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„Wirtschaftssanktionen und Verhandlungen“ – Ansatz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Gabriel sind einziger Weg zur Deeskalation auf der koreanischen Halbinsel!
15. September 2017
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Der damalige südkoreanische Präsident und Friedensnobelpreisträger Kim Dae-Jung bei seinem Besuch in Nordkorea im Jahr 2000. Auf Bitten von Kim Dae-Jung unterhält Deutschland, als eines von wenigen Ländern, seit 2o01 eine Botschaft in Nordkorea

Als Ergebnis zahlreicher diplomatischer Bemühungen verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der Nacht zum Dienstag (12. September) einstimmig eine Resolution, die die bisherigen Sanktionen gegenüber Nordkorea noch einmal verschärft. So werden u.a. Textilexporte, die bisher eine wichtige Devisenquelle Nordkoreas darstellten, untersagt. Ein Gasembargo wurde verhängt und Erdölimporte auf zwei Millionen Barrel pro Jahr gedeckelt. Es ist die achte Sanktionsrunde seit 2006. Zuletzt hatte der UN-Sicherheitsrat am 5. August einstimmig neue Sanktionen gegen Nordkorea beschlossen.

Die Geschlossenheit bei der Verabschiedung der Resolution des Weltsicherheitsrates unter Einbeziehung Russlands und Chinas war entscheidend, um den Druck auf das nordkoreanische Regime aufrechtzuerhalten. Sanktionen allein können die Krise um Nordkorea allerdings nicht lösen. So drohte in dieser Woche das nordkoreanische Regime nach den jüngsten UN-Sanktionen Japan mit Vernichtung durch eine Atombombe und den USA mit „Asche und Dunkelheit“. Unbeeindruckt von neuen UN-Sanktionen hat Nordkorea zudem eine weitere Rakete abgefeuert. Das Geschoss ist über Japan geflogen und anschließend rund 2000 Kilometer östlich von der japanischen Insel Hokkaido in den Pazifik gestürzt. Der UN-Sicherheitsrat wird sich noch am Freitag mit dem jüngsten Raketentest Nordkoreas befassen. Die Sitzung ist auf Wunsch der USA und Japan anberaumt worden. US-Außenminister Rex Tillerson kritisierte den jüngsten Raketentest Nordkoreas. Die fortgesetzten Provokationen führten dazu, dass sich Nordkoreas diplomatische und wirtschaftliche Isolation nur noch vertiefen werde, warnte er.

Die Bundesregierung hat nach dem jüngsten Raketentest Nordkoreas eine rasche Umsetzung der kürzlich verschärften Sanktionen gegen das kommunistische Land gefordert. China und Russland komme dabei eine besondere Rolle zu, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. Die Bundesregierung verurteile den Raketentest aufs Schärfste. Dieser sei eine Provokation und belege, dass Nordkorea eine Bedrohung für die Region sei. Das Thema werde auch eine Rolle beim Besuch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Sonntag in China spielen, kündigte Ministeriumssprecher Martin Schäfer an. China verurteilte die Raketentests Nordkoreas, die gegen die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verstoßen, sagte am Freitag Hua Chunying, Sprecherin des Pekinger Außenamtes.

Der jüngste Raketentest zeigt, wie wenig Kim Jong-un die jüngsten Sanktionen des Weltsicherheitsrates beeindrucken. Die Botschaft von Kim Jong-un an die Welt und dabei insbesondere an die USA lautet zweifelsohne, ihn endlich auf Augenhöhe zu begegnen. Bislang beharrten die USA und ihre Verbündeten Japan und Südkorea darauf, dass Nordkorea sein Nuklearprogramm einfriert, bevor Gespräche stattfinden, worauf sich Kim Jong-un aber kaum einlassen wird. Mit jeder neuen nordkoreanischen Rakete, die vielleicht doch von der berechneten Route abweicht, wächst aber die Gefahr eines Krieges, den niemand gewollt hat. Man sollte daher keine Zeit mehr verlieren mit Pjöngjang zu verhandeln.

Es zeigt sich immer mehr: Neben Sanktionen müssen neue Ansätze zur Deeskalation auf der koreanischen Halbinsel gefunden werden. Es braucht auch eine „kreative Diplomatie“, wie es der schwedische UN-Botschafter Carl Skau genannt hat. Ohne Verhandlungen, ohne Gesprächsofferten, wird diese Krise nicht entschärft werden können.

