Bayreuth. Mit einem Festakt haben am Samstagabend die Feierlichkeiten zum 200-jährigen Bestehen der Schlosskirche in Bayreuth begonnen. Die Kirche ist mit ihrem trutzigen Acht-Eck-Turm nicht nur stadtbildprägend, sie weist auch einige Besonderheiten auf. So war das katholische Gotteshaus ursprünglich evangelisch, in seinem Innern befindet sich die letzte Ruhestätte der berühmten Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth.
Zum Grußwort von Parlamentarischen Staatssekretär Hartmut Koschyk MdB gelangen Sie hier.
Beim Festakt bezeichnete es der Kulturwissenschaftler Ernst W. Koelnsperger als einen „der überraschendsten Akte der deutschen Kirchengeschichte“, dass aus einer evangelischen eine katholische Kirche wird. „Heute würde man dies als Deal bezeichnen“, so der Referent. Nach dem Übergang des einstiges Markgrafentums Bayreuth an das liberale Königreich Bayern und nach den Wirren der Säkularisation habe es mit der Errichtung einer Garnison so viele Katholiken in der Stadt gegeben, dass der bayerische König Max I. Joseph von Bayern 1812 die katholische Kuratie von Bayreuth zur Pfarrei erhob und sein Minister Maximilian von Montgelas die Entscheidung zu Gunsten der Schlosskirche traf. Einzige Bedingung sei es gewesen, dass die darin enthaltene Grabstätte der Bayreuther Herrscherfamilie mit Wilhelmine, Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth und Tochter Friedrike unverändert gelassen wird.
Dekan Siegbert Keiling, der seit 32 Jahren an der Schlosskirche tätig ist, bezeichnete das Kirchenjubiläum unter anderem auch deshalb als denkwürdig, weil aus einem Pflänzlein von damals etwa zwölfhundert Katholiken bis zum heutigen Tag die Zahl von etwa 22000 Katholiken allein im Stadtgebiet herangewachsen sei. Damit seien die Katholiken ein wichtiger und prägender Bestandteil der Stadt, sagte Oberbürgermeister Michael Hohl. Der Parlamentarische Finanzstaatssekretär und Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk sprach von einer lebendigen Pfarrei, von der viele Impulse ausgehen. Koschyk stellte in seiner Ansprache besonders das lebendige Miteinander mit den evangelischen Mitchristen heraus, das von der gemeinsamen Entzündung des Osterfeuers bis hin zur Teilnahme evangelischer Gläubiger an der Fronleichnamsprozession reicht. Dekan Siegbert Keiling überreichte er eine Sonderausgabe einer neuen Briefmarke mit dem Bildnis der Sixtinischen Madonna von Raphael, die erst vor wenigen Tagen in Dresden vorgestellt wurde.
Auch der evangelische Dekan Hans Peetz stellte die Ökumene in den Vordergrund seiner Ausführungen. Wenn auch die Überlassung der einstigen Hofkirche vor 200 Jahren bei den evangelischen Christen sicher keine Begeisterungsstürme hervorgerufen hat, so habe sich in den zwei Jahrhunderten sehr viel verändert. Peetz sprach von einem „allgemeinen Klima der Entspannung“ und von „ökumenischem Tauwetter“, das in Bayreuth insbesondere mit der Person von Dekan Siegbert Keiling zusammenhängt. Der Geist der Einheit sehe die Unterschiede nicht als Trennung, sondern als Brücke, sagte Peetz.
Zum Kirchenjubiläum ist eine hochwertige Festschrift mit dem Titel „Dekor und Glaubenslehre“ erschienen, in der erstmals die einzigartigen Stuckdecke des Gotteshauses wissenschaftlich untersucht wird. Verfasst wurde die Publikation von Dr. Wolfgang Jahn, einem herausragenden Kenner des Rokokostucks. Er hat mit eingehenden Beschreibungen von Kompositionen und Ornamentformen und Mithilfe einer umfangreichen Bildersammlung das Werk des vom Luganer See stammenden Italieners Giovanni Battista Pedrozzi umfassend beschrieben und gedeutet. Pedrozzi galt als einer der talentiertesten Stuckateure des 18. Jahrhunderts. Die Bedeutung seines Werks reicht weit über den regionalen Bereich des Bayreuther Markgrafenhofes hinaus.
There are 2 comments
Der Turm ist doch nicht der Kirchturm, sondern der Schlossturm!
Das ist grundsätzlich richtig. Der Turm gehörte zum Schloss der Markgräfin. Jedoch wurde der Turm von der Kirchengemeinde meines Wissens nach in den 60er Jahren von der Stadt abgekauft und befindet sich seitdem in deren Besitz!