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36. Evangelischer Kirchentag / Koschyk: Der Glaube gibt die Aufforderung zum Handeln
26. Mai 2017
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Diskussion zum Thema „Engagiert Demokratie gestalten“. Foto: Bundesregierung/Denzel

An diesem Donnerstag begann der 36. Evangelischen Kirchentag in Berlin und Wittenberg. Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag 2017 findet im Zeichen des Gedenkens an 500 Jahre Reformation statt – erstmals an zwei Standorten: in Berlin und Wittenberg. Der evangelische Kirchentag wird alle zwei Jahre in einer anderen Stadt veranstaltet. Mehr als 100.000 Menschen jeden Alters, unterschiedlicher Religionen und Herkunft kommen zusammen. Die Losung eines jeden Kirchentages ist der Leitgedanke, an dem sich alle Vorbereitungen und Veranstaltungen inhaltlich orientieren. Sie entstammt einem Bibelzitat und wird vom Präsidium beschlossen. Der Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg steht unter der Losung „Du siehst mich“ aus dem 1. Buch Mose, Kapitel 16, Vers 13.

Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums erhält der Evangelische Kirchentag eine ganz besondere Festlichkeit für die Gläubigen der evangelischen Kirche.

Doch auch für Nicht-Gläubige, für die Politik und für unsere heutige Demokratie hat die Reformation Martin Luthers – bei allen Schattenseiten – zentrale Grundsteine gelegt, die bis heute positiv wirken. Luther hat es gewagt, untragbare Verhältnisse in seiner damaligen Kirche anzuprangern. Er pochte auf die individuelle Gewissens- und Meinungsfreiheit jedes einzelnen Menschen auf der Basis christlichen Glaubens. Hier offenbaren sich die Vorboten einer Zivilgesellschaft auf Basis christlicher Werte, wie wir sie heute in Deutschland kennen und wie sie die CDU/CSU-Bundestagsfraktion vertritt.

Auch der Zugang zur Bildung für alle – für Jungen und Mädchen – gehörte zu Luthers Überzeugung. Mit der Übersetzung der Heiligen Schrift schuf er eine für alle deutschsprachigen Menschen lesbare und verständliche Bibel und legte den Grundstein für eine einheitliche deutsche Sprache.

Im Grundgesetz spiegelt sich bis heute das Menschenbild und der Freiheitsgedanke Luthers auf den Grundlagen des christlichen Glaubens in den Artikeln 1 bis 19 wider. Damit ist die Reformation ganz zentraler Teil der Vorgeschichte unserer modernen Demokratie.

Die Strahlkraft reicht weit über Zentraleuropa hinaus. Als die amerikanischen Gründerväter mit den Vereinigten Staaten von Amerika die erste unabhängige Demokratie im 18. Jahrhundert schufen, beriefen sie sich unter anderem auch auf die Wurzeln der Reformation. In dieser Tradition steht auch der gemeinsame Besuch des ehemaligen Präsidenten der USA, Barack Obama, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Kirchentag.

Die Aufforderung zum Handeln im Wissen, Fehler machen zu können: Für die Bundeskanzlerin ein Leitgedanke des christlichen Glaubens. Ein Schwerpunkt bei der Diskussion mit dem ehemaligen US-Präsidenten Obama war das Thema Integration.

Bundeskanzlerin Merkel würdigte das Engagement der zahlreichen haupt- und ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer in Deutschland. Sie hätten Solidarität gezeigt und diese Aufnahmebereitschaft sichtbar gemacht. „Und dafür kann man dankbar sein“, so Bundeskanzlerin Merkel. Die Flüchtlingspolitik sei für sie als Kanzlerin eines der schwierigsten Themen. Es gebe viele Flüchtlinge, die aufgenommen werden könnten. Aber eben auch einige, die Deutschland wieder verlassen müssten. Wichtig sei ihr, dass diese Flüchtlinge erst gar nicht in die Kommunen geschickt würden, wo möglicherweise Ehrenamtliche viel Arbeit investierten, die in diesen Fällen am Ende vergebens sei.

Sie sei für Klarheit und für schnellere Asylverfahren. Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis müssten zügiger in ihre Heimatländer zurückkehren, erklärt Merkel. Wichtig sei, dass keine falschen Hoffnungen geweckt würden. Und man denen helfen könne, die „wirklich unsere Hilfe brauchen, denn davon gibt es genug auf der Welt“.

Auch der ehemalige US-Präsident Obama ging in Berlin auf das Thema ein. Es gebe viel Leid in der Welt, aber man habe als Präsident oder Regierungschef auch die Verantwortung für die eigene Bevölkerung. „Natürlich haben Flüchtlinge allen Anspruch auf Schutz, aber wir haben auch begrenzte Ressourcen“, betonte Obama. Entscheidend sei, den Menschen in ihren Herkunftsländern zu helfen, sie müssten dort „mehr Chancen“ bekommen. Entwicklungshilfe, Konfliktlösung und Investitionen in den Klimaschutz seien hierbei wichtige Mittel.

Den Grundoptimismus des Kirchentags veranschaulichte die Bundeskanzlerin mit einem Beispiel aus ihrer eigenen Biografie. 1961, im Jahr des Mauerbaus war sie Schülerin, habe sie mit Eltern plötzlich nicht mehr zu ihrer Großmutter fahren können. Berlin war eine geteilte Stadt. Dennoch habe es später immer Menschen gegeben, die anderen Mut gemacht hätten, wie beispielsweise den Inhaftierten im DDR-Gefängnis in Bautzen. Außerdem seien viele jahrzehntelang verlacht worden, weil sie an die deutsche Einheit geglaubt hätten. „Sie ist aber gekommen“, so die Kanzlerin.

„Wir müssen nicht immer nur in Monaten denken, sondern auch in Jahren“. So habe sie selbst schon zu DDR-Zeiten überlegt, wie sie nach dem Eintritt ins Rentenalter endlich nach Amerika reisen könne. „Es ist früher passiert“, so Bundeskanzlerin Merkel. Ihre Botschaft: Sich auch von Widerständen oder Rückschlägen nicht aufhalten lassen, sondern versuchen, sich immer von Tag zu Tag auf seine eigenen Ziele zu besinnen und daran zu glauben.

Weiterführende Informationen zum Kirchentag finden Sie hier.

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