Der Ansatz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Gabriel einerseits den Druck auf Nordkorea durch Sanktionen aufrecht zu erhalten und andrerseits den Konflikt auf diplomatischem Wege zu entschärfen, ist ohne Alternative. Zurecht haben Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Gabriel auf die zurückliegende Irankrise verwiesen. Mit einem doppelten Ansatz von „Wirtschaftssanktionen und Verhandlungen“ ist es damals den Veto-Mächten im UN-Sicherheitsrat gemeinsam mit der Europäischen Union und mit ihr Deutschland gelungen, das iranische Atomprogramm zu stoppen. Diese damalige geschlossene Formation braucht man jetzt auch im Hinblick auf die Situation auf der koreanischen Halbinsel.

Wie bei den Iranverhandlungen können die Europäische Union und mit ihr Deutschland zur Lösung des Konflikts beitragen. Dies umso mehr, da wir aufgrund fehlender geopolitischer Interessen in der Region und aufgrund der eigenen Geschichte der europäischen und deutschen Teilung ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit in Nordkorea genießen.

Bundesaußenminister Gabriel warnte zurecht vor einem „neuen atomaren Wettrennen“, falls das nordkoreanische Atomwaffenprogramm nicht gestoppt werden kann. Sollte sich das Regime in Pjöngjang durchsetzen, so Bundesaußenminister Gabriel, „wird das Schule machen. Dann werden sich vielleicht auch Südkorea und Japan Atomwaffen beschaffen wollen. Andere Länder werden nachziehen, auch in Afrika, auch in unserer Nachbarschaft. So wird die Welt ein Pulverfass“. Gleichzeitig wies Bundesaußenminister Gabriel zurecht darauf hin, dass man zur Lösung der Nordkorea-Krise, vor allem zur Eindämmung der Weiterverbreitung von Atomwaffen, aber „Beide braucht: die USA und Russland“.

Auch Bundeskanzlerin Merkel hatte sich international für eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Nordkorea eingesetzt. Dies hat sie nicht zuletzt auch in zahlreichen persönlichen Telefonaten mit ihren Amtskollegen in Seoul, Paris, Tokio, Peking und Washington getan. Auch mit dem russischen Präsidenten Putin hat sich Merkel telefonisch ausgetauscht.

In allen Telefonaten der Bundeskanzlerin bestand Einvernehmen, dass der Konflikt um Nordkoreas nukleare Aufrüstung auf friedlichem Weg gelöst werden müsse. Damit es eine solche Lösung geben könne, müsse der Druck auf Nordkorea durch verschärfte Sanktionen erhöht werden, wofür die Bundesregierung eintrete, so Regierungssprecher Seibert.

Auf Bitten des damaligen südkoreanischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Kim Dae-Jung unterhält Deutschland, als eines von wenigen Ländern, seit 2o01 eine Botschaft in Nordkorea. Viele Mittlerorganisationen, die politischen Stiftungen, das Goethe-Institut und zahlreiche humanitäre NGOs aus Deutschland arbeiten dort seit über 15 Jahren. Ohne Deutschland überschätzen zu wollen, hat Deutschlands Stimme in Nordkorea doch auch Gehör und die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln, zu Verhandlungen zu ermutigen.

Es ist uneingeschränkt zu begrüßen, dass Bundeskanzlerin Merkel ihre Vermittlungsdienste angeboten hat, um etwa nach dem Vorbild des Atomabkommens mit dem Iran eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen. „Wenn unsere Beteiligung an Gesprächen gewünscht wird, werde ich sofort ja sagen“, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Bisher, so Regierungssprecher Seibert, sei ein solcher Wunsch noch nicht an die Bundesregierung herangetragen worden. Sollte sich aber eine Möglichkeit „für informelle oder gar für formelle Gespräche mit Nordkorea“ ergeben, sei Deutschland „in Abstimmung mit seinen Partnern gerne bereit, solche Gespräche zu unterstützen, nach geeigneten Wegen zu einer friedlichen Lösung zu suchen“, so Seibert.

Auch Bundesaußenminister Gabriel erklärte, dass „wir Europäer Teil einer diplomatischen Lösung sein können. „Wir haben Gesprächskanäle nach Pjöngjang“ und „es geht zuallererst um Vertrauensbildung“, so Bundesaußenminister Gabriel.

