Kinderheime, Schulen und arme Familien wurde oftmals eine akute Notlage etwas entschärft. Landwirtschaftliche Geräte halfen Kleinbauern, auf eigenen Füßen zu stehen, der Aufbau einer Schreinerei konnte ebenfalls unterstützt werden. Familienpartnerschaften, der Austausch und die Kontakte mit dem Deutschen Kulturverein in Munkatsch (Mukatcheve) oder auch die entstandenen Freundschaften zu den Menschen dort sind weitere Meilensteine in der gemeinsamen Partnerschaft.

Zur Internetseite des Bezirks Oberfranken mit weiterführenden Informationen zur Partnerschaft zwischen Transkarpatien und dem Bezirk Oberfranken gelangen Sie hier.

Zur Internetseite der Katholische Landvolkbewegung Bamberg gelangen Sie hier

Weiterführende Informationen können sie der Dissertation von Rudolf Distler „Die vergessenen „Schönbornfranken“ in der Region Mukatschewo/Ukraine – Zur Geschichte und Volkskultur einer deutschsprachigen Minderheit, die an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg abgelegt wurde, entnehmen.

 

 

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