Bundesaußenminister Gabriel ist vollends zuzustimmen, dass sein US-Kollege Rex Tillerson, Kim Jong-un „ein weitreichendes und kluges Angebot“ gemacht hat. „Wenn Nordkorea auf die Entwicklung von Atomwaffen verzichtet, sind die USA bereit, Kim Garantien zu geben: keine militärische Intervention, kein ‚regime change‘, kein Sturz des Diktators“, so Gabriel. Dabei verwies er auf entsprechende Äußerungen Tillersons von Anfang August. „So klar hat das noch keine US-Regierung unterbreitet. Das ist die Richtung, in die wir gehen müssen“, so der Bundesaußenminister, dem vollends zuzustimmen ist.

Auf der Grundlage ihres jetzigen Nuklearstatus muss jetzt eine Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, dass Nordkorea in einem ersten Schritt diesen Status einfriert.
In einem zweiten Schritt sollte schließlich die Wiederaufnahme der „Sechs-Parteien-Gespräche” das Ziel sein, nicht nur um die strittige Nuklearfrage zu lösen, sondern auch um einen nachhaltigen Dialogprozess aller Beteiligten über alle Themen zu führen, die einer friedlichen Entwicklung in Nordostasien, einer allseitigen Verständigung sowie einer umfassenden Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Bildung, Wissenschaft und im humanitären Bereich dienen. Aus einem derartigen Prozess könnte sich auch eine schrittweise Annäherung der beiden koreanischen Staaten ergeben.

Wenn die „Sechs-Parteien-Gespräche“ zwischen China, den USA, Russland, Japan und den beiden koreanischen Staaten wiederaufgenommen und in der Nuklear-Frage Fortschritte erzielt werden, könnte sich daraus eine Art Nordostasien-KSZE-Prozess entwickeln, der von der Europäischen Union mit dem europäischen Erfahrungshintergrund bei der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes begleitet werden könnte. Der Deutsche Bundestag hat sich bereits 2002 in einem interfraktionellen Antrag für solch eine Art nordostasiatischen KSZE-Prozesses ausgesprochen.

Der Ansatz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Gabriel „Wirtschaftssanktionen und Verhandlungen“ zur Deeskalation der Krise sind ohne Alternative. Das Entscheidende ist, dass irgendjemand anfangen muss mit Kim Jong-un zu sprechen und Gespräche zu vermitteln. Es besteht kein Grund anzunehmen, dass es nicht gelingen kann, in Nordkorea das zu erreichen, was als Ergebnis langer und schwieriger Verhandlungen mit dem Iran erreicht worden ist. Dies umso mehr, da es bereits 1994 ein Abkommen zwischen den USA und Nordkorea gegeben hat, wo Nordkorea bereit war auf seine nuklearen Ambitionen zu verzichten.

Ungeachtet der nordkoreanischen Provokationen und nur wenige Tage nachdem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einstimmig verschärfte Sanktionen gegenüber Nordkorea verhängt hatte, teilte die Regierung in Seoul unterdessen am Donnerstag – vor dem nunmehr erfolgten erneuten nordkoreanischen Raketentest – mit, sie erwäge humanitäre Hilfe im Wert von acht Millionen Dollar für den Norden.

Die erwogene Finanzhilfe käme Programmen der Vereinten Nationen für Kinder und Schwangere in Nordkorea zugute. Die Regierung will in der kommenden Woche endgültig darüber entscheiden. Das Wiedervereinigungsministerium in Seoul erklärte, humanitäre Hilfe für die Bevölkerung in Nordkorea müsse unabhängig von politischen Erwägungen fortgeführt werden. Die vorherige konservative Regierung unter der abgesetzten Präsidenten Park Geun-hye hatte die Finanzhilfen des Südens für UN-Programme in Nordkorea nach dem vierten Atombombentest des Nordens im Januar 2016 eingestellt. Moon hatte schon kurz nach seinem Amtsantritt im Mai privaten Hilfsorganisation erlaubt, wieder Kontakt mit dem Norden aufzunehmen. Pjöngjang hat aber jegliche private Hilfsleistung aus dem Süden abgelehnt. Die Bereitschaft des Südens, den Norden humanitär finanziell zu unterstützen, belegt das zumindest in den politischen Kreisen Südkoreas verbreitete Gefühl, beide Staaten als ein Volk zu sehen.

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